Seit einer Woche schwimmen und hoppeln „Sea Bunnies“ durchs Netz.
Weiße Wuschel-Viecher mit schwarzen antennenartigen „Schlappohren“.
Das Sea Bunny ist natürlich kein Mümmelmann, sondern eine Nacktschnecke.
Meeresnacktschnecken sind recht exotische Gestalten, sie bewegen sich anmutig in Zeitlupe und sind oft so psychedelisch gefärbt, dass man seinen Augen kaum trauen mag. Schon lange wollte ich etwas über die schrägen Schnecken schreiben – jetzt ist der ideale Zeitpunkt dafür!
Darum gibt es heute 11 wissenswerte Punkte über Sea Bunnies.
Und noch einen Nachschlag mit Meerwert für Besserwisser.
1. Sea bunnies sind Nacktschnecken (Nudibranchia). Sie leben im Meer und bilden keine Schale aus, dafür sind sie oft psychedelisch gefärbt. Die kleinen Schnecken schwimmen frei im Meer – ohne Schale sind sie sehr biegsam und ondulieren beim Schwimmen dabei wie der gerüschte Rocksaum einer Flamencotänzerin.
Eine größere, rote Nacktschnecke heißt darum tatsächlich „Spanische Tänzerin“.
2. Sea Bunny heisst eigentlich Jorunna parva.
Der japanische Malakologe (Molluskenexperte) Kikutaro Baba (1905 – 2001) hat diese kleine Schnecke 1934 wissenschaftlich beschrieben und benannt. Baba war einer der führenden Schneckenforscher in Japan: Er hat insgesamt 116 Arten beschrieben, 14 Arten und Gattungen sind nach ihm benannt worden.
3. Die Sea Bunnies leben im Indopazifik vor Japan, Papua-Neuguinea, den Philippinen, den Seychellen und Tansania. Aus Japan kommt auch die derzeitige Begeisterung über „kuschelige“ kleine Knuffelviecher.
5. Jorunna ist meistens gelblich, manchmal bräunlich gefärbt, vor allem vor Japan leben weiße “Häschen”. Manche haben auch noch elegante schwarze Punkte – das ist dann der “Hermelin-Stil”. Ob diese unterschiedlich gefärbten Tiere alle Jorunna parva sind, oder Unterarten oder gar unterschiedliche Arten repräsentieren, wird unter Nudibranchia-Experten zurzeit noch diskutiert. Z. B. im Sea Slug Forum.
6. Das Kopfende mit den Fühlern strecken sie oft hoch, dadurch entsteht bei menschlichen Beobachtern der Eindruck, dass sie mit nach vorn gereckten „Ohren“ aufmerksam „zuhören“.
Tun sie aber nicht.
Die Fühler sind nämlich Chemorezeptoren – sie riechen also eher zu. Diese sogenannten Rhinophoren helfen der Schnecke, ihren Weg zum Futter zu finden.
7. Bunny ist auch von hinten ein Star: Am Hinterteil sitzt ein sternförmiger Aufsatz, die Kiemen.
Nudibranchia bedeutet „Nacktkiemer”. Bei diesen Schnecken ist die Mantelhöhle mit den Kiemen zurück gebildet, dafür atmet die Schnecke über sekundäre Kiemen am Fußende. Diese Kiemen sind in Büscheln angeordnet, manche Kiemenbüschel sind sternförmig.
8. Wie kommt es jetzt zu dem Pelz-Imitat der Sea Bunnies?
Der englische Name sea slug deutet allein schon phonetisch an, dass Meeresschnecken keinesfalls wuschelig, sondern vielmehr schmierig-schleimig sind. Jorunna und viele andere Nacktschnecken (der Gattung Doridae) tragen einen Pseudopelz aus feinen Fortsätzen des Mantels. Diese feinen Strukturen (Caryophillidae) sind sensorische Fortsätze.
9. Sea Bunnies sind Hermaphroditen. Wie so viele andere Schnecken.
10. Jorunna parva ist, wie viele ihrer Verwandten auch, ein absoluter Nahrungsspezialist: Sie nascht ausgewählte Meeresschwämme.
Durch ihre Spezialisierung auf dieses Futter ist sie absolut nicht für die Haltung im Heim-Aquarium geeignet, sagt das Meerwasser-Lexikon.
Hoffen wir, dass die kleinen weißen Nudis nicht ihrem Sweet-Appeal zum Opfer fallen und in ungeeigneten Aquarien ohne ihre benötigte Schwamm-Nahrung ihre letzten Atemzüge tun.
11. Der korrekte Begriff für eine im Meer lebende Schnecke ist im Deutschen „MEERESSCHNECKE“. Nicht „Seeschnecke“, was eine direkte und falsche Übersetzung des englischen seashells ist. Und bei Muscheln heißt es dementsprechend Meeresmuschel. Nicht Seemuschel. Mehr zu diesen Begriffen ist hier zu finden: meertext: Seeschnecken gibt es nicht!
Zum Weiterlesen:
meertext: Wie schnell rennt eine Schnecke?
Echte Seehasen
In europäischen Gewässern gibt es übrigens auch Seehasen – gleich zwei verschiedene Tiere beanspruchen diesen Namen für sich. Eine Schnecke und ein Fisch.
Der Fisch-Seehase Cyclopterus lumpus ist ein etwas unförmig erscheinendes, gnubbeliges Tier und meistens braun gefärbt. Zur Balzzeit aber bekommt das Männchen eine ziegelrote Bauchseite, das Weibchen wird himmelblau.
Die Bauchflossen des Seehasen sind zu einem Saugnapf umgeformt, damit saugt er sich am Untergrund fest und kann dann auch im Gezeitenbereich starker Wasserbewegung widerstehen.
Der Fisch selbst ist den meisten Menschen nicht bekannt, wohl aber seine Eier. Die werden nämlich als Kaviarersatz oder „Deutscher Kaviar“ gehandelt.
Der Schnecken-Seehase kommt in mehreren Arten vor, im Nordatlantik lebt der Gemeine Seehase (Aplysia punctata). Auch hier werden die Tentakel als „Löffel“ gedeutet und geben den Hasennamen.
Seehasen sind Hermaphroditen und ernähren sich vor allem von Rotalgen. Für eine Schnecke werden sie ungewöhnlich groß: Bis zu 20 Zentimeter!
Aphlysia ist keine Nacktschnecke, sondern hat im Hinterteil eine stark reduzierte Schale.
Rupert Bunny and the Mermaids
Es gibt noch eine weitere Bunny-Meeres-Idylle – in diesem Fall ist „Bunny“ der Name des Malers: „Sea idyll (um 1891).
Das 100 * 161 cm große Gemälde gehört zum Bestand der National Gallery in Victoria (Australien), ist zurzeit allerdings nicht ausgestellt.
Rupert Bunny (1864 – 1947) lebte und arbeitete in Australien und zwischen 1884-1933 in England und Frankreich. Er hat eine ganze Reihe solcher phantastischen Meeresmenschen am Strand gemalt, stilistisch pendelt er irgendwo zwischen Prä-Raffaeliten und Impressionisten. Beim Genre bleibt er allerdings fast durchweg bei anmutigen jungen Frauengestalten, selten mehr, häufiger weniger bekleidet, tanzend und sich in den Brandung wälzend.
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