Der Hasenkopf-Kugelfisch Lagocephalus scleratus (GMELIN, 1789) sieht mit seinen hervorstehenden Augen und den nach vorn vorstehenden, hasenartig wirkenden Zähnen irgendwie knuffig aus.
Trotzdem gerät er gerade in die Schlagzeilen, weil er angeblich äußerst gefährlich ist.
Welche wissenschaftlichen Fakten stehen hinter den Horrormeldungen aus dem Mittelmeer?
Die Familie der Kugelfische (Tetraodontidae Bonaparte, 1832) besteht aus fast 190 Arten. Ihre Größe liegt zwischen 2 Zentimetern beim Erbsenkugelfisch (Carinotetraodon travancoricus) bis zu 120 Zentimetern beim Riesenkugelfisch (Arothron stellatus).
Kugelfische leben weltweit in tropischen und subtropischen Meeren, oft über Korallenriffen oder Seegraswiesen. Ihr Hauptantrieb ist nicht, wie bei fast allen anderen Fischen, die Schwanzflosse, stattdessen propellern sie mit den Brustflossen für den Vortrieb. Nicht sehr schnell, aber extrem wendig.
Ihren wissenschaftlichen Name verdanken die Fische ihrem hoch spezialisierten Gebiß: Tetraodontidae bedeutet „Vierzähner“. Kugelfische haben vier Zähne, die im Ober- und Unterkiefer zu einer Kauleiste verwachsen und mechanisch extrem belastbar sind. Mit diesen Zähnen knacken sie Schnecken, Muscheln und können auch Steinkorallen anknabbern.
Die Schuppen sind zu Stacheln umgebildet und liegen normalerweise eng am Körper an. Bei Gefahr bläst der Fisch sich zu einer Kugel auf. Dazu schluckt er viel Wasser in den dehnbaren Magen – und dann wird der ganze Fisch eine runde Sache. Die Stacheln stehen dann dornartig vom Körper ab. Das bringt hungrige Beutegreifer dazu, um diese Stachelkugel lieber einen Bogen zu schwimmen. Sie würde den Räubern im Maul steckenbleiben und sie schwer verletzen oder gar töten.
Tetrodotoxin TTX – ein hoch potentes Nervengift
Kugelfische haben noch eine zweite starke Abwehr: Tetrodotoxin (TTX) – ein starkes Nervengift, das nach ihnen benannt ist:
Die Wirkung dieses Giftest beschreibt der Toxikologe, Dietrich Mebs folgendermaßen: Die Lähmung befalle das äußere Nervensystem, gehe also nicht vom Gehirn aus. „Das heißt: Ich kriege das bei vollem Bewusstsein mit.” Zuerst verschwindet das Gefühl unter anderem in den Fingerspitzen. Dann greift die Lähmung um sich. Sobald sie die Atemmuskulatur erreicht, besteht akute Lebensgefahr. Einzige Rettung: künstliche Beatmung.” (Web.de, Stand 15.08.2015.)
Dieter Mebs ist Experte für Fischgifte und hat das Buch “Gifte im Riff” geschrieben.:
„Wenn Atmung und Kreislauf schnell genug durch Notfallmaßnahmen in Gang gehalten werden, klingt die Giftwirkung innerhalb etwa 24 Stunden ab und die Opfer erleiden keinen bleibenden Schaden.“ ergänzt Wikipedia noch.
Das Gift ist in den inneren Organen des Fisches und der Haut enthalten, nicht jedoch im Muskelfleisch. Bei der Zubereitung ist äußerste Vorsicht angeraten, Japanische Fugu-Köche erhalten dafür eine spezielle Ausbildung. Trotzdem fordern Kugelfisch-Mahlzeiten jedes Jahr Todesopfer, vor allem in Südostasien.
In sehr geringer Konzentration soll TTX bei Menschen einen Rausch auslösen. Dieser Rausch ist allerdings ein kulinarisches Russisches Roulette, denn die Schwelle zur tödlichen Dosis ist sehr niedrig.
Bei Delphinen hingegen scheint es in gewissen Kreisen, vor allem bei jungen Männchen, eine Frage des Life-Style zu sein, an Kugelfischen zu lecken und sich damit einen Rausch zuzulegen (Delphin-Verhaltensforschung: Halbstarke Delphine im Kugelfisch-Drogenrausch).
Kugelfische im Mittelmeer
Durch den Suezkanal sind schon immer tropische und subtropische Faunenelemente in das Mittelmeer eingewandert. Vor allem im östlichen Mittelmeer sind bereits viele Neozoen (eingewanderte Tiere) aus dem indischen Ozean heimisch geworden. Viele von ihnen fallen den meisten Menschen nicht auf und sind auch keine Bedrohung. Der Hasenkopf-Kugelfisch ist jetzt allerdings möglicherweise ein problematischer Zuwanderer.
Das Fachbuch “Biodiversity Enrichment in a Diverse World” (edt. Gbolagade Akeem Lameed, ISBN 978-953-51-0718-7, Published: August 29, 2012 under CC BY 3.0 license. © The Author(s).) hat den inasiven Fischarten im Mittelmeer ein eigenes Kapitel gewidmet: “The Ongoing Shift of Mediterranean Coastal Fish Assemblages and the Spread of Non-Indigenous Species” von Stefanos Kalogirou, Ernesto Azzurro and Michel Bariche (DOI: 10.5772/50845 – open access). Daraus stammt auch das Photo links.
Bedeutet dieser Fisch eine akute Gefahr für Urlauber im Mittelmeer?
Vorwurf 1.: Seine starken Zähne können Metall, Finger und anderes durchbeißen.
Natürlich kann er mit seinen kräftigen Zähnen theoretische einen Finder oder Zeh abbeißen.
Aber dafür müsste man ihm erst mal den Finger oder Zeh in das sehr kleine Maul stecken.
Außerdem lebt er in 10 bis 100 Meter Tiefe. Da kommt normalerweise kaum ein Urlauber hin.
Der Fisch greift von sich aus keine Menschen an.
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