Seit 2009 hat SEASWAP an Gegenmaßnahmen gearbeitet. Die wichtigsten sind:
- Akustische Störgeräusche zur Verschleierung der Geräuschkulisse beim Netzeinholen.
- Eine zeitliche oder räumliche Veränderung der Methode, um die Wale auszumanövrieren.
2014/15 stellt SEASWAP fest, dass schon 120 Pottwalbullen von schätzungsweise 235 diese Technik perfekt beherrschen. Interessant ist auch, dass bis zu 10 Pottwale sich gleichzeitig um die Fischerboote scharen, da Pottwalbullen sonst eher allein jagen. Es scheint also ein soziales Happening zu sein (Persönliche Anmerkung: Wir hatten in Nordnorwegen immer den Eindruck, dass die Pottwal im Gebiet koordiniert jagen, da sie im großen Umkreis unseres Schiffes gleichzeitig ab- und aufgetaucht sind. Darum wundert mich dieses koordinierte Fressen nicht sehr. Auch wenn die Gruppe der Männchen über ein großes Gebiet locker verteilt ist, dass sie trotzdem in Verbindung stehen).
10 Wale – die Bad Boys
10 Individuen scheinen sich auf diese Fangtechnik spezialisiert zu haben.
(Schade, dass es nicht 12 sind, dann hätte man ein dirty dozen).
4 dieser „Übeltäter“ sind jetzt schon markiert. Die Fischer können auf einer Website nachschauen, wo sich diese Tiere herumtreiben und dann versuchen, ihnen aus dem Weg zu gehen und einen größeren Teil ihres Fangs für sich behalten.
Sicherlich die eleganteste und aussichtsreichste Methode der Pottwal-Vermeidung.
Sind diese Wale jetzt BÖSE, weil sie Fisch stehlen?
Stehlen sie denn?
Natürlich nicht, sie haben dort wesentlich ältere Rechte als die zweibeinigen Fischer.
Der Bericht der „Welt“ scheint auf diesem BBC-Beitrag vom Februar 2015 zu basieren, der zweifellos sehr gut ist:
Alaska: Earth’s Frozen Kingdom at 20:00 GMT Wednesday 4th February, BBC Two.
Der „Welt“-Beitrag reitet für meinen Geschmack dann aber zu sehr auf dem Gangsta-Ding herum.
Das ist irgendwie ganz lustig, trifft aber den Sachverhalt nicht, denn die Pottwale waren zuerst da. Und der Black Cod (Kohlenfisch) war in diesem Gebiet auch vorher schon der Hauptteil ihrer Nahrung. Pottwale jagen zwar meistens Kalmare aller Größen in großen Wassertiefen, je nach Angebot nehmen sie aber auch gern anderes Seafood.
Das geheime (Liebes-)Leben der Pottwale
Pottwale leben keinesfalls wie Orcas in matrilienaren Gruppen. D. h., ein Weibchen – die Matriarchin – ist die Mutter ihrer Gruppe, alle Mitglieder sind ihre Töchter, Söhne und Enkel. Pottwalweibchen leben in Gruppen in warmen Gewässern nahe des Äquators, genetische Untersuchungen zeigen, dass die Weibchen nicht so eng wie die Orcas miteinander verwandt sind. Dennoch haben sie alle den gleichen Dialekt und gemeinsame Verhaltensweisen – neu hinzukommende Tiere müssen dies lernen (Hal Whitehead: Sperm Whales – Social Evolution in the Ocean). Die weiblichen Nachkommen verlassen offenbar irgendwann ihre Gruppe und suchen sich eine neue, wann, warum und wie ist noch nicht bekannt.
Die Pottwalbullen verlassen bei Einbruch der Pubertät ihre Gruppe und ziehen mit anderen Bachelors in Richtung Pol. Dort bilden sie lockere Gruppen in einem großen Areal. Wie bereits angemerkt, stehen auch diese Tiere irgendwie miteinander in Kontakt, das ist aber bisher noch wenig erforscht.
Einzelne Männchen schwimmen dann im Winter in Richtung Äquator, um eine Gruppe Weibchen eine Zeit lang zu begleiten. Bis vor etwa 20 Jahren hatten sich dafür Begriffe wie „Harem“ und „Haremsmeister“ etabliert. Allerdings irrtümlich. Die Weibchen entscheiden sich sehr wohl selbst, mit wem sie anbändeln, allerdings muss er schon ein ganzer Kerl sein. Bullen unter 30 Jahren werden, wie bei Elefanten, als Sexualpartner nicht akzeptiert.
Hal Whitehead hat bisher vor allem die Weibchen-Gruppen erforscht und in den letzten ca 15 Jahren dazu spektakuläre Forschungsergebnisse veröffentlicht. Pottwale „singen“ nämlich nicht, wie die meisten anderen Walarten, sondern produzieren nur Clicks, die lange Zeit „nur“ für Ortungsgeräusche gehalten wurden. Whitehead hat herausgefunden, dass ein Teil dieser sehr komplexen Click-Reihen zur Kommunikation genutzt wird und die einzelnen Gruppen spezifische Coda klicken. Sie haben also, wie andere Walarten auch, gruppeneigene Dialekte.
Da die neuen Mitglieder einer Gruppe den Gruppendialekt und andere Verhaltensweise neu erlernen müssen, spricht Whitehead von einer Kultur.
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