An australischen und anderen Küsten, an denen sich viele Menschen im und am Meer tummeln, sind regelmäßig Strände gesperrt, außerdem sind an den Stränden Erste-Hilfe-Sets vorrätig. Denn nach der Begegnung mit einer Seewespe wie Chironex geht es um Sekunden! Innerhalb der ersten 10 Minuten nach dem multiplen Stich kann es schon zu Herz-Kreislauf-Versagen oder Atemstillstand kommen, nach mehreren Stunden treten schwere Gewebsverletzungen auf, die schlecht heilen. Die Tentakel mit den Gift absondernden Nesselzellen bleiben auf der Haut haften, und geben stetig weiter Gift ab. Sie ätzen sich durch alle Hautschichten durch.
Das Gift perforiert die Oberfläche Roter Blutkörperchen. Durch die „leckenden“ Erythrozyten geraten große Mengen Kalium ins Blut: “Wir haben herausgefunden, dass die zuvor unbeachtete Hämolyse eine Lawine an Reaktionen in den Zellen auslöst. Das beinhaltet eine fast augenblickliche, massive Freigabe von Kalium, die zu Herzversagen und Tod führen kann.” erklärt die Biochemikerin und Giftexpertin Angel Yanahigara der Universität Hawaii. Sie hatte nach einer schmerzhaften Begegnung mit Chironex die Wirkung des Giftes untersucht und ein Gegenmittel entwickelt: Zinkgluconat, ein Salz der Zinksäure. Zink stoppt den Kaliumaustritt aus den Zellen und würde so dem Herzversagen entgegenwirken. Yanahigara hat erste Patente angemeldet und hofft nun, dass ihr im Mausversuch erfolgreiches Gegenmittel bald für Menschen zur Verfügung steht.
Die vielfach empfohlene Erste Hilfe durch Essig oder Urin macht die Nesselzellen zwar auch unschädlich, sorgt aber auch dafür, dass aus den bereits abgefeuerten Nesselzellen das restliche Gift schnell ausgeschwemmt wird und die Giftmenge in der Wunde erhöht. Darauf sollte man also lieber verzichten.

Chironex fleckeri ist übrigens erst 1955 wissenschaftlich beschrieben worden – von dem Toxikologen Hugo Flecker. „Chironex“ heisst „mordende Hand“ (`cheiro’: Hand (griech.);  `nex’ : Mörder (lat.)).

Zum Weiterlesen:

Thomas Heeger: „Quallen – Gefährliche Schönheiten“ (1998) mit phantastischen Abbildungen
(Vorsicht! Sportlicher Preis!)

Erich Haeckel: „Kunstformen der Natur“ (1899 – 1904) – der Klassiker unter den Bildbänden
https://biolib.mpipz.mpg.de/haeckel/kunstformen/natur.html

Matthias Bergbauer, Manuela Kirschner, Robert Myers: „Das Kosmos Handbuch Gefährliche Meerestiere: Erkennen, Behandeln, Notfallmanagement“ (2008)

 

 

 

 

1 / 2

Kommentare (7)

  1. #1 rolak
    1. November 2015

    Die Wissenschaftler kommentieren…

    ooops, immer diese Kleinigkeiten zwischen Zurückkommen und Weitermachen *klick* nochmal mit Ton.

    Das gallertige, rote Wasserwesen..

    ..erinnert anfangs des Clips an eine schicke, effiziente Tiefraumsonde beim verzweifelten Versuch, den Landeanflug noch zu retten.

    Etwas mehr Bilder zu den Nesselzellen gibts übrigens im wiki.

  2. #2 Dampier
    1. November 2015

    Quallen sind so spacig! Das Exemplar im Film scheint eine Tentakelfraktur zu haben. Der eine Arm hat einen Knick und so nen kleinen Dornfortsatz an der Stelle. Ob das von einer Verletzung stammt?

    Danke für den Haeckel-Link! Ich hab vor Jahren mal Wikimedia Commons abgegrast, da sind auch viele Bögen in ähnlich hoher Auflösung, aber die von Herrn Stüber sind ja noch viel schärfer und besser gescannt. Da muss ich wohl bald mal eine Download- und Sortiersession machen. Perfekt für einen Sonntagabend im Herbst.

  3. #3 Bettina Wurche
    1. November 2015

    @Dampier: Ob Verletzung oder Gendefekt möchte ich nicht entscheiden, aber es ist auf jeden Fall ungewöhnlich. Scheint aber kein schwerwiegender Defekt zu sein, schwimmen und fressen klappt trotzdem.

  4. #4 BreitSide
    Beim Deich
    1. November 2015

    Die rote Würfelqualle sieht für mich so ähnlich aus wie eine Spinne.

    Wirklich eigenartig, warum sie ihre Tentakeln erst – wie mit dickeren Armen und Muskeln – nach oben schiebt und erst dann nach unten hängen lässt. Vielleicht schafft sie so, mit kürzeren Tentakeln eine größere Fläche abzudecken.

    Die Tentakeln sehen für mich auch sehr steif oder stabil aus im Vergleich zu den Üblichen.

    Hab vor ein paar Wochen (auf ZDFinfo?) eine australische Doku gesehen, bei der die eine Forscherin gleich gestochen wurde. Mit gravierenden Folgen.

  5. #5 Bettina Wurche
    1. November 2015

    @BreitSide: Bei Cubozoen gibt es diese reduzierte Anzahl dickerer Tentakel in jeder Schirmecke. Sie sehen wirklich anders aus als die von Schirmquallen (Scyphoza). Über ihre weitere Struktur habe ich nichts gefunden, Quallenanatomie ist nicht sooo ein wissenschaftlicher Brennpunkt.
    Der Tentakelbau dieser Qualle wird seinen Sinn haben, dazu kann ich aber auch nichts weiter sagen.
    Auf jeden Fall hat eine Gruppe von Würfelquallen ein Pedalium (lappenartiger Tentakelansatz) mit einem Tentakel, die anderen haben mehrere Tentakel pro Pedalium.
    https://www.ucmp.berkeley.edu/cnidaria/cubozoamm.html

  6. #6 Bettina Wurche
    1. November 2015

    @rolak: Der Kommentar ist ziemlich spannend, fand ich auch. Und es gibt natürlich längst Quallenroboter:
    https://www.nature.com/news/robot-jellyfish-takes-to-the-air-1.14528
    Mal sehen, was daraus noch so gebaut wird. Im Wasser fliegt das Modell Meduse jedenfalls seit ungefähr 600 Mio Jahrne sehr erfolgreich.

  7. #7 BreitSide
    Beim Deich
    1. November 2015

    Pedalium, das hört sich spannend an 🙂

    600 Millionen Jahre, und heute scheint es ihnen besser zu gehen als je zuvor. Durch die Überfischung der Meere scheinen sich die Quallen besonders gut zu vermehren.