Am 21.04 gab es die erste Riesenhai-Sichtung des Jahres in Schottischen Gewässern! Diesmal vor den Äußeren Hebriden, die für Beobachtung von allerlei Meeresgetier perfekt gelegen sind. Ein windumtoster Vorposten der Landmasse Europa im Nord-Atlantik.
Vor Cornwall waren die großen Fische schon in der ersten Aprilwoche aufgetaucht, einen Monat früher als in anderen Jahren. Kein Wunder nach diesem warmen Winter.
Riesenhaie (Cetorhinus maximus) schwimmen von Frühling bis Herbst vor den Küsten der Britischen Inseln von Cornwall bis zu den Hebriden, und dann weiter vor dem europäischen Kontinentalsockel bis nach Nord-Norwegen. Verschiedene Shark-watching-Organisationen bieten Ausfahrten an, die großen Fische sind eine ähnliche Attraktion wie Wale. Der Shark Trust sammelt Meldungen über Sichtungen, Strandungen oder Verletzungen durch Fischernetze oder durch Kollisionen, von Wissenschaftlern und anderen Riesenhai-Begeisterten.
Riesenhaie sind, nach den Walhaien, die zweitgrößten Fische der Welt. Beide größten Fische unserer Ozeane reißen zwar das Maul weit auf, aber nur, um sehr kleine Meerestiere zu fischen. Stattdessen schwimmt der Riesenhai mit aufgerissenem Maul durchs Wasser, das Wasser strömt dann durch die Kiemen und wird dort durch ein dichtes Sieb aus Kiemenreusendornen gefiltert. Kleine Fische, Fischeier und anderes Zooplankton wie Ruderfußkrebse und Flügelschnecken verfangen sich in den Reusendornen.
Ihr langsames Schwimmen an der Oberfläche ist in früheren Zeiten als „Sonnenbaden“ fehl interpretiert worden, so heißen die bis zu 10 Meter langen Knorpelfische im englischen Sprachraum bis heute „Basking shark“ – sonnenbadender Hai.
Sie kommen in den borealen und gemäßigten Gewässern des Atlantiks und Pazifiks vor.
Im Sommer schwimmen die Riesenhaie im Oberflächenwasser, so dass man sie etwa vor der europäischen Küste gut beobachten kann. Im Herbst verschwinden sie dann in bis 900 Meter tiefe Meeresschichten und fressen Tiefsee-Plankton.
Riesenhaie gehören zu den wenigen Haien, die in größeren Gruppen gemeinsam unterwegs sein können, bis zu 100 Tiere finden sich dann zusammen. Manchmal schwimmen sie nach Weibchen und Männchen getrennt, männliche Haie sind an ihren Klaspern leicht zu erkennen.
In den Gewässern um die Britischen Inseln findet im Mai die Paarung statt, Biologen hatten mehrfach die dafür typischen, frischen Verletzungen beobachtet. Die großen Hochseehaie sind ovovivipar – die Jungtiere schlüpfen noch im Mutterleib aus den Eiern. Der Fang eines trächtigen Hai-Weibchens vor Norwegen zeigte, dass Mama Hai sechs Jungtiere hatte, die zwischen 1,5 und 2 Metern lang waren. Junge Riesenhaie werden allerdings fast nie gesichtet, darum ist so gut wie nichts über sie bekannt.
Großer Fisch im Pottwal-Revier
Vor Nord-Norwegen hatte ich einige Begegnungen mit den imposanten Fischen vor Andoya kamen sie bis in die Fjorde hinein, und durchsiebten nicht weit vom Ufer das kalte Atlantikwasser nach Plankton.
Ihre seitliche Bewegung der vertikal gestellten großen Schwanzflosse ist ein typisches Fisch-Schwimmen – das macht sie unverwechselbar mit ähnlich großen Walen, die immer eine dorso-ventrale Bewegungsrichtung haben, sie „buckeln“ und schlagen mit der horizontal liegenden Fluke. Neben der hoch aufragenden Spitze der halbmondförmigen Schwanzflosse ist natürlich das gewaltige, aber sehr dünne Dreieck der Rückenflosse zu sehen, ganz vorn ragt meistens noch die Spitze des aufgerissenen Oberkiefers über die Wasseroberfläche. Diese Silhouette ist einfach unverwechselbar. Die Kiemen sind deutlich zu sehen, das Maul ist stark unterständig, die Schnauzenspitze lang ausgezogen. Seine Haut ist grau-braun-schwärzlich, die Unterseite ist heller. Die Flanken können Streifen und Punkte tragen.
Über die Biologie dieses Meeresriesen ist immer noch nicht sehr viel bekannt.
Durch langfristige Photo-ID-Projekte und erste Tagging-Projekte erfahren Biologen allmählich mehr über ihr Leben: Die riesigen Fische sind offenbar recht ortstreu, jedenfalls kehren viele von ihnen über mehrere Jahre hinweg in die gleichen Meeresgebiete zurück. Auch im Sommer unternehmen sie regelmäßig Ausflüge in bis zu 1000 Meter tiefe Wasserschichten. Tagsüber halten sie sich häufiger und länger nahe der Oberfläche auf als nachts. Die Irische und Keltische See sind wichtige Migrationsrouten zwischen den Hebriden und Südwest-England.
Auch Tobey Curtis et al haben einige der Meeresgiganten mit Tags (Sendern) versehen und verfolgen ihre Wege und Tauchtiefen im westlichen Nord-Atlantik per Satellit, die Biotelemetriedaten erzählen die Lebensgeschichte der Haie auf der anderen Seite des Atlantiks.
Übrigens: Riesenhaie sind lange kommerziell befischt worden, auch in Europa, etwa vor England, Schottland und Norwegen.
Haie haben als Auftriebsorgan eine große Leber, die des Riesenhais soll ein Viertel seines Körpergewichts erreichen.
Aus den Lebern wurde Lampenöl und Lebertran produziert, auch das Fleisch und die Flossen wurden verarbeitet. Da Riesenhaie sich nur langsam fortpflanzen, ist die Spezies gegenüber der Ausbeutung sehr empfindlich.
Heute stehen die Riesenhaie Europas auf der IUCN-Liste („Rote Liste“) als „gefährdet“ (“vulnerable”). Leider landen sie oft als Beifang dennoch in den Netzen. Nur in Neuseeland darf solcher Beifang „Bycatch“ dann auch legal gehandelt werden.
Lebertran wird heute meist aus Dorschlebern gewonnen, Möllers Tran mit Zitronengeschmack findet sich auch heute noch in jedem gut sortierten norwegischen Haushalt.
Riesenhaie vor Mainz
Auch in der Gegend um Mainz lebten früher Riesenhaie.
Damals, als dort am Sandstrand Palmen wuchsen und Seekühe in der warmen Nordsee grasten. Im Tertiär – im Miozän und im Oligozän – befand sich dort ein Arm der Ur-Nordsee mit recht warmem Wasser, die heutigen Sand-Ablagerungen des Mainzer Beckens sind die Relikte des Meeresbodens und voller Meeresfossilien. In den Sandgruben und auf einigen Weinbergen sind heute noch viele Muscheln und Schnecken, deren nahe Verwandte heute im Mittelmeer leben, riesige Austern, Zähne von verschiedenen Haiarten und Seekuh-Knochen zu finden (Anmerkung: Der Zutritt in Sandgruben ist nicht erlaubt, sie sind aktive Betriebe und wegen der Hangrutschungen potentiell gefährlich. Auf bepflanzten Weinbergen verbietet sich das Herumrennen und Fossiliensuchen ohnehin von selbst, eine Beschädigung der Pflanzen wäre inakzeptabel Allerdings findet man an einigen wegen manchmal brüchige Schnecken). Seltene Fundstücke des Mainzer Beckens sind fossile Kiemenreusendornen von Riesenhaien. Fossilien des Mainzer Beckens sind übrigens im Museum in Alzey und im Paläontologischen Museum Nierstein zu bewundern.
Kryptozoologie
Die großen Haie sind ein fester Bestandteil der marinen Kryptozoologie.
Wenn sie als Gruppe dicht hintereinander schwimmen, können sie überzeugend Seeschlangen mit vielen Rückenflossen imitieren. Bei gestrandeten Exemplaren lösen sich die Kiemen, der Unterkiefer und der untere Teil der Schwanzflosse relativ schnell vom Körper, so dass der übrig gebliebene Rest wieder wie eine Schlange aussieht. So wie das Zuiyo-Monster und die Stronsay-Bestie.
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