Der Baron George Cuvier – der nach Frankreich ausgewanderte Deutsche Georg Küfer hatte seinen Namen eingefranzösischt und war schließlich Baron geworden – hatte bereits bestätigt, dass es sich um die Überreste von ausgestorbenen Organismen handeln müsse. Die Funde von ausgestorbenen Meerestieren an der südenglischen Küste wurden zunächst im Kontext mit der Sintflut und somit bibelkonform gedeutet. Doch bald gingen die Diskussionen weiter. Das aufstrebende Bürgertum und die Wissenschaft konnten sich zunehmend stärker von der Macht der Kirche emanzipieren, dass Diskussionen erlaubt waren, dass die Erde früher vielleicht anders ausgesehen haben könne und früher andere Tiere und Pflanzen lebten. Richard Owen fand den Namen „Dinosaurier“ und das Dino-Fieber griff weiter um sich, Owen sollte später das Natural History Museum in London begründen. Einer der spektakulärsten Funde in Europa war eine ganze Herde von 30 versteinerten Iguanodons 1878 in der belgischen Kohlemine Bernissart.
Anläßlich der Weltausstellung 1851 in London schmückten Dino-Rekonstruktionen den Crystal Palace, ein spektakulär großes Gewächshaus aus Glas und Stahl. In einem überdimensionierten Iguanodon, der damals noch vierfüßig und mit dem Daumen als Horn auf der Nase rekonstruiert, fand 1853 das berühmte Bankett der Wissenschaftler Owen, Buckland, Cuvier, Mantell und anderer zum Neujahrstag statt.
Selbstverständlich unter Ausschluss von Frauen. Da half es Mary Annings, Elizabeth Philpott und Mary-Ann Mantell wenig, dass sie wesentliche Fossilfunde gemacht hatten und versierte Expertinnen waren, sie kamen im Wissenschaftsbetrieb nicht vor und waren zu den Gelehrtenzirkeln überhaupt nicht zugelassen.
Kurz nach der Jahrhundertwende kam das Dinosaurier-Thema in der phantastischen Literatur an:
1912 schrieb Arthur Conan Doyle „Die vergessene Welt“ (The Lost World), Edgar Ryce Burroughs folgt 1918 mit der Caprona-Trilogie (The Land That Time Forgot (dt. Das vergessene Land), The People That Time Forgot (dt. Im vergessenen Land), Out of Time’s Abyss (dt. Flucht aus dem vergessenen Land) ).
Beides waren Zeitkapsel-Szenarien: Doyle ließ seine Helden ein geheimnisvolles südamerikanisches Plateau im Dschungel mit Urtieren erkunden. Burroughs schickte seine Protagonisten ans Ende der Welt: In der Antarktis war auf einer Insel unter dem Eis ein urzeitlicher Dschungel erhalten geblieben. Beide Geschichten gaben phantastische Filme ab.
Wieweit die phantastischen Helden ihren Paläontologie-Kollegen entsprachen und welche Inspirationen genau die Basis waren, ist heute nicht überliefert. Aber seit der Weltausstellung in London und dem Dino-Dinner waren Dino-Forscher Personen des öffentlichen Lebens.
An dieser Stelle möchte ich das Repertoire für phantastische Helden von den Paläontologen um die Archäologen erweitern. Beide Disziplinen werden von Laien oft verwechselt, schließlich haben beide etwas mit Ausgrabungen zu tun. Aber: Die Paläontologie/Geologie steht den Naturwissenschaften nahe und erforscht meist die tiefere Vergangenheit, die Archäologie hingegen ist eine Kulturwissenschaft – dabei geht es um die kulturellen Hinterlassenschaften der Menschen, sie begibt sich bestenfalls wenige Millionen Jahre in die Vergangenheit. Natürlich gibt es inhaltliche und methodische Überschneidungen.
Beide Disziplinen sind in der Öffentlichkeit Geheimnis umwoben und inspirierend, auch für phantastische Geschichten.
Die Journalistin und Abenteurerin Adèle Adèle Blanc-Sec – Journalistin, Abenteurerin und Femme fatale, ist eine Erfindung des genialen französischen Comic-Zeichners Tardi. Draufgängerisch und unerschrocken arbeitet und reist sie allein in Paris und in Ägypten. Ihre Welt ist das Paris vor dem 1. Weltkrieg, bevölkert mit allerlei grenzwissenschaftlichen Wesen und Personen, wie ausgestorbene Tiere und ägyptologische Angelegenheiten. Es ist nicht bekannt, ob Tardi sich für Adèle an einer bestimmten Frau orientierte.
Unzweifelhaft ist: Vorbilder für Wüstenforscherinnen und Wüstenreisende aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Entwicklung der Ägyptologie gibt es zur Genüge, darunter auch einige wagemutige Frauen.
Die britische Archäologin und Historikerin Gertrude Bell war vor allem im Mittleren Osten aktiv. Ihre ausdauernde und langjährige Arbeit unter der brennenden Wüstensonne brachte ihr die Beinamen „Mutter der Mesopotamischen Archäologie“ und „Tochter der Wüste“ ein, die Wüstenstämme behandelten sie als „Mann ehrenhalber“. Neben der Erforschung und Rekonstruktion der Vergangenheit engagierte sie sich auch politisch für die Gegenwart und Zukunft des Mittleren Ostens. Sie war, neben „Lawrence von Arabien“ maßgeblich an der politischen Neuordnung der Region und an der Gründung des Irak beteiligt und war Beraterin König Faisal I. Ihr Leben ist 2015 verfilmt worden.
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