Bisher hatte ich verschiedene Blog-Typen an wissenschaftlichen Institutionen und eine umfangreiche Sammlung von Beispielen vorgestellt.
Meine persönliche Einschätzung zu institutionalisierten Blogs großer Forschungseinrichtungen naturwissenschaftlicher Ausprägung:
Bei den Instituts-Blogs mit Reporting-Funktion ist der Schreibstil überwiegend sachlich-nüchtern und leidenschaftslos, wie eine wissenschaftliche Publikation oder Pressemitteilung. Das ist hier sicherlich sinnvoll, da es zumeist um forschungspolitische und institutspolitische Positionen geht. Solche Blogs sind Newsfeeds, die nicht zur Interaktion einladen. Der leidenschafts- und distanzlose Stil hat zur Folge, dass es fast immer bei einer Einweg-Kommunikation bleibt.
Der Schreibstil von Expeditions-Blogs hat oft den Charakter von Exkursionsprotokollen. Aufgrund der zeitlichen Begrenzung von Wochen oder Monaten gibt es keine über einen längeren Zeitraum gewachsene Beziehung zwischen Bloggenden und Leserschaft, die einen interessierten, interessanten und weiterführenden Gedankenaustausch über Kommentare ermöglicht. Eine kritische Auseinandersetzung oder Reflexion mit dem Inhalt findet nicht statt, es geht vielmehr um Reporting von Tätigkeiten und Projektabschnitten. Auch das Schreiben-Üben selbst gehört dazu, denn es ist ein Training für Nachwuchswissenschaftler. Dementsprechend ist die Qualität der Texte sehr unterschiedlich. Da sich Tätigkeiten etwa bei der Durchführung von Probennahmen natürlich wiederholen, wiederholen sich auch die Inhalte häufig.
Instituts- und Expeditions-Blogs haben grundsätzlich eine geringe Anzahl von Kommentaren. Dialoge zwischen Bloggern und Kommentatoren sind die große Ausnahme, Diskussionen zwischen Kommentatoren, wie sie auf den Science-Blogs üblich sind, habe ich überhaupt nicht gefunden.
Woran liegt das?
Ein echter Dialog kommt nur zustande, wenn die Leserschaft die Möglichkeit hat, einzuhaken. Das bedingt zunächst eine verständliche Darstellung von Inhalten zu Themen, die auch für Außenstehende verständlich und interessant sind. Diskussionen kontroverser Themen oder die Darstellung kontroverser Meinungen laden zu besonders vielen Kommentaren ein. Zusätzliche persönliche Meinungen und Einschätzungen rufen schnell eine Diskussion hervor.
Eine „politisch korrekte“ Pressemitteilung ist ein sprachlich und inhaltlich glatt polierter Text, der nicht zum Nachfragen und Diskutieren einlädt. Bei institutionalisierten Blogs und Newsfeeds ist fraglich, ob die dialoghafte Kommunikation überhaupt gewünscht und sinnvoll ist.
An dieser Stelle wäre es interessant, eine Erhebung zu machen, welches Ziel die einzelnen Institute verfolgen (Was ist der Zweck des Blogs?) und wie ihre Zugriffszahlen auf den verschiedenen Medien aussehen. Aber (auch) das ist nicht das Ziel dieses Beitrags.
Auch bei den institutionalisierten Science-Blogs sind oft diejenigen besonders attraktiv, die über einen langen Zeitraum hinweg laufen und sowohl inhaltliche als auch sachliche Qualität bieten. Diese Medien sind nicht zuletzt deshalb erfolgreich, weil ihre Autoren und Autorinnen einen zeitgemäßen Online-Kommunikationsstil professionell beherrschen und ihnen die Interaktion mit den Lesenden meist wichtig ist. Gleichzeitig geben sie über Verlinkungen auf andere Seiten oft einen Mehrwert, den viele Leser schätzen.
Um eine kontinuierliche Leserschaft aufzubauen, ist eine lang angelegte Kommunikationsstrategie nötig und ein langer Atem beim Bloggen.
Die Anzahl der Zugriffe auf einen Blog hat zwar nicht unmittelbar etwas mit der Anzahl der Kommentare zu tun und die Anzahl von Klicks und Kommentaren sind keinesfalls die alleinigen Qualitätskriterien. Allerdings geben die beiden Parameter gewisse Hinweise auf den Erfolg bzw. die erfolgreiche Vermarktung eines wissens- und wissenschaftsnahen Blogs.
Manche Institutionen leisten sich den bezahlten Einsatz professioneller Science-Blogger mit ihren spezifischen
Qualifikationen für eine niveauvolle Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
Allerdings fällt auf, dass viele dieser Projekte eine zeitlich begrenzte Finanzierung haben, oft über den Zeitraum eines Projekts oder des Praktikums einer Person. Nach Beendigung des Projekts bzw. des Praktikums verebben die Blog-Einträge oder brechen ganz ab. Das ist wenig überraschend, denn das Verfassen eines guten Blog-Beitrags und das regelmäßige Posten über einen langen Zeitraum hinweg kostet Zeit, nebenher ist es schwerlich zu erledigen. Dass Wissenschaftler oder Studierende einen guten Blog nebenbei betreiben können, ist sehr selten. Schließlich werden sie für andere Arbeiten bezahlt und sind damit zumeist voll ausgelastet.
Die Kurzlebigkeit vieler guter Blogs ist bedauerlich, denn diese kleinen, liebevoll und leidenschaftlich aufgebauten Online-Medien bedienen offenbar den Wissensdurst vieler Menschen in der Öffentlichkeit. Es ist nicht nachvollziehbar, warum solch erfolgreiche Instrumente der zeitgemäßen niveauvollen Online-Kommunikation nicht verstetigt werden und zu einem festen Werkzeug in der Toolbox der Forschungslandschaft werden. Zumal sie vergleichsweise preiswert einzurichten und zu betreiben sind.
Allerdings können sie nur dann langfristig erfolgreich als starkes Kommunikationsinstrument mit hoher Reichweite ausgebaut werden, wenn ihnen auch langfristig Zeit bzw. finanzielle Mittel zugestanden werden. Und diese Entscheidung muss in den Chef-Etagen gefällt werden.
Die wichtigsten Schlußfolgerungen:
1. Nicht jeder Blog einer wissenschaftlichen Institution ist zwangsläufig ein Science-Blog.
2. Fach-Blogs wie Science-Blogs, Expeditions-Blogs und institutionalisierte Blogs mit Reporting-Funktion sind nützliche Tools für wissenschaftliche Institutionen.
3. Um eine kontinuierliche Leserschaft und Reichweite aufzubauen, ist eine lang angelegte Kommunikationsstrategie nötig und ein langer Atem beim Bloggen.
4. Ein guter Science-Blog muss in Inhalt und Sprache gleichermaßen professionell sein.
5. Gute Science-Blogs gibt es nicht zum Nulltarif.
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