Herrn Dr. Edingers Gehirn

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Vor einiger Zeit hatte ich zum Blog-Sammeln aufgerufen und Science-Blogs vorgestellt und analysiert.
Eine wichtige Gruppe fehlte dabei noch:  An wissenschaftliche Institutionen angebundene Blogs. Auch dafür gab es seitens der LeserInnen schon viele Lese-Tipps und Ergänzungen, dafür bedanke ich mich noch einmal.
Diese Blogs sind sehr heterogen, nicht alle sind Science-Blogs in dem Sinne. Um sie überhaupt vergleichen zu können, habe ich sie nochmals entsprechend ihrer Zielsetzung unterschieden in Science-Blogs,  Instituts-Blogs mit Reporting-Funktion und Expeditions-Blogs.

Institutionalisierte Blogs: Science-Blogs,  Instituts-Blogs mit Reporting-Funktion und Expeditions-Blogs

Wichtige Ziele der Wissenschaftskommunikation sind, sehr verkürzt formuliert, das Erreichen von „Aufmerksamkeit, Legitimation, Anschlusskommunikation und vor allem (Anschluss-) Finanzierung“. (Beatrice Dernbach, Christian Kleinert, Herbert Münder: Einleitung: Die drei Ebenen der Wissenschaftskommunikation, in: Beatrice Dernbach, Christian Kleinert, Herbert Münder (Hg.): Handbuch Wissenschaftskommunikation. Wiesbaden 2012, S. 2.)
Nicht zuletzt geht es dabei auch um die Deutungshoheit wissenschaftlicher Themen, Fragestellungen und Ergebnisse. Wissenschaftskommunikation wird unterschiedlich ausgelegt und definiert, mal stehen dabei eher die Institutionen und die Wissenschafts-Politik im Vordergrund, in anderen Fällen liegt die Betonung stärker auf Wissensvermittlung. Das variiert je nach Perspektive und Ziel der Schreibenden.
Wissenschaftskommunikation 2.0 nutzt neben traditionellen Print–Medien zusätzlich auch die modernen Social Media-Kanäle und andere Werkzeuge der digitalen Kommunikation. Dazu gehören Anbindungen an Twitter und Facebook sowie Blogs. Auffallend ist auch der große Anteil an Filmen.
Viele Forschungsinstitute wie die Helmholtz-Institute AWI (Alfred Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung) und GEOMAR (Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel), Fraunhofer-Institute oder große Forschungsmuseen betreiben auch Blogs als Teil ihrer Wissenschafts-Kommunikation.
Bei diesen an Institutionen angebundenen Blogs gibt es grundsätzlich unterschiedliche Ausrichtungen bezüglich ihrer  Zielgruppen und Themen. Eine grobe Einteilung ist möglich in Science-Blogs im Sinne der  hier vorgenommen Definition,  Instituts-Blogs mit Reporting-Funktion und Expeditions-Blogs.

Campus bei Nacht

Campus bei Nacht

Instituts-Blogs mit Reporting-Funktion:
Sie dienen der Eigendarstellung eines Instituts zur Präsentation der eigenen Aktivitäten mit starkem Marketing-Aspekt. In der Regel sind diese Blogs wenig persönliche, oft kollaborativ und durch PR-Mitarbeiter professionell geschriebene, chronologisch sortierte Newsfeeds
Häufige Themen sind Projekt-Genehmigungen und Projekt-Abschlüsse, Termine für Tagungen und andere Events, Personalia und die Verleihung von Preisen,  Auszeichnungen und ähnlichem. Bei Institutionen mit Besucherbetrieb wie Museen mit Schausammlungen gibt es oft einen Newsfeed mit Informationen für Besucher.
Der oder die Autoren treten nicht als Person auf, sondern schreiben in ihrer Funktion. Dementsprechend ist die Sprache unpersönlich neutral gehalten. Das Ziel ist die Information, nicht eine Interaktion. Eine Kommentierung ist oft nicht möglich.

Science-Blogs:
Für breiteres Publikum verständliche Beiträge zu Wissenschaft und wissenschaftlichen Publikationen – eigenen oder anderen – eines oder weniger Autoren. Neben wissenschaftlichen Fakten erfolgt oft auch die Einordnung von Fakten in einen größeren Zusammenhang und gegebenenfalls die Reflexion, Kritik oder Ergänzung. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Interaktivität und Kommunikation mit Lesern durch Zulassen und Beantworten von Kommentaren, Diskussionen sowie die Vernetzung und Verlinkung mit anderen Blogs und Online-Ressourcen quer durchs Netz.
Sie sind meistens persönlich geschrieben und bieten durch Bemerkungen und Statements „Angriffspunkte“ für Leserkommentare, oft entsteht über mehrere Jahre hinweg eine Beziehung zwischen Schreibenden und Lesenden (mehr dazu: „Noch mehr deutschsprachige Science-Blogs“).

https://www.slate.com/content/dam/slate/blogs/the_slatest/2016/04/19/160419_SLATEST_Boaty.jpg.CROP.promovar-mediumlarge.jpgExpeditions-Blogs von Expeditionen, Seereisen und Exkursionen
Ihr Ziel ist das Reporting über eine Reise und die durchgeführten Projekte und Tätigkeiten einer oder mehrerer Arbeitsgruppen. Sie sind meist nicht von Schreib-Profis geschrieben, vielfach dienen sie zum Trainieren der  Schreib-Expertise von Nachwuchs-Wissenschaftlern. Die Blogs mancher Schiffe sind fortlaufend, dann werden sie meist kollaborativ geschrieben. In anderen Fällen haben Projekte ihren eigenen Expeditions-Blog für eine oder mehrere Reisen. Sie sind immer chronologisch. Da sich die einzelnen Tätigkeiten auf vielen Reisen wiederholen, gibt es auch bei den Bloginhalten oftmals Wiederholungen. Der Blog selbst oder die Autorenschaft sind fast immer zeitlich begrenzt, eine langfristige Bindung zwischen Schreibenden und Lesenden kann sich so nicht entwickeln.

Typische Merkmale dieser Blog-Formen

Science-Blog, Instituts-Blog und Expeditions-Blog haben jeweils einige spezifische Merkmale, anhand derer sie sich typisieren lassen. Mit der Gewichtung dieser  Merkmale lassen sich diese Online-Medien nach ihrer wichtigsten Ausrichtung recht gut typisieren.

Auf einer Skala von 0 bis 3 bedeutet
0: unwichtig, unzutreffend
1: trifft selten zu
2: trifft oft zu
3: sehr wichtig, trifft sehr oft zu

Merkmale Science-Blog Instituts-Blog Expeditions-Blog
Newsfeed 2 3 2
Reporting-Funktion: Tätigkeitsbericht 1 3 3
Reporting-Funktion: Erfahrungsbericht 2 1 3
Einer/wenige Autoren 3 1 1
kollaborativ 1 2 2
Blog zeitlich begrenzt (< 1 Jahr) 1 1 3
Blog langfristig (>1 Jahr) 3 3 1
Autorenschaft zeitlich begrenzt (< 1 Jahr) 0 1 3
Autorenschaft langfristig (>2 Jahre) 3 0 0
wissenschaftsnah 3 3 3
Wissenschaftspolitisch/institutspolitisch 2 3 1
persönlich 3 0 2
sachlich 2 3 2
Inhaltlich professionell (Autor ist Wissenschaftler/ Experte) 3 1 3
Intermedial: Text, Bilder, Filme, Podcast 3 1 1
Interaktiv: Kommentarfunktion 3 0 2
Interaktiv: Moderation, Antworten 3 0 1
Professionell geschrieben (PR) 2 3 1
Aktivierende Sprache 2 0 0
Neutrale, unpersönliche Sprache 0 3 2
narrativ 2 0 1
Leidenschaftliche, persönliche Sprache 2 0 2
In Netzwerk/Community agierend 3 0 1
Dialoge fördernd 3 0 1
unabhängig 3 0 1

So läßt sich eine grobe Strukturierung der an Institute angeschlossenen Blogs vornehmen.

Morgen geht´s weiter mit einer großen Liste von ausgewählten Institutionen und ihren Blogs.

Kommentare (5)

  1. #1 Marcus Anhäuser
    7. Juni 2016

    Bettina, unter dem Absatz “ScienceBlogs” geht der Link zu “noch mehr ScienceBlogs” ins Leere”.

  2. #2 Bettina Wurche
    7. Juni 2016

    @Marcus: Danke, Marcus, ist repariert.

  3. #3 Marcus Anhäuser
    7. Juni 2016

    Und vielleicht solltest Du die Aufteilung auf zwei Seiten abschalten, auf der zweiten Seite kommt ja eh nur noch ein Satz 🙂

  4. #4 Bettina Wurche
    7. Juni 2016

    @Marcus: wieder was gelernt : )

  5. […] hatte ich verschiedene Blog-Typen an wissenschaftlichen Institutionen und eine umfangreiche Sammlung von Beispielen […]