Am 10.07 strandete an der Küste Cornwall ein Pottwal. Wieder einmal eine Strandung dieser grauen Giganten der Tiefe, nach einem Winter mit viel zu vielen toten Leviathanen an den Nordseeküsten. Das Tier war lebend auf den flachen Sandstrand Perranporth beach aufgelaufen und starb dann erst eine ganze Weile später.
An den meisten europäischen Küsten stranden diese größten aller Zahnwale eher im Winter. An britischen Küsten kommt es, wie mir das Team des Cetacean Strandings Investigation Programme- UK strandings – auf meine Nachfrage erklärte, tatsächlich auch ab und zu im Sommer zu einer Pottwalstrandung. An den nord- und mitteleuropäischen Küsten stranden normalerweise männliche Pottwale.
Aber diese Strandung war grundsätzlich anders: Der tote Wal (national reference SW2016/340) war ein Weibchen!
Pottwale leben den größten Teil des Jahres nach Geschlechtern getrennt: Die Weibchen leben mit ihren Jungen in der Nähe des Äquators, z. B. bei den Azoren, und zwar in engen Gruppen aus Familien und Freundinnen. Die Männchen ziehen nach der Pubertät in die subpolaren Gewässer nach Norden bzw. Süden. In Nordeuropa lebt vor den nordnorwegischen Vesteralen-Inseln eine große Gruppe von Pottwal-Bullen.
An den britischen, niederländischen, belgischen, deutschen und dänischen Küsten stranden Bullen auf ihrem Weg von Norden nach Süden, meistens wenn sie sich in die Nordsee verirrt haben und aus dem flache Schelfmeer nicht wieder herausfinden.
Dies ist nun der erste weibliche Pottwal an englischen Küsten, seit Beginn der Strandungsaufzeichnungen im Jahr 1913. Und der 6. Pottwale, der in dieser Zeit an der Küste Cornwalls gestorben ist.
Mitarbeiter des CSIP und Mitarbeiter und Freiwillige des Cornwall Wildlife Trust Marine Strandings Network/Exeter University haben nach dem Tod des Tieres am Strand die Sektion durchgeführt.
Die ersten Ergebnisse sind: Der Wal war ein 10.3 Meter langes erwachsenes Weibchen und in einem mäßig guten Ernährungszustand. Der Verdauungstrakt war leer, sie hatte also längere Zeit nichts gefressen. Abgesehen von ein paar Tintenfischschnäbeln und einem wenig starken Nematoden-Befund gab es auch keine Hinweise auf verschluckten Plastikmüll. Äußerlich waren keine Verletzungen zu erkennen, die auf eine Kollision mit einem Schiff hindeuten würden und es gab auch keine Netzmarken oder ähnliche durch Fischereigerät verursachten Verletzungen.
Bisher sieht es so aus, als ob der Wal nach der Lebendstrandung an dem damit verbundenen Stress gestorben ist.
Durch seine hochovale Form kippt ein gestrandeter Pottwal auf die Seite, so werden die Lungen zusammengedrückt. Bis jetzt ist nicht geklärt, warum das Tier gestrandet ist: Die Veterinäre und Biologen haben umfangreiches Probenmaterial für Laboruntersuchungen sichergestellt, möglicherweise geben die Bakterienkulturen, die Histopathologie oder die genetischen, toxikologischen, virologischen Untersuchungen Hinweise.
Ein gestrandeter Pottwal ist verloren, es besteht keine Möglichkeit, den schweren Meeressäuger wieder in tieferes Wasser zu bringen. In diesem Fall kam auch noch dazu, dass ablaufendes Wasser war, aber auch bei auflaufender Flut hat so ein Tier eigentlich keine Überlebenschance. Dieser weibliche und darum ja kleine, “grazile” Pottwal wiegt immer noch 40 Tonnen. Ein Delphin oder sogar Grindwal kann eventuell noch hochgehoben und zurück ins Wasser getragen werden, bei einem so großen Tier ist es ausgeschlossen. Jede Anstrengung, dieses Gewicht zu heben, müsste mit schwerem Gerät erfolgen und würde das Tier schwer verletzen. Kein Netz oder keine Plane kann unter dem schweren Körper hindurchgelegt werden, jedes Bewegung, die an Flossen, Kopf oder Leib angreift, um so ein Gewicht zu heben, würde schwere Verletzungen hinterlassen. Dazu kommt noch, dass die Masse den glatten Körper im weichen Sand regelrecht festsaugt. Nein, ein am Strand liegender Pottwal ist leider unrettbar verloren. Es gibt keine Möglichkeit, den gestrandeten Leviathan zu retten. Auch ein unverletzter Wal wird an Überhitzung und Stress sterben.
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