Am Donnerstag, dem 09.02.2017, sind nach offiziellen Angaben 416 Grindwale (Long finned pilot whales, Globicephala melas) am Strand von Farewell Spit gestrandet.
Das ist eine der größten Massenstrandungen, die es in Neuseeland je gegeben hat. Viele der Tiere waren lebend gestrandet, allerdings überlebten 300 die Nacht nicht. Am nächsten Morgen, als die Strandung entdeckt wurde, waren dann über 500 Helfer im Einsatz, sie waren dem Hilferuf der Behörden und Walschützer gefolgt und hatten Schule und Büro geschwänzt.
Die Helfer müssen die Wale feucht halten, um sie gegen Überhitzung und die Sonne zu schützen, ohne dass Wasser ins Blasloch eindringt. Die bis zu sechseinhalb Meter großen Delphinartigen sind klein und leicht genug, um sie unter günstigen Umständen zurück ins Meer zu bringen. Bei höherem Wasserstand, sowie der Wal aufschwimmt, müssen mehrere Personen den Kleinwal vorsichtig zurück ins tiefere Wasser schieben. Bei Niedrigwasser würde man den Wal durch Sand und Steine des Strandes erhebliche Verletzungen am Bauch zufügen.
Das größte Problem ist der enge Sozialverband der Grindwale: Tiere, die wieder im tieferen Wasser sind, schwimmen erneut auf den Strand, weil sie ihre Familie nicht verlassen wollen. So auch hier: Es sind zwar bei Flut über 100 Wale zurück ins Wasser gebracht worden, von denen 50 wieder aus der Bucht hinaus geschwommen sind, aber etwa 90 sind erneut gestrandet. Das Department of Conservation (DOC) wird die Arbeit über Nacht ruhen lassen, weil sie die Arbeit in der Dunkelheit mit den großen Tieren für zu gefährlich halten. Schließlich wiegt ein ausgewachsener Globicephala über 2000 Kilogramm und verfügt über gewaltige Kräfte. Bei einem Flukenschlag oder einem Rollen des Tieres könnten Menschen zu Schaden kommen oder gar ertrinken. Am Samstagmorgen wollen die DOC-Verantwortlichen überprüfen, ob erneut Tiere gestrandet sind und in dem Fall wieder mit den Freiwilligen versuchen, die Tiere erneut flottzumachen. Vor allem die Walschutzorganisation Project Jonah hatte den Einsatz des Departmen of Conservation sachkundig und kräftig anpackend unterstützt, beide sind in diesen Situationen – leider – erfahren.
Ein Teil der Tiere war erneut auf den Sandstrand geschwommen, obwohl Helfer mit einer Kette im wasser versucht hatten, sie vom Strand fernzuhalten. Ein Teil dieser Wale war in so schlechter Verfassung, dass die Wal-experten entschieden, sie einzuschläfern: “It was a tough call to make and the decision not to attempt to refloat them and to euthanise the remaining whales was taken after talking to New Zealand Project Jonah’s Daren Grover,” the DOC said. “Unsuccessful attempts at refloating the whales would likely lead to more injury and stress to them and prolong the whales’ suffering. DOC has taken the decision to humanely euthanise the whales out of concern for their welfare.”
Der flache Sandstrand der Südinsel ist berüchtigt für Walstrandungen, dies war leider nicht der erste Unglücksfall. Die größte Strandung war eine Massenstrandung von mehr als 1000 Grindwalen im Jahre 1918.
Update: Am 11.02.2017 sind, nachdem die Helfer unter der Führung vom DOC und Project Jonah zumindest einen Teil der gestrandeten Grindwale gerettet hatten, weitere 200 Tiere gestrandet.
Die Walretter hatten die überlebenden Meeressäuger markiert. Von den 200 am 11.02. gestrandeten Tieren trug keines eine Markierung, es war also eine andere Gruppe.
Update 2, 12.02.2017: Die Tiere der 2. Strandung sind wieder im tieferen Wasser.
Der aktuelle Nachrichtenstand der DOC lautet:
“Sunday 12 February
Refloating whales 10:50 am 12 February
Update 1.15 pm
Better news and hope for remnants of stranded pod
The 17 pilot whales that were part of a larger pod that stranded on Saturday near Puponga have been successfully turned around on the high tide and sent back into deeper water in Golden Bay.
Two boats were used to guide the 17 whales out to rejoin the original diffuse pod and it is hoped that they will find a way into deeper, safer waters.
Hundreds of volunteers are in the area and DOC staff and Project Jonah are asking that no more volunteers come over the hill to Golden Bay.
Update 10:50 am
DOC rangers and Project Jonah medics and volunteers are in the water with the 17 stranded whales and waiting for the tide to come in to refloat them.
The main pod of approximately 200 is swimming in a easterly direction off Collingwood.
There is no need for any more volunteers just now. There is no parking available. DOC staff are busy managing the traffic jams.
Update: 8 am
Better news from Farewell Spit
The 240 odd whales that had stranded between Puponga and Pakawau late on Saturday have mostly refloated themselves on last night’s high tide at 11 pm and are milling around in shallow water. It is low tide right now.
There are 17 live pilot whales still stranded and the focus this morning will be to prepare to refloat them on the incoming tide.
High tide is at 11.50 am.
No more volunteers required at the moment.”
Quelle: DOC: “Get updates on the mass whale stranding at Farewell Spit. “
Warum stranden Grindwal-Gruppen an diesem Strand?
Weltweit gibt es verschiedene Strände, an denen es immer wieder zu Wal-Massenstrandungen kommt, die nach einem bestimmten Muster ablaufen: Eine Gruppe Zahnwale wie Pottwale, Kleine Orcas, Grindwale und einige andere Arten schwimm auf einen flachen Sandstrand. Vor allem im Sommer, wenn die Wale Fische nahe an der Küste jagen, geraten sie in diese gefährliche Situation und schätzen den Übergang von Meer und Land falsch ein. In Neuseeland passiert dies an verschiedenen Orten leider regelmäßig.
Wie im vorliegenden Fall zeigen die Meeressäuger keine äußerlichen Verletzungen etwa durch Fischernetze oder Schiffsschrauben. Es gibt auch keine Anzeichen von Gehörtraumata wie Blutungen aus dem Gehörgang und keine zeitlich passenden menschlichen Aktivitäten wie Marinemanöver, seismische Exploration, Fischerei oder ähnliches.
Es handelt sich um Familienverbände mit Tieren aller Altersgruppen, so dass auch Altersschwäche oder Erkrankungen einzelner Tiere kein Grund sein kann. Weiterhin gibt es keine natürlichen Umstände wie etwa eine Giftalgenblüte, die eine ganze Gruppe Wale vergiften könnte oder andere Pandemien. Dann müssten auch Meeressäuger verschiedener Arten beteiligt sein.
Auch die Theorie, dass die Ohren der Tiere durch Parasitenbefall die Echolaute nicht mehr genügend wahrnehmen, ist wenig belastbar. Würmer in den Ohren sind zumindest bei Zahnwalen wohl eher der Normalzustand.
Die Behauptung, diese Strandung hinge mit der Erderwärmung zusammen, ist hier haltlos, weil an diesem Strand seit mindestens 100 Jahren regelmäßig Walstrandungen vorkommen und dokumentiert worden sind.
Die bisher beste Erklärung ist, dass die Echolokation der Zahnwale an den flach ansteigenden Stränden versagt – es handelt sich also um einen Navigationsfehler. Weiche Sandböden werfen nur undeutliche Sonarechos zurück und der allmähliche Anstieg eines flachen Strandes ist ein undeutlicher Übergang vom Meer zum Land.
Ein Navigationsfehler des Leittieres kann aufgrund der sehr engen sozialen Beziehungen der Wale dann dazu führen, dass die ganze Gruppe auf den Strand schwimmt.
Eine weitere Hypothese besagt, dass die Magnetfeldlinien und ihr Winkel zum Strand hier für Verwirrung gesorgt haben könnten.
Eine Verirrung der Wale durch Störungen im Erdmagnetfeld aufgrund von Sonnenflecken-Aktivitäten ist mittlerweile widerlegt.
Was ist heute über Walstrandungen bekannt?
Die Seiten des Department of Conservation und von Project Jonah geben sehr gute Informationen dazu und sind auf dem Stand der Wissenschaft.
Walstrandungen können sehr unterschiedliche Gründe haben. Darum ist eine sorgfältige Analyse jedes solchen Unglücksfalls wichtig:
- Ist es eine Einzel- oder Massenstrandung?
- Wie viele und welche Arten sind beteiligt?
- Wie ist der Zustand der Tiere – lebendig, äußerlich verletzt, tot, verwest?
- Welche Verletzungen haben die Meeressäuger?
- Wo hat die Strandung stattgefunden?
- Gibt es einen zeitlichen Zusammenhang mit Marinemanövern, Fischereiaktivitäten, seismischen Surveys, … und ähnlichen menschlichen Aktivitäten?
- Gibt es Aufzeichnungen über andere Strandungen an diesem Ort?
Diese Grindwal-Massenstrandung ist aller Wahrscheinlichkeit nach leider ein natürlicher Vorgang. Es gibt keinen Hinweis, dass Menschen dafür verantwortlich sind.
Mehr Hintergrundwissen über Walstrandungen:
Die US-amerikanische Umweltbehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Agency) bietet zu ungewöhnlichen Strandungen ausgezeichnete und umfassende Informationen unter Marine Mammal Unusual Mortality Events.
Grundsätzlich kann man zwischen natürlichen Ursachen und von Menschen verursachten Umständen unterscheiden.
Wale können aufgrund natürlicher Ursachen stranden, weil
- sie sich verirrt haben (Pottwale in der Nordsee)
- sie von anderen Walen verletzt oder getötet worden sind (einzelne Schweinswale und junge Delphine in Nord- und Ostsee bei Vorkommen von Großen Tümmlern)
- sie alt oder krank sind
- durch Umweltkatastrophen wie Giftalgenblüten (fossile Bartenwale in Chile)
Wale können aufgrund von durch Menschen verursachten Gründen stranden, weil
- durch Fischereiaktivitäten (Orca vor Schottland)
- sie aufgrund menschlicher Einflüsse erkrankt oder verletzt sind
- sie Opfer von Marinemanövern mit LFAS-Sonar-Einsatz zur U-Boot-Abwehr geworden sind (Schnabelwale in Mittelmeer und Atlantik)
- durch Umweltkatastrophen wie Ölpest oder Chemieunfälle (Deepwater Horizon Oil Spill)
- durch Umweltkatastrophen wie Giftalgenblüten, die aufgrund der Erwärmung der Ozeane ausgedehnter und massiver als je zuvor stattfinden (Buckelwalen in Alaska, Seiwale vor Chile)
Zum Deepwater Horizon Oil Spill, der großen Ölpest im Golf von Mexiko, befindet sich eine ganze Serie auf dem alten Meertext-Blog:
https://blog.meertext.eu/tag/deepwater-horizon/
Meine Beiträge basieren auf vielen Publikationen, darunter auch vielen Informationen der NOAA, die ausgezeichnete peer-reviewed Forschung durchführen.
Bis jetzt.
Ab sofort befindet sich auch die NOAA unter dem Einfluß von Trump-Lininetreuen. Zurzeit basteln sie an einem Gesetz namens “Secret Science Reform Act. Dieses Gesetz soll zu mehr Transparenz führen. Das hört sich zunächst nach sauberer Forschung und positiv an. De facto bedeutet es für die republikanischen Hardliner jedoch, dass sie so die Erforschung und Publikation einmaliger Vorkommnisse unterbunden wird, da sie keine reproduzierbaren Daten ergeben.
Im Fall der Deepwater Horizon Ölpest würde das bedeuten: Eine gigantische Ölpest, die Tausende von Walen und anderen Meerestieren das Leben gekostet hat und auch zahlreiche kranke Menschen hinterließ (durch denKontakt mit Öl oder Detergentien) dürfte nicht mehr erforscht und die Ergebnisse nicht mehr publiziert werden. Für Umwelt-, Meeres-, Tier- und Menschenschutz wäre das wirklich eine Katastrophe.
Darum bitten Alt NPS und die EPA:
“Lamar Smith at today’s hearing said he plans to “Make the EPA Great Again”. He also made claims that the EPA was only driven by politics and not science. It appears that Lamar and our new administration are attempting to undermine the EPA and other federal agencies who do scientific research. The main goal of the “Secret Science Reform Act” which Lamar purposed is to limit the actions the EPA can take to protect public health and the environment. Smith said he would continue to push legislation to eliminate the use of “secret science” at the EPA, a term Republicans use for scientific data that they do not believe in. We need to keep pressuring Lamar to end his battle against the scientific community. Call your representative and senator at (202) 224-3121. Also, we tagged Lamar Smith feel free to post your opinion on his Facebook. Help us spread the word ‘share’!”
(10.02.2017, Alt NPS via Facebook)
Hier ein Pressebericht dazu:
“The Secret Science Reform Act has been introduced over the years by Rep. Lamar Smith (TX-21). As the 115th Congress kicks off, Smith intends to push for the bill as one of his top priorities. Under this bill, the Environmental Protection Agency would be required to use only “transparent or reproducible” science when developing regulations. The data would also need to be available online. Smith says, “The legislation simply requires the EPA to base its regulations on publicly available data.”
The bill has seen support from multiple industry groups, but several concerns have been raised over the “secret science” bill. Organizations, like the Society for Conservation Biology, have pointed to the difficulty to reproduce some data. Data may be collected from some studies that are conducted on a large-scale and require extensive resources, as well as, one-time events, like oil spills, that can’t be effectively replicated. Another concern that has been expressed is that data cannot be made public in some cases; revealing information from studies that collect human health data could violate medical disclosure laws.
Rep. Eddie Bernice Johnson (TX-30), the ranking member of the Science Committee, said the EPA does not use “secret” science. The EPA utilizes peer-reviewed research from trusted scientific sources, but the bill would have judges reviewing the science used to develop regulations. The American Association for the Advancement of Science says the bill will take review away from the experts of the scientific community and sees potential for long-lasting implications to how the EPA operates in shifting from peer-reviewed science to judicial review.
Last year the bill passed the House and made it through the Senate Environment and Public Works Committee, but never made it to a vote on the Senate floor. This year both Republicans and Democrats think the Secret Science Reform Act has a stronger chance of becoming law than in previous years. The bill will likely be reintroduced within the next month.
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