An der Küste der indonesischen Insel Seram ist gerade Monster-Alarm.
Im weißen Sand unter wippenden Palmen dümpelt ein großes Meereswesen in den Wellen des Pazifiks.
Da das “Ding” nicht auf den ersten Blick für jedermann und jederfrau zu identifizieren war, ist es sofort zum Monster deklariert worden.
Ob der Monster-Alarm von Inselbewohner ausging, die eine Verdienstmöglichkeit damit witterten oder von einigen Presseorganen, die auf ein Sensatiönchen hofften, lässt sich nicht rekonstruieren.
Es handelt sich auf jeden Fall um ein großes Meerestier.
In dieser Größe – der gestrandete Kadaver soll um 15 Meter groß sein – gibt es nur Walhaie, Pottwale und Bartenwale und vielleicht noch Riesenkalmare.
Der erste Blick macht allerdings schon deutlich: Der angeschwemmte Kadaver enthält Knochen. Die Wirbelsäule mit den deltaförmigen Wirbeln ist an einigen Stellen klar zu sehen. Solche Wirbel in dieser Form und Größe haben nur Wale.
Im Netz stehen neben wilden Gerüchten gleich eine ganze Menge von Photos und Videos, die den angespülten Wal aus verschiedenen Perspektiven zeigen. Das Vorderende ist leicht auszumachen: Die Kiefer des Wals sind deutlich erkennbar, das weiche, verwesende Gewebe ist davon abgefallen.
Die Sicht auf das Maul zeigt links im Bild einen langen gebogenen Knochen des Unterkiefers. Der Oberkiefer ist rechts zur Seite gefallen, der Gaumen und die recht kurzen Barten sind klar zu sehen. Das Gaumengewölbe ist die schüsselartige Form mit glatter Oberfläche, die Barten sind die Borsten am Rand.
Auf anderen Bildern und in einem Video ist auch zu sehen, dass der tote Wal auf dem Rücken liegt. Die Furchen am Bauch treten wegen des durch Verwesungsgase aufgeblähten Bauchs besonders deutlich hervor. Es handelt sich also ganz klar um einen Bartenwal.
Aber um welchen?
Einige weitere Bilder zeigen eine große, paddelförmige Struktur mit festen Umrissen, die zur Seite weg im Wasser liegt. Das sieht von Position und Umriß wie der große weiße Flipper eines Buckelwals aus. Auf einem weiteren Bild des Kopfes sind auch die für Buckelwale so typischen Buckel oder Knubbel zu sehen.
Das Meeresmonster von Indonesien ist also ein Buckelwal (Megaptera novaeangliae).
Schon gut durch, aber noch erkennbar.
Monströs dürfte an der ganzen Strandung lediglich der Gestank gewesen sein.
Buckelwale kommen in diesen Gewässern vor und schwimmen auch oft in Küstennähe. Meistens sinken Wale, die auf See sterben, auf den Meeresboden und werden dort als Whalefall zu Oasen in der Tiefsee. Nur, wenn sie sehr schnell und stark aufblähen, treiben sie an der Oberfläche. Die warmen Gewässer sind ein mächtiger Antrieb für die schnelle Produktion von Fäulnisgasen und ein mächtiger Auftrieb für einen toten Wal.
Die fortgeschrittene Verwesung verflüssigt immer mehr Teile der weichen Gewebe, Blut, Fett und verweste Köperflüssigkeiten fließen ins Meer und sorgen für die rötlich-schmierigen Schlieren um den Kadaver herum. Wer auch immer dort ins Wasser gestiegen ist, dürfte den Geruch noch einige Tage mit sich herumgetragen haben.
Patasiwa Kumbang Amalatu (er hat das Wal-Video aufgenommen und bei Youtube hochgeladen), die Indonesische Marine und Experten des Coastal Resources Management sind zu dem gleichen Schluß gekommen, der Independent und einige andere Presseorgane haben dies auch korrekt zitiert.
Das eigentlich Mysteriöse an der ganzen Wal-Strandung ist für mich nur, dass trotz dieser klaren Ansage von Leuten, die sich mit dem Meer und seinen Bewohnern auskennen, so erschreckend viele Presseorgane bei ihrer Monstermeldung geblieben sind.
Zum Weiterlesen:
Meeresmonster-Meldungen aus Sibirien (ein Schnabelwal) und einige Seeschlangen-Berichte, die auf Riemenfisch-Strandungen in Spanien, Mexiko und Kalifornien basieren. Die Riemenfische haben es schließlich sogar zu ihrer eigenen Verschwörungstheorie gebracht. Die Wale haben das leider noch nicht geschafft.
Ein herzliches Dankeschön an Rainer für diese schöne Steilvorlage zum Monster-Mythbusting.
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