Hier ist ein Video eines schwimmenden Pyrosoms (Video by Patrick Anders Webber, via “The Marine Detective” )
Im April widmete der Blog „The Marine Detective“ den Pyrosomen einen langen Artikel mit Bildern und einem Video. Die Bilder sind besonders interessant, denn sie zeigen die gestrandeten Manteltiere, deren Gewebe ohne ihren pneumatischen Druck des Wassers in sich zusammenfallen.
Ein gestrandetes Pyrosom sieht aus wie ein …widerlicher kleiner Gummiartikel. Mit Noppen. Benutzt.
“Call it the invasion of the pyrosomes”
Im Juni schrieb Michael Milstein auf dem Blog des Northwest Fischery Science Center (NOAA) bereits von einer Invasion der Pyrosomen.
Die Wissenschaftler des NOAA Fisheries’ Northwest Fisheries Science Center sind jetzt gemeinsam mit ihren Kollegen der Oregon State University und der University of Oregon auf der Suche nach Erklärungen. Bei einem fünfminütigen Schleppnetz-Hol im freien Pelagial (Midwater tow) vor der Mündung des Columbia River Ende Mai gingen schätzungsweise 60.000 Pyrosomen ins Netz. Die Meeresforscher brauchten Stunden, um die wenigen Fische in der Masse dieses gelatinösen Planktons heraus zu sortieren. “We have a lot of questions and not many answers,” sagte Ric Brodeur vom Northwest Fisheries Science Center in Newport, Oregon. Brodeur arbeitet seit den 80-er Jahren in dem Meeresgebiet vor der Küste Oregons und hat dort 2014 das erste Mal Pyrosomen gesehen.
Ein Unterwasser-Video des NOAA-Forschungsschiffes “Bell M. Shimada” zeigte im Mai Massen von Pyrosomen in hoher Dichte 40 bis 200 Meilen vor der Küste Oregons. Die einzelnen Tiere waren meist zwischen 4-6 Zentimeter, manchmal auch bis zu 78 Zentimetern lang. Bei ihrer Kamerafahrt entdeckten die Forscher, dass der gelatinöse Pyrosomen-Teppich bis in 100 Meter Tiefe reichte.
Mittlerweile ist die Menge der Pyrosomen so flächendeckend hoch, dass sie eine massive Beeinträchtigung der Fischerei sind. Sie verstopfen die Netze und sogar die Haken der Garnelen- und Lachsfischer von Nordkalifornien bis nach Südalaska.
Pyrosomen, El Nino und der Klimawandel
Im Nord- und Südpazifik ist 2015 und 2016 eine ganze Menge passiert. Der Ozean war deutlich wärmer als sonst, El Nino war wesentlich ausgedehnter und länger anhaltend als bisher.
Die Satellitenüberwachung aus dem Weltall ergab ausgedehnte Warmwasserkörper – NOAA bezeichnete sie als Blob – , die sich vom Äquator bis tief in die hohen Breiten des Nord- und Südpazifik vorschoben. El Nino ist zwar kein ganz neues Phänomen, in dieser Stärke und Ausdehnung war er allerdings ungewöhnlich, verschiedene wissenschaftliche Institutionen wiesen darauf hin, dass diese starke Ausprägung des El Nino äußerst wahrscheinlich durch den Klimawandel und die allmähliche Ozeanerwärmung beeinflusst wurde und weiterhin werden wird.
Die Erwärmung des Ozeans hatte u. a. zu einer Massenblüte von giftigen Rotalgen geführt, eine sogenannte Harmful Algal Bloom oder Red Tide – Rote Flut.
Die Giftalgen führten auch zu Massensterben von Walen: Über 30 tote Buckelwale strandeten an den Küsten Alaskas, über 330 tote Seiwale wurden in den Fjorden der chilenischen Küste gezählt. Bei den Seiwalen ist der Kontext zur Giftalgenblüte mittlerweile als sehr wahrscheinlich nachgewiesen (Häussermann V, Gutstein CS, Bedington M, Cassis D, Olavarria C, Dale AC, Valenzuela-Toro AM, Perez-Alvarez MJ, Sepúlveda HH, McConnell KM, Horwitz FE, Försterra G. (2017): „Largest baleen whale mass mortality during strong El Niño event is likely related to harmful toxic algal bloom“. PeerJ 5 : e3123
Wenn nun ausgerechnet in diesem Zeitraum die Anzahl einer zwar vorhandenen, aber zahlenmäßig eher beschränkten Tiergruppe extrem zunimmt, liegt es nahe, dass es einen Zusammenhang geben könnte.
Allerdings kühlt sich der Ozean jetzt wieder ab und die Winde sind wieder günstiger.
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