Über die Fortpflanzung der Schleimaale ist bis heute nicht sehr viel bekannt. Sie sind Zwitter, haben keine äußeren Geschlechtsorgane und legen Eier.
Ihre Eier und Embryonen sind nur äußerst selten aufgespürt worden. 1896 hatte der Kalifornier Bashford Dean, ein Experte für mittelalterliche Rüstungen, der gleichzeitig auch Fische erforschte, gewaltiges Glück: Von einem Fischer aus Monterey Bay bekam er 800 Eier inklusive 150 Embryonen der geheimnisvollen Schleimaale. An den ausgesetzten Leinen des Fischers hatten sich die aalförmigen Tiere verfangen und in Panik Schleim abgesondert – in diesem Schleim steckten die Eier. Dean untersuchte, zeichnete und schrieb, seine 1899 erschienene Publikation „On the embryology of Bdellostoma stouti“ ist die Königsklasse der Schleimaal-Embryologie-Literatur.
Bis heute hat noch niemand eine Paarung oder auch nur einen Paarungsversuch dieser Tiere beobachtet. In Gefangenschaft haben sich diese Tiere noch nie fortgepflanzt, darum ist es bis heute auch nicht gelungen, sie zu züchten.
Schleim als Überlebensstrategie
Das namensgebende Merkmal der Inger ist ihr Schleim, den sie mit Hilfe von über 100 Drüsen produzieren. Die schmierige Absonderung ist multifunktional: Sie hilft beim Fressen, beim Hineinglitschen in die Mahlzeit und ist ein wirksames Abschreckungsmittel gegen Fressfeinde.
Dieses Video zeigt, wie ein Hai einen Schleimaal packt… und sehr schnell wieder loslässt. Der Inger gerät im Kiefer des Hais in Panik, produziert extrem schnell viel Schleim und droht dem Hai Mundöffnung und Kiemen zu verkleistern.
Gleichzeitig versiegeln die schlängelnden Meeresurviecher mit ihrem Schleim ihre Mahlzeit vor anderen Interessenten.
Selbst einem Schleimaal wird sein eigener Schleim manchmal zu viel – dann schlingt er einen eleganten Knoten in den eigenen Körper, schwimmt hindurch und streift sich so die lästige Schmiere vom Leib.
Ein Schleim für alle Fälle – kugelsichere Westen und Strumpfhosen
Der Schleim setzt sich vor allem aus zwei Komponenten zusammen: Das Glycoprotein Mucin bildet die schleimige Matrix und enthält aufgerollte Fasern aus einem Material, das der Spinnenseide ähnelt. Zur Schleimproduktion sondern die über 100 Schleimdrüsen beide Komponenten gleichzeitig ab, so dass sich im Meerwasser ein elastisches Maschengeflecht bildet. Dabei kann der Schleim zum 10.000-fachen Volumen der ursprünglich abgesonderten Substanz aufquellen. Die Fasern sind superelastisch und superfest, lässt man den Schleim trocknen, werden sie zu einer netzartigen Struktur.
Die US-Navy erforscht zurzeit den Zweikomponenten-Schleim unter militärischen Gesichtspunkten. Dazu haben Forscher des Naval Surface Warfare Center, Panama City Division (NSWC PCD). die schleimige Seide in dem Allround-Bakterium E. coli nachproduzieren lassen.
Durch seine Elastizität und Festigkeit könnte das synthetische Biomaterial ein Vorbild für neuartige Materialien für schusssichere Westen, Feuersichere Textilien, Anti-Fouling oder Anti-Shark-Spray werden. Das Gewebe bietet den taktischen Vorteil, nach dem Kontakt mit Meerwasser innerhalb von Sekunden die Eigenschaften des umgebenden Wassers zu verändern (Mann, Katherine: „US Navy Synthetically Recreates Biomaterial to Assist Military Personnel“; Story Number: NNS170124-04Release Date: 1/24/2017; America´s Navy).
Aus ähnlichen Gründen ist die ozeanische Seidenschmiere auch für die Textilindustrie interessant – hier geht es vor allem um eine höhere Reißfestigkeit von sehr dünnen transparenten Geweben wie etwa für Strumpfhosen. Trocknet die Inger-Absonderung, entsteht ein Gewebe aus seidenartigen Fasern. Sehr dünn, elastisch, reißfest und atmungsaktiv. Die einzelnen Schleimaal-Arten erreichen zwar nur Körperlängen zwischen 30 und 120 Zentimetern, aber ein einzelnes Tier kann mehrere Kilometer schleimiger Seide absondern. Eine Arbeitsgruppe der Universität Guelph (Kanada) experimentiert damit, diese „Fischseide“ nachzuahmen.
Das maritime Naturprodukt hat gegenüber den bisher üblichen Materialien wie Nylon, Lycra oder Spandex den Vorteil, dass es nicht auf Erdölprodukten basiert und dementsprechend auch umweltfreundlich abbaubar ist.
Gerade in der derzeitigen Diskussion um die Plastikflut in den Meeren wären solche multifunktionalen Gewebe, die keine schädlichen Mikroplastik-Fasern produzieren, eine echte Innovation für den Umweltschutz.
Ausbeutung der Schleimaalbestände für südkoreanische Gourmets
Aufgrund ihrer verborgenen Lebensweise und die Wissenslücken zu ihrer Fortpflanzung ist es bisher unmöglich, die Inger-Bestände zu beziffern. Darum ist es auch sehr schwierig, Maßnahmen für das Inger-Fischerei-Management zu ergreifen und Fangquoten festzusetzen.
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