Nicht-aquatische Vögel sind ja eigentlich kein großes Thema auf Meertext. Themen, die in den Eingeweiden rumoren oder gar von dort stammen, schon eher mal. Aber jetzt ist ein Beitrag über Vogelexkremente fällig! Noch niemals habe ich einen so poetischen Bericht über Vogelkot: “How to live with birds poop” gelesen, wie jüngst auf dem Audubon-Blog. Den muss ich hier einfach zitieren – ich habe mein Bestes gegeben, um die sprachliche Poesie zu erhalten.

In der Hierarchie der Tierkot-Varianten nimmt Vogelkot („bird dropping“) eine herausragende Stellung ein. So wie der einzige Gast, der statt eines schwarzen Anzugs mit Krawatte im weißen Sportanzug erscheint, strahlt er hell aus der Menge der braunen Fäkalien. Und wo die meisten Exkremente im Gras oder Untergrund vergraben oder auf dem Fußweg verschmiert werden, landet Vogelkot von oben kommend auf Oberflächen, inklusive den Dächern und Fenstern frisch gewaschener Autos.

Vogelkot beginnt seine Reise in der Kloake, dem Auffangbecken unter den Körperöffnungen. Anstatt von flüssigem Urin und festen Exkrementen stickstoffhaltige Endprodukte, weißlich, ätzend und von schmieriger Konsistenz, hervorspritzen oder klecksen.
Das Volumen des Vogelkots hängt ab von der Größe des Vogels, aber die Form ist reine Physik. Die meisten Vogelexkremente sind von klassischer Konsistenz, ein schwerer Tropfen mit einem kleinen „Schwanz“, wie bei einem Spermium. Andere häufige Umrisse sind etwa der „double execution shot“, die Spiralgalaxie, Philip Baker Halls Augen (was auch immer das bedeuten mag), der Krater, die Radieschen-Rose, Dalis geschmolzene Uhr, das Wachssiegel, der Zwei-Dollar-Taco und das weichgekochte Ei.
Als Sammlung betrachtet, erinnern diese Hinterlassenschaften an abstrakten Expressionismus, wie etwa die Drip Paintings von Jackson Pollock. Letztendlich ist der Vogelklecks jedoch kein Mehrere-Millionen-Dollar-Gemälde, sondern kann sich vielmehr in den Lack eines Autos hinein ätzen und viel Zeit oder Geld kosten.
Vögel scheinen bei der Wahl, welche Autos sie bekleckern möchten, übrigens wählerisch zu sein. Eine Studie des englischen Autozulieferers Halfords
kam zu dem Ergebnis, dass 18 % der Vogelexkremente auf roten Autos zu finden sind, 14 % auf blauen und 11 % auf schwarzen. Weiße, graue und grüne Autos erregen bei Vögeln für ihre Darmentleerung offenbar weniger Aufmerksamkeit. Eine Umfrage unter den Vögeln zu den Gründen für diese Farbwahl fand übrigens nicht statt.
Mir persönlich gehen bei dieser Studie viele Fragen durch den Kopf, etwa, auf welche Farben der erkleckliche Rest entfällt. Aber auch wenn die Statistik möglicherweise hanebüchen erscheint, ist das hier unerheblich – aufmerksamkeitserregender ist vielmehr, dass auf Meertext Studien aus der Automobilindustrie überhaupt zitiert werden.

Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass Vögel auf die Farbe “Rot” stark reagieren, und sie als gefährlich oder köstlich einstufen.
Geoff LeBaron, Audubon’s Christmas Bird Count Director, glaubt nicht, dass die Farbe des Autos eine Rolle spielt, sondern eher der Seitenspiegel: “As far as I know, there’s no correlation between the color of a car and whether it gets pooped on. Two things do seem to determine whitewash. One is if a bird sees its reflection in the side mirror of the car. Then the bird will sit on the door and attack its reflection in the mirror, and there will be quite a stream of droppings . . . And if the car is closer to a nest, feeders, or a roosting spot—yes, it’s more likely to be the recipient of whitewash.”
Aber, so schreibt der Autor Chason Gordon am Ende des Beitrags, Vogelkot ist nicht nur schlecht! Vogelexkremente enthalten oft Pflanzensamen, die die Darmpassage unbeschädigt überstehen. Gemeinsam mit dem Klecks Stickstoff können so auch an nährstoffarmen Plätzen Pflanzen wachsen. Durch diese Unterstützung der Fauna entschärft Vogelkot auch den Klimawandel!

Warum sind Vogelexkremente weiß?

Der weiße Klecks aus der Kloake unserer gefiederten Freunde ist, genau betrachtet, eine Mischung aus Urin und Kot. Vögel scheiden feste und flüssige Stoffwechselendprodukte gemeinsam und gleichzeitig aus der gleichen Körperöffnung aus. Oftmals sind Vogelexkremente zweifarbig, grau-grünlich und weiß. Der eigentliche Kot ist dunkler gefärbt, der dem Urin entsprechende Anteil ist weiß. Je nach Vogel und Mahlzeiten, können die Anteile unterschiedlich groß sein.
Der SWR hat es perfekt erklärt: „Der Urin der Vögel ist relativ fest, weil sie ziemlich wenig Wasser trinken. Sie trinken kaum auf Vorrat, denn das würde sie unnötig schwer machen und beim Fliegen behindern.
Warum aber ist dieser Vogelurin weiß und nicht wie bei uns gelb? Es gibt zwei Unterschiede. Erstens: Unser Urin besteht aus Harnstoff, und der ist farblos transparent. Vogelurin dagegen besteht aus Harnsäure, und die hat einen weißen Grundton. Zweitens: Der menschliche Harn enthält rote Blutkörperchen – in starker Verdünnung sorgen die für die gelbe Farbe. Die roten Blutkörperchen werden in unserem Körper regelmäßig ausgewechselt und die Entsorgung findet über den Urin statt. Vögel behalten ihre roten Blutkörperchen länger und scheiden sie deshalb seltener aus. Im Urin der Vögel gibt es also keine roten Blutkörperchen, deshalb behält der Urin die weiße Farbe der Harnsäure.“

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Kommentare (27)

  1. #1 Gerhard
    25. Januar 2018

    Volltreffer zu letzt, sowas ist Schicksal 🙂
    Ich frage mich, wieso der Vogel nicht aus der Schußlinie ging. Der Übeltäter hat ja sein Vorhaben gut genug angekündigt.

    Danke für den Artikel ! Informativ.

  2. #2 rolak
    26. Januar 2018

    was auch immer

    Nun, angesichts jenes Angesichts wohl deutlich höhenstrukturierte Flatschen mit auffälligen, dunklen Flecken.

    Weiß-Violett. Kein neuer KarnevalsVerein, sondern die typische KlecksFärbung in der Gegend der Arbeitsstätte. Die Grundlage, rote Beeren der dort kilometerlang angepflanzten Hecken, wird bevorzugt bei ‘besonders kalt’ gefuttert und verzieren dann indirekt die Baum±2-PKW. Besonders dekorativ auf weiß-, silber- und gelb-Varianten 😉
    Ansonsten (farblich und jahreszeitlich) gibts dafür erfreulich wenig ExtraDeko.

    Schnell noch ein DankGebet, daß Kühe nicht fliegen können.

  3. #3 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @Gerhard: Das habe ich mich auch gefragt. Schließlich verklebt Kot das Gefieder. Gerade das Pinguingefieder mit seinen Spezialanpassungen ist in seiner Funktionalität die Lebensversicherung dieser Vögel in einer extremen Umgebung. Aber vielleicht löst der Kot sich im Meer ganz schnell?

  4. #4 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @rolak: Ja, diese Beerenmahlzeiten ergeben wirklichh tolle Farben. Das tiefe Violett dürfte auf rotem Lack glücklicherweise weniger Schaden als auf weißem Lack anrichten : ) Wir sollten auch dankbar sein, dass in Europa heute keine großen Vögel mehr in freier Wildbahn existieren:

    Ich möchte nicht wissen, wie die Darmentleerung bei einer Diatryma ausgesehen haben mag.

  5. #5 RPGNo1
    26. Januar 2018

    Poesie über Vogelscheiße (bei diesem Post darf man es ja frei heraus verkünden) – Wunderbar! 😀

  6. #6 Alderamin
    26. Januar 2018

    In Schweden hat mir mal ein Geschäftspartner erzählt, dass eine Vogelart (die er mangels Kenntnis des englischen Namens einfach mal als “Shit-birds” bezeichnete) die Bäumen auf den kleinen Schäreninseln zum Absterben bringen. Ich nehme mal an, er meinte die dort zahlreich herumlungernden Kormorane. Deren Exkremente scheinen wohl besonders scharf zu sein.

    Da lob ich mir die Wellensittiche, die nur kleine, runde, gut trocknende und mit dem Finger greifbare Krümelchen produzieren.

    (Wir sind aber schon lange von Wellensittich auf Hauskatze umgestiegen, und die gehen netterweise aufs Katzenklo; vorbildlich!)

  7. #7 Petra
    26. Januar 2018

    Toller Artikel! Mit dem Vogelkot habe ich jedenfalls weniger Probleme als mit den Hinterlassenschaften von Nachbars Katze im Garten. Guano frei Haus.

  8. #8 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @Petra: Es kommt immer ´drauf an, was der Vogel gefressen hat. Pflannzenfresser produzieren ehr nicht so übel ätzenden und riechenden Kot, dafür aber mehr. Wie etwa Gänse – auf Borkum haben wir an deren Übernachtunsgplätzen am Strand Kothaufen bestaunt, bei denen wir eher einen Strauß als Verursacher vermutet hätten. Da aber auf Borkum keine Straße leben, ware es wohl die Gänse : ) Vögel, die auch Fleisch oder Fisch fressen, produzieren wesentlich ätzenderen Kot, der auch wesentlich strenger riecht. Im Vergleich zu Katze ist das aber auch von der Menge her einfach weniger.

  9. #9 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @Alderamin: Das hört sich tatsächlich nach Kormoranen an. Eine der Inseln im Plöner Seeist die Schlaf- und Bruinsel der Kormonare, dort stehen nur noch Baumskelette. Ja, Wellis sind da einfach eine andere Nummer : ) Deren Kot riecht ja auch wirklich nicht schlimm.

  10. #10 stone1
    26. Januar 2018

    Schnell noch ein DankGebet, daß Kühe nicht fliegen können.

    rofl, ymmd @rolak

  11. #11 RPGNo1
    26. Januar 2018

    @Bettina Wurche

    Ich möchte nicht wissen, wie die Darmentleerung bei einer Diatryma ausgesehen haben mag.

    Ich überlege gerade: Vögel sind die direkten Nachkommen von Raubdinosauriern (Maniraptora). Wie groß mögen denn deren Kotmengen gewesen sein bzw. wie weit sind die Ausscheidungen wohl gespritzt? Unter den Deinonychosauria und den Oviraptorosauria gab es ziemlich große Exemplare (Utahraptor, Gigantoraptor).
    Bei denen hätte ich nicht in der Nähe stehen mögen, wenn sie ein Bedürfnis überkam. 🙂

  12. #12 Aginor
    26. Januar 2018

    Schöner Artikel!

    Einfach mal über die interessanten Aspekte von Vogelkacke oder ähnlichem reden können. Das macht für mich unter anderem den Spaß an der Biologie aus. 😀

    Bitte immer weiter so!

    Gruß
    Aginor

  13. #13 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @RPGNo1: Nicht alle Vögel spritzen den Kot heraus, einige setzen ihn auch einfach ab. Von Dinso sind ja einige fossile Kotballen erhalten, versteinerter Kot heisst Koprolith. Und über T. rex ist bislang folgendes bekannt: “Das 7100 Gramm schwere Objekt mit den Maßen 44 mal 16 mal 13 Zentimeter entpuppte sich als versteinerter Kotballen eines T. rex (siehe Bild auf Seite 46 oben). Dieser Koprolith ist der erste eindeutige eines Theropoden. Er ist mehr als doppelt so groß wie das größte bisher beschriebene solche Fossil eines Raubtiers.” https://www.spektrum.de/magazin/die-wahrheit-ueber-tyrannosaurus-rex/825859
    Der Spektrum-Artikel ist großartig : )
    PS: Der Koprolith ist ja versteinert, also nicht mehr flüssig. Der Kotballen ist sicherlich zunächst ein- und getrocknet, hat also mit der Flüssigkeit beträchtlich an Volumen eingebüsst. Das bedeutet, dass er frisch noch etwas größer gewesen sein dürfte. Ich habe tatsächlich bis heute keine aktuopaläontologische Publikation zum Volumenverlust von Kotballen gelesen, das dürfte interessant sein.

  14. #14 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @Aginor: Na klar : ) Als Biologe hat man immer genügend spannenden Gesprächsstoff. Bei Tischgesprächen sollte man allerdings auf mögliche mit am Tisch sitzenden Nicht-Biologen mit zarten Gemütern etwas Rücksicht nehmen. Unser Schülerpraktikanten hat letzte Woche beim Mittagessen (=Arbeitsgruppenbesprechung + Socializing) ein wenig irritiert geguckt.
    Zu Studienzeiten haben wir so aber schnell in der überfüllten Mensa einen Tisch für uns gehabt : ))

  15. #15 Alderamin
    26. Januar 2018

    @rolak

    Schnell noch ein DankGebet, daß Kühe nicht fliegen können.

    Sagt wer?

  16. #16 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @Alderamin: Das hat mir auch zu posten in den Fingern gejuckt : )

  17. #17 RPGNo1
    26. Januar 2018

    @Bettina Wurche
    Danke für den Link zum Spektrumartikel. Sehr lehrreich.

    Was die Darmentleerung bei Dinos angeht: Ich hatte meine Auswahl bewusst auf die unmittelbaren Vorfahren der Vögel, also die Maniraptora eingeschränkt.
    Und zuletzt: Meine Frage zum Dinokot war auch ein wenig scherzhaft gemeint, weil mir nämlich eine Filmszene aus Jurassic Park in den Kopf kam: Der niesende Brachiosaurus und sein Nasenrotz. 🙂 Vielleicht hätte ich doch besser den Zwinker-Smiley setzen sollen.

  18. #18 Alderamin
    26. Januar 2018

    @Bettina

    Ich sehe, Du folgst auch dem Rainer auf Twitter. Den kenne ich früher aus Aachen, der war bei uns im Astronomie-Verein (und hat mich überhaupt mit dem Verein zusammen gebracht). Hab’ ihn neulich mal auf einer Astronomie-Börse in Essen getroffen. Ihr scheint ja öfters zusammen rumzuhängen. Schönen Gruß, wenn Du ihn mal wieder siehst.

  19. #19 Bettina Wurche
    26. Januar 2018

    @RPGNo1: Ach soooo… zu den Maniraptoren habe ich leider keinen Koprolithe gefunden.

  20. #20 rolak
    26. Januar 2018

    Das gildet nich! (genausowenig wie für mich und hinter mich) Einerseits sinds da die Mitfahrenden, die in Verdacht geraten würden und außerdem gilt der Pegasus ja auch nicht als ordinärer Zossen.

  21. #21 wereatheist
    27. Januar 2018

    Lieblingswitz des amerikanischen Autors Kurt Vonnegut (leider schon tot):
    “Q: What is the white stuff in bird poop?
    A: That’s bird poop, too.”

  22. #22 tomtoo
    27. Januar 2018

    Das ist aber mal hübsch aufgearbeitete shyse.

    Danke Bettina ! ; )

  23. #23 Dampier
    28. Januar 2018

    Vogelscheiße und Weltpolitik:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Guano_Islands_Act

    Dieses nach wie vor gültige Gesetz besagt, dass jeder US-Staatsbürger, der eine unbewohnte und von niemandem beanspruchte Insel entdeckt, auf der es eine bestimmte Sorte von abbauwürdigen Vogelexkrementen gibt, sie für die Vereinigten Staaten annektieren darf.

  24. #24 Bettina Wurche
    28. Januar 2018

    qDampier: rofl – der ist gut. Ist das vielelicht auch ein Grund, warum Buzz Aldrin so unbedingt zum Mars will? lol

  25. #25 Dampier
    31. Januar 2018

    Der Guano Islands Act als Auslöser der interplanetaren Expansion? Das wäre vielleicht mal ‘ne Trilogie wert.

  26. #26 Dampier
    31. Januar 2018

    Einer Bekannten von mir hat mal ein Pelikan ins Auge geschissen. Das ist weit weniger lustig als es klingt …

    Der schönste Vogelschiss war, als wir in Brasilien eine verfallene Kirche erkundeten und eine riesige weiße Eule flog vom Querbalken auf und hinterließ ein riesiges weißes Z in der Luft, das dann mit lautem Klatschen den Steinboden traf.

  27. #27 Bettina Wurche
    2. Februar 2018

    @Dampier: Vogelschiss ins Auge – und dann Pelikan-size – hört sich wirklich übel an.