Nearly the entire natural range of the species is visible in this photo. The equipment is used to monitor water level (Wikipedia: Devils Hole pupfish)

Stärke 7,9 auf der Richterskala – in den frühen Morgenstunden des 23. Januars 2018 bebte in Alaska mal wieder die Erde. Alaska liegt auf dem pazifischen Feuerring, einem tektonisch hoch aktiven Gebiet!
Glücklicherweise kam es nicht zu einem verheerenden Tsunami, der Pazifik begnügte sich mit einer gerade mal 8 Inch hohen Flutwelle, das entspricht, 20,3 Zentimetern.

Aber natürlich sendete das schwere Beben seine seismischen Schockwellen bis weit nach Süden, bis ins Tal des Todes (Death Valley). Obwohl das Death Valley in der Wüste liegt und für seine Trockenheit berüchtigt ist, gibt es hier und in der weiteren Umgebung doch Wasserstellen. In dem für Menschen eher ungenießbaren Wasser, das mineraliengesättigt und versalzt ist, leben sogar einige Fische.
In den versalzten Tümpeln und wasserlöchern des karstigen Gebiets schwimmen Vertreter von 6 Fischarten aus der Familie der Cyprinodontidae (Kärpflinge). 5 Arten gehören zur Gattung der Wüstenkärpflinge und sind „Eingeborene“, also endemisch. Der Teufelskärpfling (Devils Hole pupfish, Cyprinodon diabolis) ist einer von ihnen und zugleich der wohl seltenste Fisch der Welt – aktuell leben dort noch 115 Exemplare, die Art ist vom Aussterben bedroht. Teufelskärpflinge ernähren sich vor allem von den Kieselalgen. Die 6. Art ist der von Menschen eingeschleppte Koboldkärpfling, eine invasive Art.

Devil’s Hole pupfish swimming over an algae mat (Wikipedia: Cyprinodon diabolis)

Die weltweit einzige Population des Teufelskärpflings lebt in einem kleinen Kalksteinbecken von 5 × 3,5 × 3 m Größe, das sich über einer Warmwasserquelle (Devils Hole) befindet. Das Wasser ist zwischen 32 und 38 °C warm. Das Devils Hole selbst liegt in 15 Metern Tiefe. Das Teufelsloch enthält kein für Menschen genießbares Wasser, sondern ist stark salzhaltig.
Durch die seismische Schockwelle des Erdbebens ist der Wasserkörper des Devils Holes in Schwingungen versetzt worden, es kam zu Seiches. Seiches sind Wellen, „die entstehen, wenn Beckenränder Wellen reflektieren und deren Wellenlänge in Resonanz mit dem Becken liegt“ (Wikipedia: Seiches). Also keine Tsunami-Wellen, die ja durch die Auf- oder Abbewegung des Meeresbodens selbst entstehen.
Diese Seiche-Wellen im Devils Hole waren mit über einem Fuß Höhe (=30,4 Zentimeter) deutlich höher als der Tsunami im Pazifik. Dass ein weit entferntes Erdbeben an der Pazifikküste Seiches in den Wasserstellen der Wüste von Nevada auslöst, ist unter den Mitarbeitern des Parks längst bekannt, sie haben das bereits mehrfach beobachtet: “It’s crazy that distant earthquakes affect Devils Hole,” erklärt Kevin Wilson, ein Süßwasser-Ökologe des Death Valley National Parks, gegenüber der Presse. “We’ve seen this a few times before, but it still amazes me.”

Allerdings hat die kleine Wasserwelle größere biologische Wellen geschlagen: Sie hat die 2 bis 3,4 Zentimeter winzigen Teufelskärpflinge zum Ablaichen angeregt!
Die biologisch-technische Assistentin Ambre Chaudoin hat die Fischlein beim Laichen beobachtet und erklärte gegenüber der Presse, dass das die normale Reaktion der Kärpflinge auf eine Störung sei. Zum Ablaichen haben die Männchen ihr prächtiges blaues Laichkleid angelegt. So ist die

Fortpflanzung der Mini-Fische auch für Menschen nicht zu übersehen.

In einem Interview 2012 anläßlich eines Erdbebens in Mexiko und der danach folgenden Seiche im Devils Hole meinte Kevin Wilson: “[…] the tidal effects of earthquakes have been directly observed on only three occasions since a 1976 Supreme Court ruling preserved the Devils Hole pupfish by restricting agricultural pumping of the Amargosa Valley aquifer. “More people have walked on the moon than have witnessed the effects of an earthquake at Devils Hole,”.
[In April 2010, U.S. Geological Survey researcher Ambre Chaudoin captured a Devils Hole tsunami with cameras tightly focused on the bottom of the pool. This was the first video of such an event: Video Shows Baja Earthquake Created a Devilish “Mini-Tsunami” for Endangered Devils Hole Pupfish]

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Kommentare (20)

  1. #1 Gerhard
    26. Januar 2018

    Spannend, danke! 🙂

  2. #2 Bettina Wurche
    27. Januar 2018

    @Gerhard: So eine unglaubliche Geschichte musste einfach erzählt werden : )

  3. #3 rolak
    27. Januar 2018

    in den frühen Morgenstunden

    Jetzt dämmert die Erinnerung: Irgendwann die Woche lief auf Arbeit im HintergrundRadio irgendwas mit TsunamiRisiko – das war wohl wg ‘mehr kam nicht’ hinten runter gefallen..

    ~”entspricht 20,3cm” – sorry, aber bei sowas muß ich immer grinsen. Viel zu viele BuchEindeutschungen gesehen, in denen zB “mit 9,14 Meter Abstand” als gute, sinnvolle Übersetzung von “10 yards behind” verkauft werden sollte. Generell allerdings pillepalle. Und insbesondere hier – denn das es Wasserstellen im Death Valley gibt, war bekannt, daß dort einige seltene Tiere leben, auch, doch daß da auch Endemiten drunter sind finde ich ziemlich verblüffend – Leben inmitten der Evolution hin oder her. Ne Pfütze mit ner eigenen Lebensform^^ ..und als Kinder fanden wir es schon recht unheimlich, wenn ein paar Tage nach SchlechtWetter auf dem Feldweg in einer TraktorSpurrillen-Pfütze (ja, wir sind Flach- und Tiefland-Geborene, da steht Regenwasser teils ewig ;·) ) urplötzlich und aus dem Nichts Kaulquappen zappelten.

    Seiches kennt übrigens ‘jeder’ aus der berüchtigten Jurassic-Szene.

  4. #4 RPGNo1
    27. Januar 2018

    115 Kärpflinge in einem Lebensraum von 52,5 m 3 Größe, isoliert vom Rest ihrer biologischen Verwandten. Was für ein großartiger Beweis für die Macht der Evolution.

  5. #5 Alderamin
    27. Januar 2018

    @rolak

    Seiches kennt übrigens ‘jeder’ aus der berüchtigten Jurassic-Szene.

    Deswegen sind sie auch als Dinosaurier Detektoren bekannt. 🙂

    Dass diese Wellen die Fische zum Ablaichen bringen, ist gar nicht mal verwunderlich. Bei Aquarianern ist bekannt, dass man Fische oft zur Vermehrung verleiten kann, indem man ihnen Frischwasser gibt. Wahrscheinlich dachte sich die Evolution (ich weiß, dass die nicht denkt oder plant…), anscheinend hat‘s in den Bergen geregnet, da ist die Wasserversorgung für den Nachwuchs für die nächste Zeit sicher gestellt. Bei einem Erdbeben zwar nicht, aber woher sollen die Fischein das wissen?

  6. #6 Alderamin
    27. Januar 2018

    @RPGNo1

    Im Salt Creek im Death Valley gibt es auch eine kleine Population von Wüstenkärpflingen, die in dem manchmal trocken fallenden Bach mit dem vierfachen Salzgehalt des Meeres überleben. Sie werden, glaube ich, nur ein Jahr alt, aber ihr Laich überdauert trockene Perioden. Sie halten Temperaturen von 0° bis weit über 40°C aus und sind die letzten Überlebenden der Fischwelt des einst riesigen Manly-Sees, der das Tal vor dem Ende der letzten Eiszeit zuletzt gefüllt hatte. Auf der Info-Seite Visit California steht, ihre Anpassung sei in etwa so, als ob man sich von Trinkwasser auf Benzin angepasst hätte. Das Leben ist großartig.

  7. #7 rolak
    27. Januar 2018

    (ich weiß, dass

    Oh wie nett, noch ein forciertes Grinse/Kichern, danke! Das “Hell, I ROFLd in RL”-Phänomen. Gewisse FormulierungsFormen wie diese prophylaktischen RückzugsGefechte sind mir (auch?) schon unnötig in den Alltag gerutscht – immer wieder innerlich erheiternd. Doch zusätzlich ändert sich nicht erst seit, doch durchaus auch wegen den SBs die Denkwelt.

    Grad eben zB kam (eines meiner lieben WE-Rituale) eine meiner LieblingsSendungen zur Ansicht, von schrägster Machart, immer wieder Brüller liefernd, [!Autostart!mediathek-verfall!] GPS sehr anschaulich erklärend. Da saß ich dann auch wieder mit deutlich breiterer Mundgestaltung rum, im Kopf nur “Ne Sendung für den Name auf Verlangen entfernt. Die sieht der als Beweis. Weil, »die haben die *RT überhaupt nicht erwähnt!!!!!1elf!«”
    *ich*konnt’*nicht*mehr*

  8. #8 RPGNo1
    27. Januar 2018

    @Alderamin
    Danke für den Hinweis, ich werde mal im INet ein wenig nachforschen.

  9. #9 tomtoo
    27. Januar 2018

    @Bettina
    Unvorstellbar, wie die sich angepasst haben. Gab’s da schon Zuchtversuche ? Oder hat man zu sehr Angst, da zu intensiv in den Bestand einzugreifen ?

  10. #10 tomtoo
    27. Januar 2018

    Alles in allem denke ich immer die Evolution könnte sich niemand, selbst mit extremer Phantasie ausdenken.

  11. #11 tomtoo
    27. Januar 2018

    Misst nicht falsch verstehen, ist einfach Hammer, was so alles passiert.
    Extreme Drücke, extremer Salz,Acid gehalt. Temperaturen usw. Wie würde Spock sagen ? Faszinierent !

  12. #12 Bettina Wurche
    27. Januar 2018

    @tomtoo: Alles gut, ich finde das ja auch immer wieder unglaublich. Es ist ein schönes Beispiel für Artbildung zum Zugucken (wie bei den Buntbarschen im Tanganjikasee). Und mal wieder so abgefahrene Anpassung selbst von Wirbeltieren an absolut extreme Lebensräume. Die schwimmen letztendlich in Salzsole. Könnte gut sein, dass, wenn sie sich treffen, mehrere der Arten sich gemeinsam fortpflanzen können. Zumindest bei den Buntbarschen im Tanganjikasee ist das der Fall. Es sind also möglicherwesie keine echten Arten nach der alten Definition. Aber dieses alte Artkonzept ist ja in Auflösung, wegen genau solcher Beispiele. Nach Zuchten habe ich nicht recherchiert, dazu kann ich nichts sagen.

  13. #13 Bettina Wurche
    27. Januar 2018

    @Alderamin: Dinosaurier-Detektoren – lol. Und diese Fisceh sind definitiv hardcore, ich bin auch immer wieder überrascht, dass es überall Leben gibt, auch unter solchen Bedingungen.

  14. #14 tomtoo
    27. Januar 2018

    @Bettina
    Bei so extremer Anpassung selbst von Wirbeltiere schwirt mir der Kopf schon wieder vor tausenden Fragen.
    Wie lange geht das schon ? Also die Anpassung ?
    Was sind die nähesten weniger extremen Verwanten ?
    Gibt es DNA Untersuchungen ? Worin sie sich unterscheiden
    usw…usw : ) sry.

  15. #15 tomtoo
    28. Januar 2018

    @Bettina

    Sind die nicht auch cool ?

    Da hat doch glatt jemand ein Video von mir , direkt nach dem Aufstehen, vor meinenem Kaffee gedreht. ; )

    https://www.spektrum.de/news/bizarre-raritaet-bekommt-zuwachs/1535475?utm_source=zon&utm_medium=teaser&utm_content=news&utm_campaign=ZON_KOOP

  16. #16 RPGNo1
    28. Januar 2018

    @tomtoo
    Handfische, nicht schlecht. Ich setze die Schlammspringer dagegen. 🙂
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e0/GambianMudskippers.jpg

  17. #17 Bettina Wurche
    28. Januar 2018

    @tomtoo: Ja, die Handfische sind auch wirklich klasse!
    Die Wüstenkärpflinge sind so oft untersucht und analysiert worden, dass ich mich farge, ob es mehr Fische oder mehr Publikationen dazu gibt. “Cyprinodonitae” und “evolution” eingibst, findest Du ne Menge dazu, über die Wüstenpopulationen und die an anderen Orten der Welt.
    Diese Fischgruppe scheint ein Genom zu haben, das zu besonders schneller Veränderung/Anpassung neigt. Auch ihre Physiologie dürfte Besonderheiten haben, sonst würden sie sich nicht ansolche extremen Standorte an passen können. Das Genom ist wohl weitestgehend entschlüsselt.
    https://blogs.scientificamerican.com/running-ponies/the-plan-to-save-the-rarest-fish-in-the-world/
    https://fishlab.ucdavis.edu/2011/05/05/explosive-evolution-in-pupfish/
    https://www.newscientist.com/article/2075275-devils-hole-pupfish-might-be-reincarnated-even-if-it-died-out/
    https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2014WR015511/pdf
    Viel Spaß beim Lesen : )

  18. #18 Bettina Wurche
    28. Januar 2018

    @RPGNo1: Die sind auch knuffig.

  19. #19 tomtoo
    28. Januar 2018

    @Bettina

    Oh, danke ! Futter ! : )

  20. #20 RPGNo1
    28. Januar 2018

    @Bettina Wurche

    Die sind auch knuffig.

    Nicht wahr? Bei Fischen denke zumindest ich selten an knuffig. Bei den Schlammspringern ist es jedoch anders.