Mit Gelata ist mitnichten exquisites italienisches Speiseeis gemeint und die #JellyWeek im Monterey Bay Aquarium hat nichts mit Fruchtgummis zu tun.
Vielmehr geht es um die kristallen-durchscheinenden Wesen der Wassersäule, das gelatinöse Plankton. Zerbrechliche Tiere unterschiedlicher Größe – Quallen oder Medusen, Rippenquallen (Ctenophora), Pfeilwürmer (Chaetognatha) und Salpen (Thaliacea), Krebse (Crustacea), Würmer und Weichtiere (Mollusca). Dazu noch Larven nahezu aller Tierstämme des Meeres.
Ihre Transparenz ist eine perfekte Tarnfärbung in der Wassersäule des offenen Ozeans. Zum Ausgleich für die Durchsichtigkeit können erstaunlich viele von ihnen in allen Regenbogenfarben flimmern und blinken.
Der hohe Wassergehalt dieser Organismen macht sie fragil, sie haben eine ähnliche Dichte wie Meerwasser. So sparen sie sich auch, sich aktiv um ihren Auftrieb kümmern zu müssen – ihr Auftrieb ist nahezu neutral. Da sie in der Wassersäule leben, einer Umgebung ohne mechanische Barrieren, brauchen sie auch keine besondere mechanische Festigkeit. So können Rippenquallen schnell zu beachtlichen Größen anwachsen und verbrauchen nur wenig Energie. Die Körperhülle der gerippten Hohltiere besteht übrigens nur aus zwei Schichten, fast alle anderen Organsimen der Erde haben eine dreischichtige Außenhaut.
Der Zwischenraum ziwschen Innen- und Außenschicht ist mit der Mesogloea gefüllt: ein transparentes Gelee mit vielen Kollagenfasern und Bindegewebszellen. Die Mesogloea ist extrem wasserhaltig, wie der gesamte Organismus und funktioniert als pneumatische Stabilisation.
Leucothea pulchra – die wunderschöne Meeresgöttin
Ihre transparente Schönheit ist überirdisch, so schwärmen die Biologen des Monterey Bay Aquarium von der Rippenqualle Leucothea. “Gerade eben organisiertes Wasser (barely organzied water)” nennen sie den durchsichtigen Organismus mit den acht flirrenden Wimpernsäumen. Schon eine Handbewegung könnte die fragilen Tiere zerstören. Nesseln kann die Rippenqualle nicht – sie ist nicht verwandt mit den zu den Nesseltieren gehörenden Quallen. Statt der Nesselzellen verfügt sie über Wimpern, die in acht Rippen angeordnet sind und zur Fortbewegung dienen: “Die Schlagbewegung der angeregten Geißelplättchen setzt sich in Wellen über die Rippen fort. Die so entstehenden Bewegungsmuster erzeugen bei geeigneter Beleuchtung Interferenzfarben und sind zum Beispiel im Sonnenlicht mit bloßem Auge als regenbogenfarbig durchlaufende Lichtreflexe entlang der Rippen sichtbar.” Koordiniert werden dieser Wimpernschlag und die Schwimmrichtung durch die Statocyste.
Der gläserne Organismus ist ein Jäger – zwei lange Tentakel mit Klebezellen (Colloblasten) erhaschen die Beute.
“They are voracious predators—kind of top of the food chain as far as plankton goes,” eating small crustaceans like copepods, mysid shrimp and krill, Wyatt says. They also feast on pelagic worms and larval fish. The team was also surprised to discover that “they will happily eat other jellies. That was something that we did not know.”. Den Begriff “voracious predators” musste ich einfach so stehen lassen, dabei denkt man eigentlich ja eher an einen Velociraptor als an eine Rippenqualle.
Die schöne Durchsichtige ist – wie viele ihrer gelatinösen Verwandten – Zwitter und offenbar dennoch recht diffizil bei der Fortpflanzung. Nur wenige Rippenquallen sind sich bei der Fortpflanzung selbst genug, die meisten brauchen einen Partner-Partnerin zur Fortpflanzung. In ihrem Tiefsee-Darkroom werden sie wohl durch Lichtblitze zur Abgabe ihrer Geschlechtsprodukte animiert, einige Rippenquallen-Arten sind sogar lebendgebärend. Das Team des Monterey Bay Aquariums hat wohl erstmals überhaupt Leucothea zur Fortpflanzung animieren können.
Winzige Rippenquallen – “Teeny Leucothea” – von der Größe eines durchschnittlichen Fruchtgummis gaben vor den staunenden Besuchern einer Schweb- und Flimmershow. Der vermeintliche Teenie ist ein Zwischenstadium, das sogenannte Cydippea-Stadium, zwischen Larven und erwachsenem Tier und sieht dem erwachsenen Geleetier schon sehr ähnlich.
Die Rippenquallen gehören zum Plankton, dem Schwebenden, sie bewegen sich nur bis zu einem gewissen Grad aktiv fort, daneben werden sie mit den Bewegungen des Wasserkörpers verdriftet. Durch das ständige Flimmern und Spektralfarben-Blinken wirken sie etwas hippelig.
Die Ctenophoren bilden einen beträchtlichen Teil des gelatinösen Planktons. Auch wenn die transparenten Meerestiere, wie Medusen, sicherlich keinen allzu hohen Nährwert haben, sind sie offenbar lohnenswerte Häppchen für andere Rippenquallen, Medusen, Meeresschildkröten und verschiedene Fischarten.
Auch in der Nordsee kommen einzelne Arten vor, wie die Seestachelbeere (Pleurobrachia pileus) oder die Melonenqualle (Beroe gracilis) und die Meerwalnuss (Mnemiopsis leidyi) – ein ganzer maritimer Obstsalat. Die Namensgebung finde ich irritierend, mir drängt sich der Vergleich der gelatinösen Wesen mit Obst und Nüssen eher nicht auf. Ich denke da eher an Wackelpudding oder Fruchtgummis.
Venusgürtel
Der Venusgürtel Cestum venerus dürfte der ungewöhnlichste Vertreter der Rippenquallen sein, er gehört zur Ornung Cestida. Die langgestreckte, durchsichtige Struktur des Tieres, die sich windend und schillernd durchs Meer schwebt erinnert wirklich eher an den Gürtel der Göttin der Schönheit, als an ein Tier, das lebt, jagt und sich fortpflanzt. Diese Rippenqualle lebt in tropischen und subtropischen Gewässern und ist mit bis zu 1,50 Metern Länge die größte Rippenqualle.
Im Video wird deutlich, wie ungewöhnlich dieses Meereswesen ist:
Anderes gelatinöses Plankton habe ich auf “meertext” schon an anderer Stelle vorgestellt: Medusen (hier und hier) und Würfelquallen, Salpen (hier und hier), Schnecken wie die Häubchenschnecke oder das Saphirkrebschen.
Nur die Pfeilwürmer stehen noch aus.
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