War Gagarin nun der erste Mensch im Weltraum?
Wisnewski glaubt nicht, dass die Wostok fliegen konnte, zweifelt an Gagarins Eignung und Ausbildung als Flieger und Kosmonaut und behauptet, offizielle Photos von Gagarin in der Kapsel seien gefälscht.
Seine wichtigsten „Argumente“ sind oft das Nicht-Vorhandensein von Unterlagen oder Nachweisen. Die mündliche und schriftliche Kommunikationsarmut der Sowjetunion zu Raumflügen, Gagarin und anderen Weltraumangelegenheiten sind für ihn ein Beweis, dass die sowjetische Raumfahrt so nicht stattgefunden haben kann. Dabei ist die Geheimniskrämerei der ehemaligen Sowjetunion niemals ein Geheimnis gewesen.
Beim Lesen fällt auf: Für seine Behauptungen etwa bezüglich der angeblich schlechten Ausbildung und des angeblich schlechten persönlichen Zustandes Gagarins benennt Wisnewski keine Quellen, die meisten seiner Vor- und Anwürfe scheinen ihm selbst eingefallen zu sein. Der Stil des Buches ist durch und durch polemisch, das fällt beim lesen unangenehm auf. Den Zweifel hat er zur Kunstform erhoben, ohne seine Behauptungen irgendwie untermauern zu können.
Ganz nebenbei: Gagarin war in seiner Kapsel lediglich Nutzlast, er sollte nur lebendig zurückkommen. Ansonsten war alles automatisch geregelt und geplant. Seine Ausbildung und Erfahrung als Flieger, seine Gewöhnung an Druckanzug, Enge im Cockpit, starke Beschleunigungen und seine Nervenstärke dürften seine wichtigsten Qualifikationen gewesen sein. Außerdem hatte er die richtige Größe und die richtige Biographie. Dass viele seiner Zitate einstudiert gewesen sein dürften überrascht wirklich nicht. Die Anforderungen an diesen Raumfahrtpionier unterscheiden sich erheblich von den heutigen Ansprüchen an forschende Astronauten mit PR-Schulung und ihren Kenntnissen der Raumfahrzeuge, in denen sie sich bewegen und leben.
Hall und Shayler schreiben extrem sachlich und benennen ihre Gesprächspartner detailliert. Aufgrund eher nicht so umfangreicher schriftlicher Quellen haben sie offenbar viele Informationen in Interviews mit den sowjetischen Ingenieuren, Kosmonauten und anderen am Projekt Beteiligten gewonnen.
Das wundert nicht, denn die Geheimhaltung war so absolut, dass in den USA und anderen westlichen Ländern gerade eben der Name Koroljev bekannt war, aber darüber hinaus kaum etwas. Dabei war der geniale Ingenieur Koroljev der Kopf und die treibende Kraft für den Raketenbau auf sowjetischer Seite, und sozusagen der Gegenspieler Wernher von Brauns auf der US-amerikanischen Seite. Selbstverständlich gibt es da kaum schriftliche Quellen oder Presseberichte, die über den üblichen Propaganda-Sprech hinausgehen.
Alle Informationen in „Rocket Men“ geben gemeinsam ein detailliertes und in sich logisches Bild der Vorbereitung und Durchführung des sowjetischen Raumfahrtprogramms.
Auch spektakuläre Unfälle wie die Katastrophe in Baikonur 1960 auf der Startrampe, bei der alle dort arbeitenden Menschen und viele umstehende Beobachter – insgesamt 160 Menschen – verbrannten, kommen im Buch vor.
Und der Tod des jungen Kosmonauten Bondarenko kurz vor Gagarins Start im Training durch einen Unfall werden berichtet.
Neben den sowjetischen Quellen ergänzen die beiden „Rocket Men“-Autoren auch westliche Quellen. Für den Beweis des Starts und Ablaufs der Missionen wird etwa NORAD als externe Bestätigung genannt.
Hall und Shayler belegen ihre Zitate aus unterschiedlichen US-amerikanische und sowjetische bzw. russische Quellen ausführlich in einem Index, mit Angabe der Seitenzahlen.
Ein erheblicher Teil der Informationen stammt offenbar aus direkten Interviews des englischen Autoren Hall mit Vertretern der sowjetischen bzw. russischen Raumfahrt. Die genannten Personen sind in einem Appendix aufgeführt und kurz vorgestellt.
Gestört hat mich an „Rocket Men“ nur, dass die Autoren den Namen der Judica-Cordiglia-Brüder mit „Cordilla“ unsauber eingeamerikanischt haben. Das hätte man 2001 leicht recherchieren können.
Mein Fazit:
Dass mitten im Kalten Krieg die jeweiligen Gegner und Tausende Amateurfunker auf der ganzen Welt die Raumfahrtaktivitäten gespannt verfolgt und nicht dementiert haben, ist für mich der stärkste Nachweis, dass Gagarins Flug, die anderen Flüge, die Mondlandungen und andere Raumfahrtaktivitäten wie offiziell verlautbart stattgefunden haben.
Wie wenig gehaltvoll Verschwörungstheorien vom Kaliber Gerhard Wisnewskis sind, zeigt dieses Video eindrucksvoll:
Was der Apollo-Astronaut Buzz Aldrin von Mondlandungs-Leugner hält, ist hier dokumentiert:
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