Im Vergleich mit den zeitlich nahezu parallel entstandenen Star Trek- und Raumpatrouille Orion-Universen schneidet „2001“ schlecht ab. Auch wenn die Röcke kurz sind, versehen dort Frauen in Stiefeln ihren verantwortungsvollen Dienst, sie sind auch Hauptpersonen. Roddenbury hat zusätzlich noch eine multinationale Crew gebildet, was bis heute modern wirkt.
Hominiden-Choreographie und Match Cut über 3 Millionen Jahre
Auf die Frage nach seinem Lieblings-Exponat deutet Hans-Peter Reichmann auf eine Vitrine: Die Maske des Vormenschen Moonwatcher und ein roten Raumfahrerhelm liegen Seite an Seite. Beide Kopfbedeckungen scheinen im inneren Monolog zu stehen, sie bilden den Spannungsbogen vom Beginn der kulturellen Evolution des Menschen bis zur technischen, raumfahrenden Zivilisation ab. Das Herabsteigen des Menschen vom Baum und das Erklimmen der untersten Sprosse der Kardashow-Skala.
Maske und Helm stehen für den berühmten Match Cut des Films: der Vormensch Moonwatcher schlägt mit seiner Waffe, mit der er Tapire und andere Vormenschen getötet hat, auf Tapirknochen ein. Schließlich schnellt ein Knochen hoch und wirbelt auf einer Kreisbahn – am höchsten Punkt der Bahn kommt der harte Schnitt über die zeitliche Distanz von drei Millionen Jahren zum annähernd knochenförmigen Raumschiff im Weltall.
Mit einem Rudel als affenähnliche Gestalten verkleidete Schauspieler und zwei echten Schimpansen ließ Kubrick eine Horde von Vormenschen Szenen der Menschwerdung in Ostafrika nachstellen. Das erste Kapitel des Films – Aufbruch der Menschheit!
Das Leben im Sozialverband, das gemeinsame Essen und Nachtlager kennzeichnen den Menschen als soziales Rudeltier. Dann kamen die Umbrüche und Grenzüberschreitungen im Verhalten, die der Evolution einen neuen Input gaben: Der Gebrauch der Knochen als Werkzeug. Das Töten und Fressen eines Tapirs. Und zuletzt das Töten des anderen Clanchefs zur Verteidigung der Sippe und ihres Reviers.
Die afrikanische Steppe ließ Kubrick im Studio nachbauen, da die Reise der Filmcrew nach Afrika und die Ausleuchtung der Szenerie im Feld viel zu zeit- und kostenintensiv geworden wären. Großflächige Photographien des afrikanischen Hochlandes garantierten Detailgenauigkeit.
Ziel der Schauspieler war es, sich möglichst affenähnlich zu gebe. Der Pantomime-Lehrer Dan Richter sollte die Choreographie für die Affenhorde mit den richtigen Bewegungsabläufen erstellen. Richter studierte also echte Menschenaffen im Londoner Zoo und begann, ihre Bewegungen zu erlernen. Dann unterrichtete er seine „Horde“ und übernahm selbst die Rolle des Hominidenchefs Moonwatcher.
Diese Film-Sequenz erlangte durch herausragende Leistungen in Choreographie, Maske und Kostüm große Anerkennung. Für den Pantomimen Richter war sie offenbar auch ein persönlicher Meilenstein: Seine braunen Kontaktlinsen bewahrte er in einem kleinen Lederfutteral auf und stellte sie als Leihgabe für diese Ausstellung zur Verfügung.
Als Zoologin sehe ich sofort, dass dort ein Mensch einen Affen nachäfft – die Körperproportionen und die Stellung des Beckens lassen sich nicht verändern. Der Bewegungsmodus ist aber wirklich beeindruckend. Gern hätte ich gewusst, was den beiden jungen Schimpansen in dieser Szene durch die Köpfe gegangen sein mag.
Moonwatchers Maske besteht übrigens aus Latex und Pferdehaar. Latex ist ein Naturmaterial und nicht unendlich haltbar, so musste auch diese Maske vor einiger Zeit aufwändig restauriert werden. Von außen betrachtet, sie sie mit dem echten Tierhaar und den echten Tierzähnen (die nicht von einem Menschenaffen stammen) einem echten Affenkopf sehr ähnlich, irgendetwas zwischen Gorilla und Schimpanse.
Dazu erzählte mir Herr Reichmann folgende Anekdote. Als die nach der Restaurierung nach Toronto zur nächsten Station der Ausstellung gebracht wurde, bekam der Bote mit der Maske im Gepäck einen Begleitschutz, um anstandslos durch den Zoll zu kommen. Zu groß war die Gefahr, dass aufmerksame Zollbeamten den Affenkopf für echt halten könnten und den Überbringer wegen eines CITES-Verstoßes festsetzen würden. Schließlich stehen Menschenaffen unter strengem Schutz und dürfen keinesfalls gehandelt werden.
Außerirdische Lebensformen in 2001?
Kubrick war nicht nur fasziniert von der wissenschaftlich-technologischen Entwicklung, sondern natürlich auch von der Suche nach außerirdischem Leben und dem SETI-Projekt. Zu seiner Zeit war das Genre Science Fiction voller fliegender Untertassen und kleiner grüner Männchen auf dem Niveau von Flash Gordon und Buck Rogers.
Kubrick aber wollte mehr als Popcorn-Kino: Er wollte die Suche nach außerirdischem Leben und die Frage „Are we alone?“ als wissenschaftlich relevant für die Menschheit etablieren. So plante er einen Prolog für „2001“ aus Statements bedeutender Wissenschaftler und Gelehrter – Physiker, Astronomen, Theologen, und Philosophen. Er entwickelte dafür eine Liste mit Frage, auf die diese ausgewählten Redner antworten sollten. Unter den Rednern waren Isaac Asimov, Gerald Feinberg, B. F. Skinner Freeman J. Dyson und Margaret Mead. Daraus entstand ein 19-minütiger Prolog.
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