Strahlung besteht, sehr vereinfacht ausgedrückt, aus energetisch aufgeladenen subatomaren Partikeln, die Menschen oder Strukturen durchdringen können. Beim und nach dem Durchdringen menschlicher Haut können sie Zellen und Erbgut schädigen: „Schaden richtet die Strahlung an, indem sie Atome und Moleküle in unseren Körpern ionisiert: Durch die eingebrachte Energie kann zum Beispiel ein Elektron den Atom- oder Molekülverband verlassen und es bleibt ein positiv geladenes Ion zurück. Vorgänge dieser Art können chemische oder biochemische Reaktionen in den betroffenen Zellen auslösen und auf diese Weise – insbesondere im Erbgut – zu Schäden führen. Aufgrund ihrer Eindringtiefe haben die verschiedenen Strahlungsarten unterschiedliche Zielorgane.“
Bei niedriger Strahlungsdosis erhöht sich für ein menschliches Individuum das Risiko, an Krebs zu erkranken. Bei höherer Dosis besteht sogar die Gefahr der Strahlenkrankheit.
Mit absoluten Werten für die Strahlung bin ich etwas vorsichtig, da die Strahlungsdosis ja variiert, je nach Entfernung zur Sonne und in Abhängigkeit von deren Zyklus.
Für die Strahlungsbelastung auf der ISS wird allerdings ein Durchschnittswert genannt: „Durchschnittlich 0,8 mSv beträgt die Strahlendosis im Forschungsmodul Columbus auf der ISS.“
Auf der ISS befinden sich KosmonautInnen und AstronautInnen noch in den oberen Bereichen unserer Magnetfeld-Schutzhülle, darüber hinaus nicht mehr. Schon ein Flug zum Mond bedeutet eine höhere Strahlenbelastung.
Die Raumfahrtagenturen sind sich dieser Gefahr bewusst:
Die European Space Agency (ESA) erlaubt ihren AstronautInnen die Dosis von 1 Sievert (auf Lebenszeit), das erhöht die Wahrscheinlichkeit, irgendwann an Krebs zu erkranken, um 5 % ; die NASA erlaubt eine geringere Dosis, die das Risiko einer Krebserkrankung um 3 % erhöht.
ESA, NASA und andere Raumfahrt-Institutionen erforschen die verschiedenen Aspekte der Strahlenbelastung von Mensch und Technik im Weltall, ob auf der ISS oder darüber hinaus.
Das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln, wo auch die ESA-AstronautInnen stationiert sind, erforscht interdisziplinär u. a. die Gesunderhaltung und Leistungsfähigkeit der Menschen im Weltraum, die Strahlenbiologie ist dabei ein wichtiger Bereich.
Auf Mond und Mars bzw. auf einem Flug von der Erde zum Mars wäre die Strahlenbelastung wesentlich höher:
„Anhand dieser Daten konnte auch die Strahlenbelastung berechnet werden, der Astronauten bei einer zukünftigen bemannten Marsmission unter der Zugrundelegung eines 500 Tage andauernden Aufenthaltes auf der Marsoberfläche ausgesetzt sein werden. Eine vergleichbare Sonnenaktivität vorausgesetzt würde diese bei etwa 0,32 Sievert liegen.“
„Im Rahmen einer früheren Studie wurde bereits die Strahlenbelastung für eine 360 Tage dauernden Hin- und Rückreise zum Mars ermittelt. In einem Raumschiff, welches über eine vergleichbare Abschirmung wie Curiosity verfügt, würden Astronauten während der Transferphase zwischen Erde und Mars einer Strahlenbelastung von 0,66 Sievert ausgesetzt sein.“
Eine dauerhafte Station auf einem anderen Himmelskörper, dem Mars oder dem Mond, würde wahrscheinlich eher unterirdisch angelegt sein, das ist der beste Schutz vor Strahlung.
Darum hat das Projekt Pangaea bei der ESA so eine große Bedeutung: Hier trainieren AstronautInnen, fremde Höhlensysteme zu erkunden und in ihnen zu überleben. Dieses Training zielt ab auf die mögliche Einrichtung unterirdischer Habitate auf dem Mond oder dem Mars.
Daneben arbeitet zumindest die NASA an noch effektiveren Wegen, die AstronautInnen besser zu schützen. Der letzte Clou ist im Moment eine Art Wasserpanzer. Das Wasserstoffatom soll Strahlungspartikel nämlich besonders effektiv neutralisieren können.
Weiterhin experimentieren NASA-Experten mit hydrierten Bornitrid-Nano-Röhren (Hydrogenated boron nitride nanotubes—known as hydrogenated BNNTs), also Nanoröhren aus Kohlenstoff, Bor und Wasserstoff.
Neben der Strahlung sind übrigens auch die Mikrogravitation und die Isoliertheit Gefahrenquellen für RaumfahrerInnen, ganz zu schweigen von möglichen medizinischen Notfällen, die mit den vorhandenen Mitteln nicht behandelbar sind.
Auf einer russischen Antarktisstation hatte der Stationsarzt an sich selbst eine Blinddarm-OP vorgenommen, auf einer anderen hatte eine Ärztin sich selbst eine Biopsie entnommen und eine Tumorerkrankung diagnostiziert. Es sind allerdings viele Fälle vorstellbar, in denen eine Erkrankung die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten übersteigt.
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