„Oumuamua in Wahrheit ein außerirdisches Sonnensegel?“ solche Überschriften stachen mir vor zwei Tagen ins Auge. Ein schneller Blick auf den Kalender bestätigte mir, dass es kein Aprilscherz sein konnte.
Trotz meiner Affinität zu Außerirdischem Leben halte ich das Erscheinen des Artefakts einer Zivilisation von außerhalb unseres Sonnensystems (extrasolar bzw. interstellar) für nahezu ausgeschlossen.
Der Beitrag basiert auf einer wissenschaftlichen Publikation zweier Harvard-Forscher: “Could solar radiation pressure explain “Oumuamua`s peculiar acceleration?” von Shmuel Bialy und Abraham Loeb vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts.
Darauf musste ich einen näheren Blick werfen.
Was ist über Oumuamua bekannt?
„Oumuamua (1I/2017 U1)“ ist das erste Objekt interstellarer Herkunft – darum hat es die Klassifizierung 1I bekommen: 1. Objekt Interstellarer Herkunft. Eine neue Objektklasse!
I wie Interstellar bedeutet, dass es nicht aus unserem Sonnensystem stammt.
Oumuamua hat bei der Beobachtung einen Helligkeitswechsel gezeigt. Der deutet darauf hin, dass der Himmelskörper ein Längen-Breiten-Verhältnis von 1:10 haben könnte. Das heisst, dass er außergewöhnlich lang gestreckt sein könnte. Jedenfalls unter der Grundannahme, dass er auf allen Seite die gleiche Färbung hat. Was ungewöhnlich wäre, weil er eigentlich eher eine Weltraumkartoffel sein sollte. Theoretisch könnte es auch sein, dass der beobachtete Helligkeitswechsel zumindest teilweise darauf beruht, dass der Himmelskörper regional unterschiedlich hell ist – etwa eine Kugel-Kartoffel mit einer hellen und einer dunklen Seite. Bereits die Annahme eines länglichen Objekts ist also eine Hypothese. Die durch die ikonische künstlerische Abbildung eins langgestreckten und dünnen Körpers gerade zementiert wird.
Dass durch unser Sonnensystem fliegende Objekte ganz anders sein könnten, als bislang angenommen, hat sich nicht zuletzt am ROSETTA-Projekt zum Kometen 67P/ Tschurjumow-Gerassimenko eindrucksvoll gezeigt. Der Komet hat sich sowohl in seiner Form (“Rubberducky”) als auch in seiner regional so unterschiedlichen Oberflächenstruktur und Zusammensetzung als stetiger Quell von immer neuen Überraschungen gezeigt.
Oumuamua hat in der Nähe der Sonne eine ungewöhnliche zunehmende Beschleunigung gezeigt, die offenbar schwierig zu erklären ist: „Micheli et al 2018 reported the detection of an non-gravitational acceleration“ zitieren Bialy und Loeb. Michaeli et al hatten noch angenommen, dass Oumuamua ein Komet sei, die Beschleunigung wäre dann durch Ausgasung erklärbar gewesen.
Leider hatte 1I in Sonnennähe keine durch Teleskope beobachtbare zunehmende Aktivität etwa durch Ausgasung und auch keinen Schweif gezeigt. Es war also wohl eher kein Komet.
Bis zu diesem Punkt zitieren Bialy und Loeb andere Publikationen und beziehen sich auf Daten und Hypothesen, die unter Astronomen als gegeben angenommen werden.
Nun verlassen sie diese Basis und suchen nach alternativen Erklärungen für die zunehmende Beschleunigung des interstellaren Objekts: „If not cometary acivity, what can drive the non-gravitational acceleration observed? In this Letter we explore the possibility of Oumuamua being a thin object accelerated by Solar radiation pressure which would naturally result in an excess acceleration […]“.
Nach umfangreichen Berechnungen (die sich meiner Beurteilung entziehen) schlussfolgern Bialy und Loeb, dass die beobachtete, nicht auf Gravitationskräften beruhende Beschleunigung von Oumuamua durch den Strahlungsdruck des Sonnenlichtes erklärt werden könnte – „may be explained“. Im Konjunktiv!
Einige Zeilen weiter fragen sie, welche Art von Objekt ein so geringes Masse-zu-Oberfläche-Verhältnis haben könnte? Da Oumuamua zu weit entfernt war, um die Oberfläche beobachten zu können, kann man über seine Geometrie und Form nur spekulieren.
Es gibt derzeit unter den Objekten unseres Sonnensystems keines, dass auch nur ein annähernd ähnliches Verhältnis von Masse zu Oberfläche aufweist (wobei dieses Verhältnis bereits ja auf Spekulationen beruht).
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