Dieses Video von Spektrum erklärt das komplexe Strömungssystem wie den Golfstrom kurz und prägnant:
Durch die Erwärmung des Nordatlantiks, kühlen sich die ankommenden Wassermassen nicht mehr so schnell ab und sinken nicht mehr so schnell in die Tiefe, so strömt auch weniger warmes Oberflächenwasser nach. Das Abtauen der grönländischen Gletscher führt dem Meer vor Grönland außerdem viel Süßwasser zu, das eine geringe Dichte als Salzwasser hat. Auch das verlangsamt die bestehende thermohaline Zirkulation des Golfstroms.
Diese geringere Strömungsgeschwindigkeit verlangsamt dann den gesamten Golfstrom.
Das ist bereits messbar: „„Dieses Muster ist sehr charakteristisch für eine Verlangsamung der Umwälzung der Wassermassen im Atlantik. Es ist praktisch wie ein Fingerabdruck einer Abschwächung dieser Meeresströmungen.“” Wenn sich die Strömungen verlangsamen, bringen sie weniger Wärme nach Norden, was zu einer Abkühlung des Nordatlantiks führt – tatsächlich ist dies weltweit die einzige Meeresregion, die sich trotz der globalen Erwärmung abgekühlt hat. Gleichzeitig verlagert sich der Golfstrom in der Nähe der USA nach Norden und Richtung Land, dabei erwärmt er die Gewässer entlang der nördlichen Hälfte der US-Atlantikküste.
„Diese Region hat sich in den letzten Jahrzehnten schneller erwärmt als fast alle anderen Teile der Weltmeere“, sagt Ko-Autor Vincent Saba vom National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) Laboratory in Princeton, USA. „Ein solches Muster der Ozeantemperaturen wurde von Computersimulationen vorhergesagt als Reaktion auf den zunehmenden Ausstoß von Treibhausgasen – jetzt wurde diese Vorhersage durch Messungen bestätigt“.“ (Levke Caesar, Stefan Rahmstorf, Alexander Robinson, Georg Feulner, Vincent Saba (2018): Observed fingerprint of a weakening Atlantic Ocean overturning circulation. Nature [DOI: 10.1038/s41586-018-0006-5])
Auch wenn der Nordatlantik sich vor Grönland leicht erwärmt, kann dies, so Rahmstorf, keinesfalls den fehlenden Warmwasserzustrom ausgleichen.
So führt die Erwärmung des Nordatlantiks – auch wenn es sich zunächst paradox anhört – langfristig zu einer Abkühlung Nordwesteuropas. In letzter Konsequenz könnte das langfristig zu einer Eiszeit führen. In welchem Zeitraum und in welchem Ausmaß solch eine Kaltzeit einbrechen könnte, das wagt heute niemand zu prognostizieren.
Im Moment deutet allerdings viel darauf hin, dass diese Prozesse wesentlich schneller ablaufen, als bislang befürchtet, weil sich einzelne Komponenten der Kettenreaktion offenbar verstärken und überlagern.
Bereits seit Jahrzehnten haben Klimaforscher wie Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimaforschung Klimadaten ausgewertet und damit Computersimulationen erstellt.
Diese Simulationen werden durch Daten immer weiter bestätigt:
„Das spezifische Trendmuster, das wir in den Messungen gefunden haben, sieht genauso aus, wie es von Computersimulationen als Folge einer Verlangsamung des Golfstromsystems vorhergesagt wird, und ich sehe keine andere plausible Erklärung dafür“, sagt Rahmstorf. Tatsächlich ist es nicht nur das räumliche Muster, das zwischen Computersimulation und Beobachtungen übereinstimmt, sondern auch der Wechsel im Jahreszyklus.“
Caesar, Rahmstorf, Saba et al hatten im April des Jahres diese Daten in einer umfangreichen Studie in der Fachzeitschrift Nature publiziert ((Levke Caesar, Stefan Rahmstorf, Alexander Robinson, Georg Feulner, Vincent Saba (2018): Observed fingerprint of a weakening Atlantic Ocean overturning circulation. Nature [DOI: 10.1038/s41586-018-0006-5]).
Eine zweite Studie eines Teams um David Thornalley vom University College London, die in der gleichen Ausgabe von Nature veröffentlicht wurde, stützt die Ergebnisse von Caesar, Rahmstorf et al. Ihre Analyse konzentriert sich auf das Klima der Erde in der Vergangenheit, „um Veränderungen in der atlantischen Umwälzströmung in den letzten 1600 Jahren zu rekonstruieren. Diese so genannten paläoklimatischen Proxydaten liefern eine unabhängige Bestätigung für frühere Schlussfolgerungen, wonach die jüngste Abschwächung des Golfstromsystems seit mindestens tausend Jahren beispiellos ist.“ (David J. R. Thornalley, Delia W. Oppo et al: Anomalously weak Labrador Sea convection and Atlantic overturning during the past 150 years (2018), Nature volume 556, pages227–230).
Der Klimatologe Stefan Rahmstorf ist nicht nur Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam sondern auch Science-Blogger. Über die hier genannten Arbeiten hat er natürlich auch ausführlich gebloggt.
Caesar und Rahmstorf bieten ihre Analyse auch als Video an, ab Minute 1:33 beginnt eine gute Animation der Strömungssysteme:
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