Seit dem Jahresbeginn 2019 sind schon 600 tote Delphine an der französischen Atlantikküste angespült worden, überwiegend Gemeine Delphine (Common Dolphin, Delphinus delphis).
„Why are hundreds of dead dolphins washing up on French beaches?” fragte The Local am 18. Februar 2019.
Delphinleichen sind dort leider keine Ausnahme – die Fischerei in der fischreichen Biskaya bringt neben viel Fisch und satten Gewinnen leider auch viel Beifang.
Aber in diesem Jahr sind es noch wesentlich mehr tote Meeressäuger als sonst.
Französische Wissenschaftler sind angesichts der großen Menge alarmiert: „If you compare these figures to last year’s over the same period, there are already more dead dolphins that the previous years, which were already record years,” erklärt die Biologin Hélène Peltier vom Pelagis marine life observatory. Pelagis hatte in diesem Jahr bereits zwei Surveys durchgeführt, Unter der Aufsicht der Universität von La Rochelle und des Centre national de la recherche scientifique (CNRS; deutsch Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung) wurden 400 bzw. 600 Kadaver gezählt. Jetzt werden sie die Situation genau beobachten:”Will things calm down? That is the question now, we’ll need to look at the numbers at the start of spring to make an accurate assessment of the situation”.
Die Delphine sind in einem Bereich der Atlantik-Küste zwischen der südlichen Bretagne angespült worden, vor allem in den Departments Vendée und Charentes Maritimes.
Die meisten Delphine hatten Netzmarken – unzerreißbare Kunststoffnetze hatten tiefe Kerben in die Körper der kleinen Wale geschnitten. Charakteristische Netzmarken sind mehrere solche Einschnitte parallel nebeneinander und an charakteristsichen Körperstellen wie Schnabel, Stirn und Flossen, außerdem Amputationen und gebrochene Kiefer – “Among the carcasses found, 93 percent show signs that they have been captured by fishing vessels and their equipment such as mutilations, amputations and fractured jaws”. Sie sind also klar nachweisbar als Beifang einzuordnen.
Dieses Video zeigt eine der Autopsien, die in La Rochelle durchgeführt wurde.
Die Netzmarken sind deutlich zu erkennen:
Sind die Delphine im Netz zwischen den Fischen eingekeilt, finden die Meeressäuger spätestens beim Hieven des Netzes den Tod: Der Staudruck verhindert ihr Entkommen, verletzt und stresst sie. Sie können nicht zum Atmen an die Oberfläche kommen und ersticken (Wale ertrinken nicht!) oder sterben am Stress selbst.
2015 hatten Hélène Peltier und ihre Kollegen publiziert, dass jährlich mindestens 550 Delphine in der Biscaya als Beifang verenden.
600 Delphine vom Jahresbeginn bis Mitte Februar lassen eine wesentlich höhere Todesrate für 2019 befürchten. Die jetzt angespülten Kadaver sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Denn die meisten Delphine sind nach ihrem Tod nach unten gesunken. Das bedeutet, dass die eigentliche Zahl der getöteten Tiere wesentlich höher liegt.
Eine so hohe Todesrate ist eine echte Gefahr für den Bestand der Delphine in diesen Gewässern! Die französischen Wissenschaftler und Umweltschützer fordern schon lange eine Reduzierung der großen Fischereischiffe der spanischen und französischen Fang-Flotten, schließlich sterben jedes Jahr Hunderte, wenn nicht Tausende Delphine in dieser Fischerei. Darum dringen die Biologen, Tierärzte und Meeresschützer immer wieder auf eine bessere Kooperation der spanischen und französischen Behörden, um das Problem endlich zu lösen und eine bessere Fischereiaufsicht sowie Beobachter auf den Schiffen.
In diesem Jahr sind auf einigen französischen Schiffen erstmals Pinger eingesetzt worden, die mit akustischen Signalen die Delphine vor den Netzen warnen sollten. Leider hatten die Pinger offensichtlich keinen Erfolg.
Das könnte daran gelegen haben, dass die Pinger nicht an der richtigen Stelle der Schleppnetze befestigt waren: An der Unterseite des Netzes, das in oder auf dem Meeresboden entlang geschleppt wird: „one of the problems could be that the pingers are not attached to the large nets on the sea beds, where many dolphins get caught.“
Warum sterben so viele Delphine als Beifang?
Wo große Fischschwärme sind, wird auch gefischt, von Menschen und Meerestieren. Natürlich sind dort auch Delphine.
Durch die Biskaya-Bucht verläuft der Kontinentalabhang, dort trifft kaltes Tiefenwasser auf den reichen Nährstoff-Eintrag der Küsten. Das bedeutet einen großen Nahrungsreichtum auf allen Ebenen der Nahrungsnetze und viel Fisch.
Wo große Fischschwärme sind, wird auch gefischt, von Menschen und Meerestieren. Natürlich sind dort auch Delphine.
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