Was geschah im Pleistozän?
Den großen Pottwal Physeter macrocephalus gibt es als Art seit vermutlich fünf Millionen Jahren, die beiden heute existierenden Kleinen und Zwergpottwale sind wohl etwas jünger (Die sehr gute Graphik des Pottwalstammbaums darf ich hier leider nicht einbinden, der Blick darauf lohnt sich!)
Bei einer weltweiten Verbreitung von Physeter macrocephalus muss es einst wesentlich mehr Individuen als 10.000 gegeben haben. Eine solche genetische Verarmung ist ein genetischer Flaschenhals – genetic bottle neck.

Was aber kann diese scheinbar unverwüstlichen grauen Riesen der Meere so massenhaft getötet haben?
Krankheit, Nahrungsmangel oder andere Tiere?
Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass in allen Ozeanen der Erde gleichzeitig solche flächendeckenden Verwüstungen der Pottwalbestände durch Krankheiten oder Nahrungsmangel passiert sein können, so etwas kommt bestenfalls in einzelnen Populationen oder Ozeanbecken vor. Und es sind keine Tiere bekannt, die auf einmal solche Mengen Pottwale gefressen haben könnten.

Allerdings sollen ähnliche genetische Bottlenecks auch bei anderen Walen und vorgekommen sein: z. B. bei den heute ebenfalls global verbreiteten und in Clans und Populationen aufgesplitteten Orcas!
Wenn mehrere verschiedene Arten betroffen sind, ist eine externe Todesursache wahrscheinlich: Phillip A. Morin und Alana Alexander nennen in ihrer Publikation zu Recht eine Klimaschwankung als wahrscheinlichen Pottwal-Killer.

PS: Presseberichte über den Artikel von 2018 nannten näherungsweise 100.000 Jahre als Zeitraum – statt der in der Publikation genannten 125.000 Jahre. In der Überschrift hatte ich diese stark abgerundete Zahl zunächst stehen lassen – ich bitte um Entschuldigung für die späte Korrektur.

Fortsetzung folgt

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Kommentare (4)

  1. #1 Axel
    Kölle
    21. Mai 2019

    Wieder vielen Dank für den informativen Artikel!
    Und an all die, die jetzt sagen:
    “Siehste: die Jagd auf die Wale ist doch gar nicht so schlimm. Die haben sich schließlich auch von nur 10.000 Überlebenden wieder erholt”
    sei gesagt:
    Sie (die Pottwal-Population) hatte fast 125.000 Jahre ohne Menschen um sich zu erholen (und die Art gilt heute wieder als gefährdet).
    Heute würde, u.A. wegen des Klimawandels, dem Lärm in den Meeren und der Kunststoffproblematik, eine Erholung der Population IMHO ungleich schwieriger wenn nicht unmöglich werden.
    Und Pottwale sind wirklich sehr faszinierend. Frei nach Douglas Adams würde ich es es so formulieren:
    “Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass die Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen. Zum Beispiel waren die Menschen auf dem Planeten Erde immer der Meinung, sie seien intelligenter als die Pottwale, weil sie so vieles zustande gebracht hatten – das Rad, New York, Kriege und so weiter, während die Pottwale doch nichts weiter taten, als im Wasser herumzutoben und sich’s Wohlsein zu lassen. Aber umgekehrt waren auch die Pottwale der Meinung, sie seien intelligenter als die Menschen, und zwar aus genau den gleichen Gründen.” 🙂

    Mehr zum Thema gibts auch noch hier:

    https://www.pottwale.de/

    Viele Grüße

    Axel

  2. #2 Bettina Wurche
    21. Mai 2019

    @Axel: Danke für die Ergänzungen – das steht in Teil 2, den lade ich heute abend hoch : ) Die Steffens machen wirklich phantastische Arbeit, ein guter Link. Vor Domenica ist auch ein Hal Whitehead-Schüler, der Hals grandiose Verhaltensforschung an Pottwalen dort fortsetzt: Shane Gero: https://www.thespermwhaleproject.org/shane

  3. #3 Bettina Wurche
    21. Mai 2019

    @Axel: In dem Kontext finde ich ja immer faszinierend, wie viele Leute eine besonders hohe Intelligenz für sich in Anspruch nehmen, die im Leben garantiert nicht das Rad erfunden hätten oder auch nur von den Bäumen heruntergekommen wären.

  4. #4 meregalli
    21. Mai 2019

    @#3
    Für den Planeten und seine Bewohner wäre es auch gescheiter gewesen, wir wären oben geblieben.