Dodo – ein Vogel zwischen Inselhabitat, Naturalienkabinett und Pop-Kultur
Das exotische Federvieh war populär genug, um immer wieder abgebildet und nachgedruckt zu werden. Viele Zeichnungen und Gemälde aus mehr als 300 Jahren zeigen den ausgestorbenen Vogel, der Wahrheitsgehalt schwankt zwischen Realität und Popkultur. Die Bandbreite der Vogelgestalt ist groß von einem agilen Läufer mit der Körperhaltung eines Moas bis zum knuffigen gefiederten Moppel.
Einige sehr schlichte Zeichnungen sind im Logbuch des holländischen Schiffes „Gelderland“ zu finden. Ganz unprächtig ist der Dodo, schlicht und von mehreren Seiten inklusive einiger Details. Diese Zeichnungen stammen vermutlich von Joris Joostensz Laerle (Julian Hume: The journal of the flagship Gelderland – dodo and other birds on Mauritius 1601 (April 2003, Archives of Natural History 30(1):13-27, DOI, 10.3366/anh.2003.30.1.13))
Drawing of a dodo from the journal of the ship “de Gelderland”, 1601
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Dodo_-_2_From_the_Journal_of_the_Gelderland_1601.png
Laerle war als Steuermann angeheuert worden, zeichnete aber offenbar lieber. Auch wenn er kein ausgebildeter Naturforscher war, sind seine Zeichnungen lebendig und detailreich. Da er vermutlich echte Dodos gesehen hat, in freier Wildbahn, gerade erst gefangen oder getötet, sind seine Skizzen sehr authentisch. Laerle zeichnete einen Dodo, der noch auf dem Boden der Insel Mauritius stand, schreibt der Dodologe Julian Hume und unterstreicht damit die Authentizität der Zeichnungen des holländischen Seemanns.
In Conrad Gessners dreiteiliger Tier-Enzyklopädie von 1669 darf der exotische Vogel nicht fehlen: In Thomus II oder dem „Vollkommenen Vogelbuch“ ist er unter 83 als Cygnus cuculatus beschrieben, als Schwan (Cygnus). Gessner beschreibt den „Schwan“ als schwanengroß mit kräftigen Laufbeinen, einem besonders kräftigen Schnabel. Etwas irritierend ist die Bemerkung, die „Schiffer nennen ihn Walghvogel, einen Vogel, welcher Ekel erregt“.
„Ekelig“ könnte als holländische Beschreibung für tranig, fett, gedeutet werden, erklärt mir Hilde Enting. Beschreibungen über den offenbarwenig angenehmen Geschmack des Vogels gibt es von den Seeleuten genug.
Interessant dabei ist, dass Gessners Abbildungen viel schwerfälliger und roher aussehen, als alle anderen. Dieser Umstand ist sicherlich dem Druckverfahren geschuldet. Trotz der groben Abbildung wirkt sein Dodo aber wesentlich agiler als die Exemplare auf den Ölgemälden und spätere Zeichnungen. Er muss also eine gute Beschreibung oder ein gut erhaltenes Exemplar eines gesunden, fitten Kapuzenvogels gehabt oder gesehen haben. Flügel und Schwanzfedern sind als einzelne Federn klar erkennbar.
Eine der bekanntesten Abbildungen ist der Oxford-Dodo – ein opulentes Öl-Gemälde zeigt einen sehr fetten braungefiederten Vogel inmitten eines exotischen Lebensraums und mit anderen tropischen Vögeln wie Papageien. Das Ashmolean-Museum in Oxford verwahrt auch einen Schädel, auf dessen linker Seite die Haut und der knöcherne Skleralring um das Auge erhalten sind, einen Fuß, eine Feder und ein paar Gewebe-Proben. Vor dem ausgestellten Gemälde stehen ein montiertes Skelett und die Rekonstruktion eines pummeligen gefiederten Exemplars. Der Schwanzpuschel der gefiederten Rekonstruktion sieht aus wie ein Wattebausch
(Mehr zum Hintergrund und Abbildungen des Oxford-Dodos gibt es hier)
Das Gemälde „George Edward’s dodo by Roelandt Savery“ (ca 1626) zeigt einen Dodo mit dem großen Schnabel samt Haken, einem fetten Körper und mit Schwanzpuschel.
Auch Rudolf II. (1552–1612), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Böhmen, fand Gefallen an dem flugunfähigen Inselvogel. So ließ er ihn von dem renommierten Maler Hans Savery dem Jüngeren auf dem Gemälde „Eine Waldlandschaft mit exotischen Vögeln“, das Pelikane, Pfaue, Strauße, Schwäne, einen Papagei, einen Truthahn und einen Dodo versammelt, malen.
„Eines der wertvollsten ausgestopften Tiere in Rudolfs Sammlungen war der Dodo, ein flugunfähiger Vogel, der noch während des 17. Jahrhunderts ausgestorben ist. Rudolf II. sowie Savery hatten das Glück, diesen Vogel noch zu erlebten. Sie hatten beide eine besondere Vorliebe für den Dodo-Vogel. Darum haben wir den Dodo zum Maskottchen unserer Ausstellung gemacht. Savery platzierte den Dodo sehr gern in seine Tierkompositionen. Einen Dodo können die Besucher zum Beispiel auf dem Savery-Gemälde ´Orpheus mit den Tieren´ aus der Gemäldegalerie Berlin sehen.“
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