Da Saverys Dodo einen seltsam aussehenden Schnabel hat, besteht die Möglichkeit, dass er als Vorlage für sein Gemälde nur noch den toten, präparierten Dodo genutzt hat. Der Schnabel sieht aus, als ob die Hornscheide geschrumpft und verformt sei, vermutet Hilde Enting. Das wäre eine gute Erklärung – denn der Schnabel sieht aus, als ob er eine Socke ´drübergezogen hatte. Was auch auf vielen späteren Abbildungen übernommen worden ist.

George Edwards Druck „The Dodo and the Guinea Pig“, zeigt ebenfalls einen fettbrüstigen Vogel mit keck aufragendem Federpuschel am Hinterteil – die Schwanzfedern erinnern an Straßenfedern.

Dieser Druck dürfte die Vorlage für eine andere berühmte Dodo-Abbildung gewesen sein:
John Tenniels Dodo-Illustration für Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ dürfte dem außergewöhnlichen Federtier viel Publicity auch außerhalb der Fachwelt gebracht haben. Hinter dem Pseudonym Lewis Carroll verbarg sich der oxforder Mathematik-Dozent Charles Lutwidge Dodgson, der sicherlich dort vor Ort den Hype um den ausgestorbenen Vogel mitbekommen hat.
John Tenniel hat mit seiner Zeichnung “A Caucus-Race and a Long Tale” Massstäbe gesetzt: Sein dicker gemächlicher Dodo mit Gehstock ist so immer wieder kolportiert worden, incl. Hakenschnabel und Schwanzfederpüschel, bis in die Walt Disney-Verfilmung von „Alice im Wunderland“.

Die Zechnung “Dodo attributed to Joris Hoefnagl”, c.1602., zeigt einen kräftigen, aber schlanker Vogel, er erinnert von Körperhaltung und Dynamik her eher an große Laufvögel.
https://www.researchgate.net/publication/228371340_The_history_of_the_Dodo_Raphus_cucullatus_and_the_penguin_of_Mauritius/figures?lo=1

Die Miniatur des Ustad Mansur (Meister Mansur) ohne Titel (1625, Hermitage Museum, Saint Petersburg, Russia) zeigt einen recht schlanken Dronte. Der Vogel läuft offenbar in einer Voliere umher mit einem Sittich, einem Fasan und anderen exotischen Gefiederten. Der Miniaturenmaler Mansur hat diese Vögel nach lebenden Vorbildern in der Menagerie des Kaisers Jahangir gemalt, ihre Gefieder leuchten bis heute dem Betrachter entgegen. Der Herrscher hat ein Exemplar in seiner Menagerie gehalten.

Hilde Enting hat diese Abbildungen und noch mehr sorgfältig analysiert. Ihr Fazit: Nur wenige Zeichner haben einen lebenden Dodo in seinem natürlichen Lebensraum gesehen, Laerle war vermutlich der Einzige, der einen Dodo auf mauritianischem Boden abzeichnete.

Als fürstliche Geschenke, für wissenschaftliche Sammlungen und Raritätenkabinette sind mehrere Vögel nach Europa und Asien gebracht worden. Die Tiere, die die lange Reise von Mauritius nach Europa überlebt haben, hatten sicherlich nicht ihre richtige Nahrung zur Verfügung, Dodos waren Fruchtfresser, außerdem hatten sie in Gefangenschaft sicherlich zu wenig Auslauf. Die fetten und plumpen Dodos der Abbildungen dürften also durch die Gefangenschaft zu ihrer Leibesfülle gekommen sein.
Andere Künstler haben ihre Dodos nach Erzählungen der Seeleute gezeichnet und gemalt, oder nach ausgestopften Exemplaren, viele haben einfach voneinander abgemalt.
Die schlichten, aber lebendigen Laerle-Skizzen und die prächtige Mansur-Miniatur hingegen zeigen agile, gesunde Vögel, die zu den neuen Untersuchungsergebnissen der Publikation von Claessens, Meijer und Hume: „The morphology of the Thirioux dodos“ von 2016 passen.
Beide Künstler dürften die Vögel in ihrem ursprünglichen Zustand oder in guter Form  beobachtet haben.
So dienten die beiden dann im Wesentlichen als Grundlage für den Frankfurter Dronte.

(Fortsetzung folgt)

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Kommentare (12)

  1. #1 Axel
    Kölle
    18. Juni 2019

    Hallo und guten Tag sehr verehrte Frau Wurche,
    erst einmal wieder vielen Dank für den interessanten Artikel.
    Hatte vor ein paar Jahren mal einen Beitrag zum Dodo im DF gehört und habe ihn tatsächlich wiedergefunden (https://www.deutschlandfunkkultur.de/suche-nach-dodo.984.de.html?dram:article_id=153498).
    Dieser Beitrag ist bei mir vor allem wegen des folgenden Zitats von Matthias Glaubrecht von der Humboldt-Universität in Berlin hängen geblieben:
    Glaubrecht: „Der Dodo hat sehr, sehr lange auf Mauritius überlebt. Wenn wir die molekulargenetischen Ergebnisse nehmen, dann müssen wir davon ausgehen, dass der mehrere Millionen Jahre auf dieser Insel war und er hat diese Millionen Jahre auf dieser Insel überlebt und zwar eine zehnfach so lange Zeit wie der Mensch auf dieser Erde ist. Wir müssten uns mindestens als genauso dumm bezeichnen wie den Dodo, denn er hat nachweislich länger auf Mauritius in seiner Flugunfähigkeit überlebt. Vielleicht werden Marsbewohner oder andere Besucher der Erde von uns auch mal so ähnlich wie von dem Dodo reden, denn wir sind ja auch dabei, viele der Dinge, die gerade nicht sehr adaptiert sind, zu betreiben und uns nicht an die obwaltenden Umweltbedingungen, von denen wir ja wissen, wie wir sie ändern, anzupassen. Vielleicht teilen wir ja auch das Schicksal und vielleicht ist das ja auch ein Grund unserer besonderen Faszination mit dem Dodo. Vielleicht ahnen wir insgeheim, dass er uns nur vorausgegangen ist.“

    Und Politiker, die beweisen, dass der Mensch dümmer als der Dodo ist, haben wir zur Zeit ja auch zur Genüge :(.

    Viele Grüße

    Axel

  2. #2 wereatheist
    18. Juni 2019

    Die weiteren Werke, die man von Ustad Mansur auf wikiart sehen kann, deuten IMNSHO darauf hin, dass der ein gutes Auge hatte und Tiere ziemlich lebensecht abbilden konnte.

  3. #3 Bettina Wurche
    18. Juni 2019

    @wereatheist: Nicht wahr? Obschon die asiatische Formensprache durchscheint, sidn seine Tier- und Pflanzenabbildungen einfach herrlich und lebensecht. Ich bin ja auch heute noch, im Zeitalter der Photographie, der Meinung, dass gute naturwissenschaftliche Abbildungen jeder Photographie gerade zur Bestimmung vorzuziehen sind.

  4. #4 Bettina Wurche
    18. Juni 2019

    @Axel: Danke! Da hat Herr Glaubrecht absolut recht – der Dodo war an sein Leben perfekt angepaßt. Genauso wie die Dinosaurier, die auch gern herablächelnd zitiert werden. Im 2. Teil habe ich das auch noch einmal ähnlich formuliert, ich halte das für eine wichtige Aussage. Es ermahnt uns auch, uns anzupassen oder auszusterben. Die gleichen Leute, die Dodo oder Dinos herablassend als gestrig und unterlegen betrachten, haben gerade so besondere Mühe, ihre Energie-, Mobilitäts- und Lebenskonzepte zukunftsfähig zu machen.

  5. #5 RPGNo1
    18. Juni 2019

    Ich bin erstaunt, dass man so wenig über das tatsächliche Aussehen des Dodos weiß. Bei all den Zeichnungen, die es in populärwissenschaftlichen Büchern oder im Internet gibt, bin ich davon ausgegangen, dass das Erscheinen des Dodos ziemlich gut definiert. Wie man sich irren kann.

    Ich weiß übrigens, warum der Dodo ausgestorben ist.
    https://www.youtube.com/watch?v=4RhqR2ZGkc0
    🙂

  6. #6 Geoman
    Lippstadt
    18. Juni 2019

    Zur Frage, wieso die barocke Tragödie des Dodos zu einem modernen Naturschutzsymbol geworden ist, darf ich folgenden Artikel empfehlen:

    https://www.kritische-naturgeschichte.de/Medien/vom_dodo_lernen.pdf

  7. #7 tomtoo
    19. Juni 2019

    Ironisch ist ja, wäre der Dodo schmackhafter gewesen, wäre er evtl. gezüchtet worden und nicht ausgestorben?

  8. #8 RPGNo1
    19. Juni 2019
  9. #9 Bettina Wurche
    19. Juni 2019

    @RPGNo1: Danke fürs Nachhaken und Recherchieren, mir fehlte dazu wirklich die Zeit. Die Quelle ist absolut übel!

  10. #10 Bettina Wurche
    19. Juni 2019

    @Geoman: Ich habe den link zu Menting erst jetzt angesehen: Dafür gibt´s keine Empfehlung von mir. Menting schwurbelt wirres Zeug, von Biologie hat er jedenfalls nicht die Spur einer Ahnung. Seine Ansicht zum Naturschutz ist genauso Bullshit wie seine Erklärungsversuche der Begriffe Vielfalt und Natur. Im ersten Absatz ist jeder Satz Blödsinn, weiter mag ich nicht lesen.
    Selbstverständlich beschäftigt sich der Naturschutz mit Kulturlandschaften und das absolut nicht nur symbolhaft. Im heutigen Deutschland sind nur kleinste Areale nicht seit mehr als 2000 Jahren Kulturland, inkl. von Nord- und Ostsee – wie die ursprünglichen Landschaften aussahen, lässt sich nur teils rekonstruieren, dabei war jedenfalls viel Wald. Die großen Waldareale sind seit sicherlich mehr als 2000 v. Chr. auf dem Rückzug gewesen, seitdem ist die Gegend besiedelt. Eine Kulturlandschaft beherbergt eine Vielzahl von verschiedenen Lebensräumen und hat sich über Jahrtausende entwickelt. Die Vielfalt bezieht sich auf die Biodiversität, also die Diversität der Arten, Habitate und Genome. Im wohne heute im Rhein-Main-Gebiet, mitten im Messeler Hügelland, nahe des Odenwalds. Beides sind Kulturlandschaften mit einer großen Biodiversität.
    Zu beobachten ist etwa, dass seit dem DDT-Verbot die Anzahl der großen Greifvögel signifikant zugenommen hat – ein Paradebeispiel für gelungenen Umweltschutz und Naturschutz. Seit in unserem weiteren Einzugsbereich an den Rheinauen Storchennistplätze auf Masten aufgestellt worden sind, sehen wir überall brütende Störche, oft sogar größere Gruppen von bis zu 20 Tieren. Qed.

    Menting hängt der Schöpfungstheorie an – soll er.
    Am Dodo arbeitet er sich dann ab, wenig kenntnisreich und absolut unsachlich.
    Dass er eine biomechanische Neubewertung des Dodos so vehement veruteilt, hört sich schon nach einem privaten Kreuzzug gegen den Naturschutz an.
    Meine Ansicht zu der sorgfältigen Arbeit der Biomechanik an zwei vollständigen Dodo-Skeletten von Claessens , Hume et al ändert er nicht. Die Arbeit ist nämlich sauber recherchiert, stringent begründet und genügt hohen wissenschaftlichen Ansprüchen.
    Menting hingegen geifert einfach vor sich hin.

  11. #11 Geoman
    Lippstadt
    20. Juni 2019

    Liebe Frau Wurche,

    mein zusammen mit Pro. Dr. Gerhard Hard geschriebener Aufsatz ist 2001 in der renommierten Zeitschrift für angewandte Ökologie ‘Naturschutz und Landschaftsplanung’ veröffentlicht worden.

    Warum hetzen Sie so gegen mich und den Beitrag? Habe ich Ihnen auf die Füße getreten oder gar die Butter vom Brot genommen??

    Im Übrigen gehöre ich keiner Glaubensgemeinschaft an und bin wenn überhaupt agnostischer Atheist!

    VG, Geoman

  12. #12 Bettina Wurche
    20. Juni 2019

    @Geoman: Da Sie Ihren Namen mit Pseudonym verschleiert haben, konnte ich nicht erkennen, dass Sie Ihren eigenen Artikel empfohlen haben (Warum geben Sie sich nicht gleich als Urheber zu erkennen?). Offenbar haben Sie meine Antwort inhaltlich nicht erfasst, dabei habe ich doch sehr deutliche Formulierungen gewählt.

    Also noch einmal deutlicher:
    Sie führen jede Menge Behauptungen auf, ohne Nachweise zu erbringen. Etwa, dass Naturschutz eine reine Symbolhandlung sei. Oder zur Biomechanik des Dodos.
    Ihre Wortwahl ist einschlägig vorbelastet: “Kritische Naturwissenschaft” und “Schöpfung” gehören ins kreationistische Repertoire und machen eine Parallelwelt mit dem Anspruch auf alleinige Wahrheit als Gegenentwurf zur Wissenschaft auf.
    Besonders bizarr an ihrem Text ist ja, dass Sie teilweise wissenschaftliche Erkenntnisse zitieren und ungeprüft übernehmen – wie etwa die genetische Zugehörigkeit des Dodo – und andere ablehnen, mit dem Verweis auf Wissenschaftskritik. Wie etwa die biomechanischen Untersuchungen – dabei gehen Sie auf die neue Arbeit von Claessens , Hume et al (2016) nicht ein. Diese Arbeit hat erstmals biomechanische Untersuchungen an den Skeletten zweier vollständiger Dodos durchgeführt. Darum geht es in meinem Text auch die ganze Zeit. Stattdessen führen Sie lieber wieder Ihre alte Arbeit von 2001 an und verneinen damit eine echte Diskussion. Die Sie möglicherwesie gar nicht führen können, weil Sie Biomechanik und Anatomie vielleicht gar nicht beurteilen können. Forschungsresultate zu verneinen, ohne die Methoden zu verstehen, ist schon sportlich.
    Natürlich gehören zur Wissenschaft auch Disksurse. Allerdings erfordert eine akademische Auseinandersetzung auch Nachweise, die Sie schuldig bleiben.

    Natürlich ist Naturschutz oft auch eine ideologische Gratwanderung, wie alles, was politische Entscheidungen beinhaltet und erfordert. Da Sie Natur aber nur im Sinne von Wildnis annehmen (wollen) und nicht begreifen (wollen), dass Naturschutz etwa in Deutschland sich heute überwiegend mit der Biodiversität der Kulturlandschaft befasst, haben Sie die Basis des modernen Naturschutzes nicht begriffen. Das schrieb ich Ihnen bereits. Die Art und Weise, wie Sie Begriffe im Sinne Ihrer persönlichen Ideologie einfach mal eben neu definieren, ist die typische Strategie von Wissenschaftsleugnern.
    Außerdem erfordert eine wissenschaftliche Auseinandersetzung eine gewisse Aktualität und Aktualisierung des Wissensstandes. Der ist bei Ihnen offenbar nicht gegeben.
    Darum ist eine Diskussion mit Ihnen auch so absolut überflüssig. Sie werden auf Meertext kein weiteres Forum für Ihre Selbstdarstellung erhalten.