Das Grundgerüst besteht bei Präparaten oft aus einem Skelett – beim Dodo undenkbar, die wenigen Skelette sind viel zu kostbar. So hat Hilde Enting ihrem Vogel ein Gerippe aus Draht und anderen stabilen Materialien gegeben. Dabei hat sie bereits die Größe und lebensnahe Körperhaltung des Tieres angelegt.  Mit formbarem Füllmaterial wie Modelliermasse bekam das Gerüst die Körperform und -fülle. Die Oberfläche des Dodo-Körpers sieht mit ihrer Muskulatur so lebensecht aus wie ein gerupfter Truthahn – nur ohne Stoppeln.
Nach den Abmessungen und der aufrechten Körperhaltung ist der Frankfurter Dodo nun 72 Zentimeter hoch. In vielen anderen Quellen wird er als einen Meter hoch beschrieben. Das zeigt mal wieder, dass kaum jemand ihn ernsthaft gemessen, sondern die meisten Autoren wohl eher voneinander abgeschrieben haben. So, wie die Maler und Zeichner kopiert haben, ohne selbst Material gesehen zu haben.

Die vorhandenen Gipsabgüsse von Kopf und Fuß wurden eingescannt, dann 3 D-ausgedruckt. Diese Druck-Produkte sind allerdings erst ein Zwischenschritt, denn sie stammen von mumifizierten, verformten Körperteilen mit geschrumpftem Weichgewebe.
Raphus cuclatus hatte ein nacktes Gesicht mit einem gewaltigen Schnabel. Der Schnabel hatte eine große Hornscheide, die an einen übergestülpten Socken erinnert und endete in einem Haken. Der Schnabel des Senckenberg-Exemplars war natürlich ohne die Hornscheide, die nach dem Tod des Tieres brüchig wird und ab- oder zerfällt.
Hilde Enting begann ihre Rekonstruktion mit dem Einscannen des Kopf-Gipsabdrucks und einem 3 D-Print. Den hat sie dann abgeformt, dann gegossen, an dem Ergebnis hat sie dann weiter geschnitzt, bis sie mit der Form zufrieden war – schließlich musste sie die Größe und Form der Hornscheide rekonstruieren und dem Dodo-Gesicht realistische Hautfalten geben.
So hilfreich und nützlich 3 D-Drucker sind, sie sind nur ein weiteres Instrument im Werkzeugkoffer der Präparatoren. Ein einzigartiges Präparat braucht immer noch viel mehr Arbeit und Kunstfertigkeit.

Der Dodo-Fuß ist kräftig, groß und fleischig. Ganz klar der Fuß eines Fußgängers, irgendwo zwischen Huhn und Nandu. Die Weichteile des mumifizierten Fußes sind natürlich geschrumpft und verformt. Hier hat sie die Maße des sehr großen Exemplars aus der Claessens-Arbeit genommen und auf diese Knochen dann um Weichteile und Haut – angelehnt an den mumifizierten Fuß – ergänzt. Wenn man sich ausschaut, wie lebendig die Schwielenpolster und die reptilhafte Hautoberfläche sind, werden die Sachkenntnis und Kunstfertigkeit der Präparation deutlich.

Die Befiederung eines Präparats ist auch eine besondere Herausforderung – schließlich sollen die Federn wie lebendig aussehen. Wie viele Federn in verschiedenen Formen und Größen hatte das Original?
In diesem Fall beschloß Hilde Enting, die Gefieder-Rekonstruktion einem Feder-Experten zu überlassen: Dem Erfurter Präparator Marco Fischer (BioDesign, Apolda). Im Januar 2018 wurde der Dodo zum Befiedern gegeben. Der Ohrfasan (Crossoptilon auritum) sollte der Federspender werden. Dieser in Asiens Mischwäldern lebende Fasan hat eine ähnliche Ökologie und ein vermutlich ähnliches Gefieder wie der Dodo – grau und „haarartig zerschlissen“ sind seine Federn. Die Federn ausgesuchter Fasanen wurden nochmals gefärbt, in verschiedenen Braun-Nuancen.
Das schlichte braune Federkleid lässt den Aufwand, den es verursachte, kaum ahnen.
Die Flügelchen mit ihrer Haltung tief an der Seite des runden Rumpfes und ihrer kurzen Befiederung sind auf den Gemälden gut erkennbar – so auch beim Senckenberg-Dodo.
Aber wie sieht es mit dem Schwanz aus?
Der Dodo hat ein rundes Hinterteil, einige Gemälde und Zeichnungen zeigen einen Federtuff.
Eine Abbildung präsentiert den exotischen Vogel sogar von der Hinterseite– den Bürzel schmückt ein blütenartiger Federtuff. Ob die Dronte-Kehrseite ein Affront des Zeichners gegen seinen Auftraggeber war oder ein anderes Zeichen setzen sollte, wissen wir heute nicht – aber sicher ist, dass der Dodo auch von hinten sehenswert war. Die auffallend gekräuselten Schwanzfedern werden oft in Texten und Abbildungen beschrieben, in anderen Beschreibungen fehlen sie hingegen ganz.
Einige Wissenschaftler meinen, dass Raphus vielleicht nur manchmal ein schmuckes Schwänzchen hatte, abhängig von der Jahreszeit. Das würde das zeitweilige Vorhandensein eines so auffallenden Merkmals erklären.

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