Unser erster Gang führt uns auf den Mercado Central in den historischen Markthallen, schließlich haben wir Hunger und möchten Chile zunächst mit dem Magen kennen lernen. In den Markthallen sind vor allem die Fischhändler angesiedelt, deren Ware mit und ohne Beine und Flossen schillert und leuchtet. Lachse kennen wir, wenn ich sie auch selten in solcher Menge und Größe zu sehen bekomme – Prachtexemplare mit kantigen Mäulern, in deren silbrigen Schuppen sich Regenbögen aus Neonlicht brechen. Daneben stapeln sich eine Vielzahl pazifischer Fische, die ich noch nie gesehen habe. Das kalte Neonlicht blinkt auf Fischschuppen und Krebspanzern, die Ware sieht extrem frisch aus und riecht auch so. Dominierend sind die großen roten Seespinnen, deren buckelig- und stachelig Panzer von so dünnen langen Beinen getragen werden – das macht diese Krebse ja so spinnenartig. Bei den toten Tieren sind die Beine unter dem Körper zusammengefaltet und ihre sonst so beweglichen klackenden Mundwerkzeuge und Facettenaugen sind starr und leblos. Noch nie zum Verzehr angeboten gesehen haben ich Seepocken, die hier riesig offenbar werden.
Leider haben wir weder das Seespinnen-Menu – man teilt sich solch ein kapitales Tierchen üblicherweise zu dritt oder zu viert – noch die Seepocken zu probieren geschafft (dieses Rezept hört sich verführerisch an!), irgendwie kam mir immer ein Fisch dazwischen. Reineta (Brama australis), ein silbriger Barsch mit dunklen Flossensäumen und wimpelförmig ausgezogener Schwanzflosse wird mein persönlicher Favorit – bescheidene kleine Filets mit phantastischem Geschmack.
Auch der Präsidentenpalast ist etwas Besonderes: Direkt davor ist ein Gedenkort für Salvador Allende. Die Präsenz des Denkmals im öffentlichen, viel frequentierten Raum und die frischen Blumen zeigen die Gegenwärtigkeit dieser Ereignisse.
Ins „Museum der Erinnerung und der Menschenrechte“ (Museo de la Solidaridad Salvador Allende – MSSA) habe ich es leider nicht mehr geschafft – meine Reisebegleiter haben es angeschaut und fanden es beeindruckend und empfehlenswert.
Mehr dazu auch hier:
„„Das Museum der Erinnerung und der Menschenrechte“ wird als ein Ort geboren, das die Menschenrechtsverletzungen des chilenischen Staates zwischen 1973 und 1990 sichtbar macht. Es soll den Opfern und ihren Familien ihre Würde zurückgeben und die Reflexion und Diskussion über die Bedeutung von Respekt und Toleranz anstoßen, damit sich diese Taten nie wiederholen.
Es ist gedacht als ein Ort, an dem man die Vergangenheit Revue passieren lässt und den Menschenrechten einen Raum in der Gegenwart einräumt mit Perspektive in die Zukunft, in dem auch Themen wie häusliche Gewalt, die Situation von Flüchtlingen in aller Welt und die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung Platz finden.““
Später lauschen wir andächtig dem WDR-Zeitzeichen-Beitrag zu Salvador Allende und tauchen damit noch einmal tiefer in die chilenische Geschichte ein.
In Santiago ist es nachts um 0 °C, tagsüber immerhin bis zu 10 °C. Wir tragen unsere Winterkleidung, die Hotelzimmer und Restaurants sind fast immer ungeheizt. In Bars und Restaurants stehen dennoch die Türen offen, die Fenster schließen eher halbherzig und viele Chilenen ziehen Mantel und Mütze zum Essen gar nicht aus. Ein Dame behielt beim Essen sogar die Handschuhe an.
Bei unserem Gang durch die Stadt auf dem Weg zur Seilbahn zum Schutzheiligen der Stadt treffen wir auf einen bunten Hippiemarkt. Neben den herrlichen Wandmalereien sind auch die schlafenden Katzen und Hunde ein typisches Element der Straßenszenen. Die Tiere lassen sich durch fast nichts stören, auch wilde Hunde tragen jetzt im Winter fast immer ein Jäckchen, vielen Tieren sind Kartonbettchen oder Schlafkartons eingerichtet, für etwas mehr Komfort gegen die wirklich kalten Nächte.
Ein Hund schlief auf der Schwelle der Ausgangstür der unteren Seilbahnstation. Als wir nach etwa einer Stunde wieder zurückkamen, lag er dort immer noch. Niemand wäre auf die Idee gekommen, das Tier dort zu verscheuchen, dafür sind Hunderte von menschen vorsichtig über ihn hinweggestiegen. Den Katzenschlafkarton fand ich an der Seilbahnstation auf dem Gipfel des Schutzheiligen, die Mieze selbst war gerade unterwegs.
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