An dieser Stelle merkt Craig McClain vom DeepSeaNews-Blog an, dass nicht alle für 2010 aufgeführten Regalecus-Exemplare gestrandet seien, sondern ein Teil davon Beifang in Fischerei-Netzen war. Solche Details und Fakten sind für Gerüchtebastler aber normalerweise irrelevant.

Gibt es einen statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Riemenfisch-Strandungen und Erdbeben?

Zuletzt haben gestrandete Riemenfische im Januar 2019 in Japan (angeblich) für Tsunami-Panik gesorgt. Jedenfalls nach Aussage des britischen Skandalblatts The Sun.
Biologen haben sich auf die Suche nach den Ursachen der Strandungen gemacht:
Ein denkbarer Zusammenhang zwischen Riemenfischen und Erdbeben wäre, dass sie in der Tiefsee bei tektonischen Aktivitäten sehr frühzeitig aufsteigenden Gase oder Erschütterungen wahrnehmen könnten.
Rachel Grant und P. F. Biagi untersuchten das im Rahmen des Projekts Can frog and bird calls be used to warn of seismic activity? und hatten Hinweise für einen solchen Kontext gefunden: “Oarfish (Regalecus spp); recent sightings and proximity to tectonic plate boundaries” Eine mögliche Erklärung der scheinbaren Korrelation könnte, so Grant, auch ein Artefakt sein: Zeitlich oder geographisc passende Sichtungen und Strandungen könnten bevorzugt dolumentiert werden.  (March 2018; DOI: 10.13140/RG.2.2.24799.15522
Dagegen spricht, dass die silbrigen „Seeschlangen“ auch vor tektonisch inaktiven Küsten stranden und auch andere Fischarten betroffen sein müssten.

Viele Sichtungen und Strandungen scheinen in einem Zusammenhang mit anormal hohen Oberflächentemperaturen zu stehen. Richard Feeney und Robert Lea hatten 2018 in “California Records of the Oarfish, Regalecus russelii (Cuvier, 1816) (Actinopterygii: Regalecidae)” einen Zusammenhang zwischen Riemenfisch-Strandungen und Jahren mit sehr hohen Temperaturen der Meeresoberfläche – El Nino-Jahre – publiziert. Das ist wenig verwunderlich, denn Riemenfische folgen ihrer Nahrung, dem Plankton.  Wenn die kleinen Schwebenden in das besonders warme Oberflächenwasser wandern, folgen die Riemenfische und andere Fische ihrer bevorzugten Beute. Dass ein drei bis acht Meter langer schlangenartiger Fisch mehr Aufmerksamkeit erzeugt und auch bekommt als Hering und Makrele ist nicht weiter verwunderlich.

Anfang 2019 haben japanische Wissenschaftler diesen Volksglauben nun klar widerlegt. Yoshiaki Orihara und sein Team haben 336 Fisch-Sichtungen sowie 221 schwere Erdbeben aus dem Zeitraum von 1928 bis 2011 analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen: Es gibt keinen statistischen Zusammenhang zwischen Riemenfisch-Strandungen und See- bzw. Erdbeben (Yoshiaki Orihara; Masashi Kamogawa; Yoichi Noda; Toshiyasu Nagao: „Is Japanese Folklore Concerning Deep‐Sea Fish Appearance a Real Precursor of Earthquakes?“ Bulletin of the Seismological Society of America (2019).

Allerdings werden trotz dieser wissenschaftlichen Publikation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der nächsten Riemenfisch-Strandung in Japan, Kalifornien und anderswo wieder die folkloristische Story von Namazu, dem, Verkünder gewaltiger tektonischer Katastrophen aus der medialen Mottenkiste hervorgeholt.
Wetten?

Quellen:

Richard Feeney und Robert Lea hatten 2018 in “California Records of the Oarfish, Regalecus russelii (Cuvier, 1816) (Actinopterygii: Regalecidae)” einen Zusammenhang zwischen Riemenfisch-Strandungen und Jahren mit sehr hohen Temperaturen der Meeresoberfläche – El Nino-Jahre – publiziert. December 2018; Bulletin Southern California Academy of Sciences 117(3):169-179; March 2018; Conference: European Geoscience Union 2018; DOI: 10.3160/3294.1

Yoshiaki Orihara; Masashi Kamogawa; Yoichi Noda; Toshiyasu Nagao: “Is Japanese Folklore Concerning Deep‐Sea Fish Appearance a Real Precursor of Earthquakes?” Bulletin of the Seismological Society of America (2019), https://doi.org/10.1785/0120190014

 

 

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