Zusammengefasst kann man also sagen: Der größte Anteil des Sauerstoffs in der heutigen Atmosphäre ist „fossil“ und wurde vor Jahrmillionen oder gar Jahrmilliarden gebildet. Der kleinere Anteil stammt aus der heutigen Primärproduktion. Dabei kommen je 50 % aus den Ozeanen und von Land, davon insgesamt 20 % aus den tropischen Wäldern.
Natürlicherweise sind Sauerstoff- und Kohlenstoffkreislauf gekoppelt und einigermaßen ausgeglichen. Das Verbrennen fossiler Energieträger bringt diese ausgeglichene Bilanz allerdings aus dem Gleichgewicht – zu Lasten des Sauerstoffgehalts.
Die katastrophalen Auswirkungen der Brände in den Regenwäldern des Amazonas und anderswo möchte ich damit keinesfalls verharmlosen oder relaitivieren – sie haben schwerwiegende überregionale ökologische, klimatische und soziale Auswirkungen.
OLCI – das scharfe Auge des Wächters über die Ozeane
2017 hatte ich Dr. Hailey Evers-Kings TedX-Talk über die optische Analyse der Farben des Ozeans bei EUMETSAT in Darmstadt gehört. Hier geht es zu ihrem hervorragenden Vortrag (ab Minute 52) – sie vergleicht die Farben des Meeres mit einem Gemälde. Mittlerweile arbeitet sie als Marine Applications Expert bei EUMETSAT (European Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites). Sie analysiert die Daten aus dem Copernicus-Programm – das Instrument OLCI (Ocean and Land Colour Instrument) des Sentinel 3A-Satelliten erfasst optisch die Färbung des Ozeans. Anhand der Meeresfarbe kann das Algenwachstum erfasst und letztendlich die Photosyntheseleistung und Sauerstoff-Produktion geschätzt werden.
OLCIs Spektralanalyse der Ozeane ermöglicht also ein globales Bild der ozeanischen Primärproduktion. Diese Daten sind eine der Grundlegenden Klima-Variablen (Essential Climate Variables), die die World Meteorological Organization definiert hat, um die biologische Aktivität an der Ozean-Oberfläche zu erfassen und zu beschreiben. Durch die Kohlendioxid-Aufnahme-Kapazität des Phytoplanktons sind diese Meerespflanzenansammlungen wichtige CO2-Speicher.
Planktonblüten können weiterhin auch zur Beobachtung von Wetter- und Klima-Phänomene wie El Niño/La Niña genutzt werden.
Diese Beobachtungen sind von großer ökologischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Blüten von Giftalgen können Aquakulturen und Fischerei bedrohen, denn die winzigen Dinoflagellaten sind tödlich. Bei Massenauftreten gerade im Kontext mit El Nino im südlichen Pazifik oder dem sogenannten Warmwasser-Blob im Nordpazifik sind in den letzten Jahren vermehrt Walmassensterben aufgetreten. Die großen Meeressäuger sind dabei nur die Spitze des Eisbergs, natürlich sind dabei auch viele andere Meerestiere umgekommen.
In dem Beitrag “In early July 2019, Sentinel-3 captured images showing blooms of Sargassum seaweed, which made the headlines due to their rapid growth and how far they spread.” beschreibt Hailey Evers-King ihre Analyse der Algenblüte des Sargassums, einer großen Braunalge, im Sargasso-Meer. Der Tang Sargassum ist für dieses Meeresgebiet charakteristisch, er ist eine schwimmende Insel in einer Ringströmung zwischen Afrika und Südamerika und ein eigenes Ökosystem. In den letzten Jahren ist es durch den Temperaturanstieg der Meeresoberfläche und das Einspülen extrem vieler Nährstoffe als Folge der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes zu einem besonders starken Algenwachstum gekommen und zu einer Verschiebung des gesamten Ökosystems. Gleichzeitig werden nun große Mengen verfilzter Tange an den Stränden der Karibik angespült, was eine weitere ökologische und wirtschaftliche Katastrophe nach sich zieht – neben dem Fischsterben, das die Fischerei unmöglich macht, und Gesundheitsrisiken ist in der Karibik auch der Tourismus empfindlich betroffen (Darüber hatte ich 2018 für Spektrum der Wissenschaft geschrieben: Sargassum: “Neuer Fluch der Karibik”.)
Die Sentinel-Satelliten gehören zum europäischen Copernicus-Programm, dem ambitionierten Erdbeobachtungsprogramm der EU. Wenn man sich die Sargassum-Problematik näher anschaut oder die auf El Nino folgenden Massensterben, wird die Bedeutung solcher Algenblüten schnell deutlich.
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