Ein junges Pottwalmännchen (Physeter macrocephalus) war am 28. November an der schottischen Küste gestrandet, auf der Isle of Harris der Äußeren Hebriden. Seine Strandung überlebte der 10 Meter lange Wal nur kurz.
Bei der Nekropsie kam heraus: Der Magen des Pottwals war mit 100 Kilogramm Kunststoff gefüllt, das meiste davon Netze und Leinen aus der Fischerei, aber auch die üblichen Plastiktüten und Plastikbecher. Die Plastiklast scheint nicht die Todesursache gewesen zu sein, denn das Tier war gut genährt. Der Magen eines Pottwals fasst mehr als 100 Kilogramm, noch war genug Platz für Tintenfische. Allerdings hätte der Wal sicherlich weiterhin Kunststoffe wie die nahezu unterreißbaren Fischereileinen aufgenommen, irgendwann in den nächsten Jahren wäre er dann mit vollem Magen verhungert. So ein Pottwal kann 60 Jahre alt, fast 20 Meter lang und bis zu 60 Tonnen schwer werden, erst im Alter von 30 Jahren wird er als echter Kerl von den Weibchen akzeptiert.
Dieser junge Bulle wird das nicht mehr erleben.
Pottwale sind Tiefwasserbewohner, die Männchen leben im Nordatlantik zwischen in ihrer Sommerresidenz vor Nord-Norwegen, viele von ihnen ziehen im Winter zum Aufenthaltsort der Weibchen- und Jungtier-Gruppen vor den Azoren. Der junge Bulle war groß genug, um als Junggeselle in der Männchen-Population zu leben und westlich der Britischen Inseln war er auf dem richtigen Weg.
Warum er gestrandet ist, bleibt unklar. Pottwale sind allerdings so schwer – dieser junge Wal wog 23 Tonnen – dass sie eine Strandung nicht überleben, sie kollabieren und sterben schnell an Überhitzung und Streß.
Wale haben eine dicke Speckschicht, den Blubber, der sie im Aufenthalt im Polarmeer und der Tiefe gegen die Kälte des Ozeans schützt. Die gleiche Isolierung verhindert, dass die Meeressäuger nach einer Strandung auskühlen. Tot oder lebendig, im Innern des Wals bleibt es mollig warm. Nach dem Tod eines Tieres bleiben die Bakterien in den Eingeweiden, das Mikrobiom, weiter aktiv. Dadurch gast der Wal auf, schnell ist er prall gespannt wie ein Trommelfell. Nach einer Weile presst der Druck oft die Eingeweide aus dem Maul und der Penis fällt aus seinem „Stauraum“ – so weit war es in diesem Fall nicht gekommen.
Aber bei der Nekropsie kam es zum kontrollierten Aufplatzen des Wals (den Geruch dazu kann ich leider nicht posten – er ist infernalisch und hält sich an Kleidung und in Haaren sehr lange).
Das Video des Scottish Marine Animal Strandings Scheme (SMASS) zeigt, was passiert, wenn man ein Loch in einen verwesenden Pottwal macht (Video shared by the Scottish Marine Animal Strandings Scheme (SMASS) shows what happens when you poke a hole in the side of a decomposing sperm whale. – thanks to Scottish Marine Animal Strandings Scheme (SMASS) for the permit to show this video!)
Mehr über das Leben der Pottwal-Bullen vor der nordnorwegischen Insel Andoya und das Familienleben der Leviathane gibt es hier – ich kenne die Tiere und habe sie schon häufiger besucht. Die Pottwale kommen dem Land dort sehr nahe, weil ein submariner Canyon bis dicht an die Stadt Andenes heranreicht. Das nordeuropäische Polarmeer erscheint so abgelegen und unberührt – das ist es nicht, wie der Müll im Pottwalmagen beweist.
Schweinswal-Baby durch toxische Muttermilch vergiftet
In angespülten Schweinswal-Kälbern (Phocoena phocoena) an den Küsten des UK haben Biologen und Tierärzte einen höher konzentrierten neurotoxischen Giftcocktail gefunden, als in deren Müttern.
Natürlich sind die Mütter schon viel länger den toxischen Belastungen ausgesetzt als ihr Nachwuchs. Aber sie scheinen einen erheblichen Teil der Giftlast beim Säugen mit der Muttermilch an ihre Säuglinge abzugeben – zu diesem Ergebnis kommt die Studie “Harbor porpoise calves exposed to neurotoxic PCBs in mothers’ milk” der Zoological Society of London und Brunel University London. Dabei sind vor allem die hohen PCB-Werte ein Problem. Polychlorierte Biphenyle sind giftige organische Chlorverbindungen, und u. a. krebserregend. Als Weichmacher in verschiedenen Kusntstoffen und in anderen Funktionen waren sie weit verbreitet, sind aber aufgrund ihrer extremen Giftigkeit seit Mitte der 80-er Jahre weltweit verboten. Leider sind sie sehr beständig und immer noch in den Ökosystemen sehr präsent, auch im Nordatlantik. Der 2016 verstorbene Orca “Lulu” hatte den höchsten PCB-Gehalt, der je in einem Wal nachgewiesen wurde. Die Orca-Gruppe, zu der “Lulu” gehörte, hat sich seit langer Zeit nicht mehr fortgepflanzt, Biologen gehen davon aus, dass diese Wale aufgrund der extrem hohen Schadstoffexposition unfruchtbar sind.
Dass sich Schadstoffe in Muttermilch extrem anreichern, ist nicht neu: In Deutschland überschritt der DDT-Gehalt in Muttermilch in den 70-er Jahren die für Kuhmilch zulässigen Höchstwerte. Durch das Verbot von DDT ging der Wert ab den 80-er Jahren zurück – in Deutschland.
Das schnelle Verbot weiterer Giftstoffe wäre für die Gesundheit unserer Meere wünschenswert.
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