Lesions in dorsal fin of bottle-nosed dolphin, caused by Lobomycosis, a fungal infection of the skin. Wild dolphin, resident in the Golfo Dulce, Costa Rica (Wikipedia: Benjamnit444)

Lobomykose, Lobo`s Disease oder Lobo-Krankheit ist eine Pilzinfektion durch den Pilz Lacazia loboi.
Sie kommt in ländlichen Gebieten Mittel- und Südamerikas sowie Südafrikas bzw. deren Küstengewässern vor, sowohl bei Menschen und als auch bei verschiedenen Delphinarten. Sie dringt über kleine Verletzungen der Haut oder Lunge ein und verursacht wuchernde Knoten und flächige Geschwüre auf der Haut.

In ihrer umfassenden Delphinstudie „Epidemiology of lobomycosis-like disease in bottlenose dolphins Tursiops spp. from South America and southern Africa” hatten Marie-Françoise Van Bressem, Paulo C. Simões-Lopes, Koen Van Waerebeek und eine ganze Reihe weiterer Forscher 658 Große Tümmler (Tursiops truncatus) und Indopazifische Große Tümmler (Tursiops aduncus) untersucht: Die Delphine stammten aus Gewässern um Süd- und Mittelamerika sowie Südafrika. Alle hatten weißliche Knoten und Geschwüre auf der Haut – typische Anzeichen für Lobomykose. Einmal ausgebrochen und nicht behandelt, ist die Krankheit chronisch, die knotigen und flächigen Hautwucherungen sind deutlich sichtbar. Die Photos der erkrankten Delphine stammen aus Projekten zur Photo-Identifikation, Whale watching-Projekten und von Totfunden.
Diese Krankheit scheint sich seit 2005 in den Delphinpopulationen auszubreiten und auch auf immer mehr Bestände überzugreifen, außerdem befürchten Delphinexperten, dass sie zum Tod einiger Meeressäuger beigetragen haben könnte.

Der Ursprung der Krankheit ist bis heute nicht geklärt. Da der hefeartige Lacazia loboi-Pilz sich nicht in Kultur anlegen lässt, ist die Krankheit immer noch rätselhaft. Ihr Entdecker – der brasilianische Hautarzt Jorge Lobo – hatte 1930 vermutet, dass der Pilz im Boden und der Vegetation lauert. Da heute bekannt ist, dass auch Delphine befallen sind, vermuten neuere Studien die Herkunft des Pilzes im aquatischen Bereich.

Bei Meeressäugern ist Lobomykose erst 1971 beschrieben worden, bei einem Großen Tümmler aus dem Golf von Mexiko aus Florida (Migaki et al. 1971). Das Auftreten der Pilzinfektion scheint an die Wassertemperatur und Salzgehalt gekoppelt zu sein – Beobachtungen seit den 50-er Jahren in einer Lagune mit Ästuar (also eine flache Bucht mit Flußmündung) zeigen einen Anstieg der Hauterkrankungen mit zunehmender Temperatur und abnehmendem Salzgehalt.

Bei Menschen ist diese Erkrankung ebenfalls aus Süd- und Mittelamerika beschrieben worden, nimmt aber auch in tropischen Gebieten Afrikas zu, außerdem sind einige Fällen von europäischen Küsten nachgewiesen – John S. Reif, Adam M. Schaefer, und Gregory D. Bossart ordnen den Pilz in ihrer Studie „Lobomycosis: Risk of Zoonotic Transmission from Dolphins to Humans“  als eine Emerging Disease ein.
Da es sich um eine Infektion handelt, ist Lobomykose genauer gesagt eine Emerging Infectious Disease, eine aufkommende Infektionskrankheit (EID). Typisch für diese EIDs ist ihr Auftreten in den arten- und lebensraumreichen Tropen und Subtropen. In der dortigen Biodiversität, wo viele Arten auf engem Raum nebeneinander leben, entwickeln sich solche Krankheiten und befallen dann oft auch andere Arten, auch Menschen. Die Übertragung einer Infektion zwischen Mensch und Tier ist eine Zoonose.

Da sich die Krankheit bei Delphinen auszubreiten scheint und gleichzeitig auch die Delphin-Mensch-Interaktionen zunehmen, könnte eine steigende Gefahr für die Übertragung der Pilzinfektion von erkrankten Delphine auf Menschen bestehen. Schließlich steigt die steigende Anzahl der Delphine in Aquarien, therapeutischen oder kommerziellen Schwimmen-mit-Delphinen-Projekten und Personen wie Biologen, Veterinären und anderen Personenkreisen, die regelmäßig in Kontakt mit gefangenen oder gestrandeten lebenden und toten Delphinen kommen.
So hatte sich an der französischen Küste ein Tierpfleger an einem in der Biskaya-Küste gefangenen Delphin mit dem Pilz infiziert. In anderen Fällen hatten sich Menschen in  Küstengewässern infiziert, etwa in Surinam und Südafrika. Dort ist es offenbar nicht zu direkten Kontakten mit Delphinen gekommen, allerdings waren in den Gewässern infizierte Delphine beobachtet worden.

Zoonosen und andere Infektionskrankheiten nehmen weltweit zu – weil Menschen in Lebensräume von Wildtieren vordringen und Wildtiere töten oder fangen. Wenn die infizierten Tiere oder Menschen dann auch noch in kurzer Zeit weite Entfernungen zurücklegen, wie es heute üblich ist, reisen die Erreger mit – wie jetzt in der Covid19-Pandemie das neue Virus Sars-CoV-2. Die Covid19-Pandemie ist eine unmittelbare Folge unseres Lebensstils mit vielen und interkontinentalen Reisen und dem Transport von Tieren über weitere Strecken.
Steigende Wasser- und Lufttemperaturen scheinen die Ausbreitung von Infektionskrankheiten weiter zu begünstigen. Ein besonders wichtiger Aspekt ist, dass zunehmende Umweltzerstörung offenbar zu einem meßbaren Anstieg der Emerging Infectious Diseases führt, wie u. a. die englische Ökologin und Fledermaus-Expertin Kate Jones mit Kollegen 2008 in einer Metastudie feststellte. 

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Kommentare (2)

  1. #1 Aveneer
    18. April 2020

    Der Unterschied zwischen Körpertemperatur von, ich sag mal „Wirt und Fehlwirt“ oder Wirt-Umwelt-Fehlwirt“, ist eine Barriere für mögliche „natürliche“ Übertragungswege.

    Ein „Eisbär“ wird für uns Mitteleuropäer auch erst gefährlich, wenn er evolutionär zum „Braunbär“ wird. Er verändert dabei nicht seine „Pathogenität“, sondern hat sich nur an die andere Umgebungstemperatur angepasst.
    Wenn sich ein Erreger an steigende Temperaturen angepasst hat (z.B. in seinem Habitat oder Wirt (Reptilien)), dann fällt unter Umständen einfach nur eine Temperaturbarriere.

    Ob sich aufgrund der Klimakrise neue Infektionswege aufzeigen, ist infektionsepidemiologisch sicher eine interessante Fragestellung.

  2. #2 Bettina Wurche
    18. April 2020

    @Aveneer: Interessante Antwort. Genau diese Diskussion tobt gerade um die Fledermäuse und ihr irgendwie anders geartetes Immunsystem.
    Ein wichtiger Aspekt bei der Zunahme von EIDs ist die größere Biodiversität in Tropen und Subtropen: Mehr Arten, mehr Lebensräume, mehr Genome. Und dementsprechend auch mehr Pathogene, schließlich ist jedes Wildtier bis zum Stehkragen voller Parasiten und Pathogene.
    Bei diesen Pilzen dürfte dazu kommen, dass sie im winterkalten Meer nicht oder schlecht überleben.
    Die zunehmenden EIDs und andere Pathogene sind jedenfalls mittlerweile von mehreren Arbeitsgruppen und der WHO beschrieben worden.