Teil 1: #Climate Fiction – Fakten und Fiktionen zur Klimakrise
Teil 2: #Climate Fiction – Die Story des nächsten Jahrhunderts
Teil 3: #ClimateFiction – Die Stadt als Keimzentrum neuer Ideen
Teil 4: #ClimateFiction: #Solar Punk – die Dystopie ist abgesagt
Die Kraft der Geschichten
Science Fiction und Climate Fiction haben die Kraft, die Klimakrise anders zu erzählen, erklärt Shelley Streeby (Professor of Literature and Ethnic Studies, UC San Diego). An die Stelle der alten Geschichten, die die Katastrophe als unausweichlich darstellen und den Einzelnen als hilflos, kann dieses Genre spekulative Zukünfte plausibel neu erzählen.
In der gegenwärtigen Situation wird diese Bedeutung alter und neuer Geschichten sehr deutlich.
Alte Geschichten dienen dem Erhalt des jetzigen Status und arbeiten gegen Veränderungen.
Alte Geschichten (Old Stories) sind Aussagen wie
- Städte sind sozial/gesellschaftlich fragmentiert
- Experten & Politiker wissen, wie sie Probleme lösen. Darum warten wir ab
- Die Katastrophe ist unausweichlich.
- Nur Technologie kann uns helfen
- Natur ist Ware & Gebrauchsgut
- Die Lösung wird zum System passen
Sie sind hilflos und entmutigend, sowohl für jede/n Einzelnen als auch für die Gesellschaft.
Dahinter steht die Angst vor Veränderungen, die immer auch eine Ungewissheit bedeuten und die Angst vor dem Verlust von bestehenden oder vermeintlichen Privilegien.
Neue Geschichten (New Stories) könnten sie ersetzen:
- Städte sind Gemeinschaft & das Epizentrum eines Systemwechsels
- Menschen & Bevölkerung haben das Wissen und die Kraft zur Veränderung ihrer Städte
- Wir können es ändern
- Technologie ist AUCH wichtig – weg vom CO2 und unserer Erdölbasierten Lebensweise
- Wir sind Teil der Natur und nutzen sie nachhaltig
- Das System ist das Problem
Mit diesen neuen, nachhaltigen Geschichten können wir uns von passiven Klimakrisen-Opfern in aktive Klimakrisen-BewältigerInnen verändern. Veränderungen und ein nachhaltiges Leben werden als positiv und als Gewinn verstanden. Neue positive Geschichten können zu Legenden werden und haben die Kraft zur Veränderung.
Benzinschleuder war gestern, Fahrrad ist zeitgemäß!
In Deutschland ist in der Klimakrisen-Diskussion solch eine kraftvolle alte Geschichte etwa das Beharren auf dem Vergaser-Motor, der hierzulande ganz offenbar den Status eines nationalen Heiligtums einnimmt. So sind in der Corona-Pandemie wieder Autokonzerne mit Milliarden aus Steuergeldern unterstützt worden. Dabei hilft diese Unterstützung wie auch die Kaufprämie für Neuwagen nur sehr wenigen Menschen und wird laut Umfrage von zwei Dritteln der Bevölkerung abgelehnt.
Außerdem wurden die vom wegfallenden Reiseverkehr stark betroffene Lufthansa und der Ferienkonzern TUI (der mit Flugreisen und Kreuzfahrten echte CO2-Schleudern als Geschäftsmodell hat) mit Milliardensummen gestützt.
Viele kleine Betriebe und Solo-Selbständige sind dagegen weitgehend leer ausgegangen. Auch Familien haben wenig finanzielle Unterstützung erfahren, stattdessen mussten viele berufstätige Eltern im Home Office arbeiten, gleichzeitig kleine Kinder betreuen und trotzdem Kita-Kosten weiter bezahlen. Zu keinem Zeitpunkt wurde auch nur angedacht, SchülerInnen für die Schulsituation zu Hause mit Laptops auszustatten, was gerade bei Kindern aus einkommensschwachen und bildungsfernen zu einem nahezu verlorenen Schulhalbjahr geführt hat. Die mangelhafte Anerkennung der Leistungen von Menschen, die im Gesundheits- oder Pflegebereich arbeiten und dabei in besonderer Weise dem direkten Kontakt mit Virus und Infizierten ausgesetzt sind, grenzt an schon an Menschenverachtung.
Den stärksten Rant gegen die Verteilung der Corona-Hilfen als sozial ungerecht, kontraproduktiv klimaschädigend und was stattdessen für viele Menschen sinnvoll gewesen wäre, habe ich ausgerechnet in der heute-Show, einer Satire-Sendung, gesehen.
Offenbar sprechen vor allem Narren und Kinder (FridaysForFuture) unangenehme Wahrheiten laut aus (wobei in diesem Fall der Satiriker ein ausgebildeter Journalist ist).
Aber auch der Terra X-Moderator Dirk Steffens fordert im sehr lesenswerten Journalistin-Interview Veränderungen:
Er schlägt eine moderne Geschichte für die Verteilung der Corona-Hilfen vor, die einen Lösungsansatz für die umfassende Ökokrise beinhaltet: „Jetzt stellen Sie sich mal vor, diese Milliarden würden an Bedingungen geknüpft. Stellen wir uns mal vor, die Politik sagt der Autoindustrie: Ihr kriegt so viel Geld, wie Ihr braucht, um die modernsten und umweltfreundlichsten Autos der Welt zu entwickeln.“ Dann wären die deutschen Autobauer auch in zehn Jahren noch Weltmarktführer.
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