In einem Interview mit dem Stil-Magazin der New York Times im Oktober 2018 bestätigte George R. R. Martin die Vermutung seiner Fans, dass sein Epos tatsächlich eine politische Bedeutung hat, und er die Serie als Metapher für den weltweiten Klima-Wandel angelegt hat.

Er bedauere, dass der Klimawandel so oft vernachlässigt wird, denn er sei das drängendste globale Problem: „Wir verschwenden zehnmal so viel Energie darauf, zu diskutieren, ob NFL-Spieler bei der Nationalhymne stehen sollen oder nicht“ – als über die Gefahr, die unsere Erde zerstören wird, zu reden, sagt er im Interview.

Die Welt des Spiels um Macht und Throne ist verworren und destruktiv, es scheint keine Spielregeln zu geben: Eine Einteilung in Gut und Böse wie etwa in Tolkiens gut sortiertem Herrn der Ringe gibt es in Westeros nicht. Stattdessen werden stetig neue Allianzen geschmiedet und Versprechen gebrochen, die Kämpfe wogen hin und her, oft ohne wirklich Sieger. Auch darin ähnelt Martins Phantasiewelt unserer Welt, in der es selbst auf Staatsebene mittlerweile eher um persönliche Bereicherung und Befindlichkeiten geht, als um das Wohl ganzer Staaten und ihrer BürgerInnen.

Menschen haben offenbar die selbstzerstörerische Eigenschaft, sich lieber gegenseitig zu bekämpfen, als sich gemeinsam einer großen, existentiellen Gefahr zu stellen. Auch, wenn um sie herum gerade die Welt untergeht. Leider nicht nur in Fantasy-Epen.

Zusammenfassend ist also zusagen:

-> Climate Fiction beschäftigt sich mit der Bewältigung der Klimakrise und ihrer Folgen und zeichnet plausible mögliche Zukünfte
-> AutorInnen nutzen mögliche CliFi-Szenarien (und Science Fiction-Szenarien) auch für
gesellschaftspolitische Kritik
-> die Klimakrise macht gesellschaftliche Ungleichheit noch sichtbarer
-> Klimakrise, Ökokrise & soziale Ungerechtigkeit sind maßgeblich
auf die Mentalität der Gewinnmaximierung zurückzuführen:
in der Krisenbewältigung steckt der Schlüssel für eine fairere Welt
-> AutorInnen können dazu Inspirationen geben

Die Diskussion mit den hier aufgeführten Aspekten, Argumenten und Forderungen basiert auf meinem neuen Vortrag „Climate Fiction“ und wurde auf der ElsterCon in zwei Klima-Podiumsdiskussionen (“meine” Runde bestand aus Dirk C. Fleck, Wolfgang M. Schmitt und mir mir, moderiert hat Dr. Claudia Rapp) , weiteren Vorträgen und vielen Einzelgesprächen geführt.
Ich hatte, wie schon zuvor in anderen Diskussionen und Gruppen, ob mit KollegInnen, FreundInnen oder beruflichen Gremien, den Eindruck, dass viele Menschen bereit sind, verantwortungsbewusst zu handeln und ihr Leben zu ändern. Allerdings müsste jetzt ganz dringend ein Signal von oben kommen, um die vielen existierenden guten Lösungskonzepte und Ideen endlich umzusetzen.
Dass Science Fiction und Climate Fiction-AutorInnen und SF-Fans sich offenbar mehr um die globale Klimakrise sorgen und die Warnungen aus der Wissenschaft deutlich ernster nehmen als die Regierungen dieser Welt, empfinde ich als besorgniserregend.

Im Rahmen des ElsterCon hatte Tina Nötzold von Radio Corax mich interviewt – unser Gespräch ist hier zum Nachhören: “Von der “Climate Fiction” zur Realität urbaner Mobilität”

 

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Kommentare (3)

  1. #1 rolak
    16. Oktober 2020

    Eine Einteilung in Gut und Böse (..) gibt es in Westeros nicht

    Genau wie in der realen Welt auch – nur im Rahmen der Fantasy (und äquivalenten Konstrukten) ist dergleichen überhaupt akzeptabel.

  2. #2 UMa
    17. Oktober 2020

    Dass etwa in Indien die sommerlichen Temperaturen seit diesem Jahrzehnt regelmäßig 50 °C übersteigen und eine Arbeit im Freien für Menschen dann kaum noch möglich ist, es Hitzetote gibt und die Infrastruktur leidet, betrübt in Europa kaum jemanden. Noch ist es zu weit weg.

    Weit weg? Eher nicht.
    Infolge der Hitzewelle im August 2020 sind in Deutschland fast 5000 Menschen vorzeitig verstorben.
    2019 gab es mehrere Hitzewellen in der Ende Juli verstarben über 3000 Menschen in Deutschland zusätzlich.
    Und an der großen Hitzewelle im Juli/August 2018 verstarben in Deutschland über 8000 Menschen.

    Das kann man selbst an den Rohdaten sehen, wenn man sie plottet.
    https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Corona/Gesellschaft/bevoelkerung-sterbefaelle.html

  3. #3 Bettina Wurche
    28. Oktober 2020

    @UMa: In Indien waren gar nicht “nur” die Hitzetoten das Problem, sondern die Situation, dass bei diesen Temperaturen die Arbeit im Freien, etwa in der Landwirtschaft nicht mehr möglich ist. Damit steht ein zunehmend kleinerer Teil des Sommers/des Tages für die Bearbeitung der Felder zur Verfügung. Dass die Klimakrise auch noch den Monsun mit dem dringend nötigen Regen beeinflußt, kommt noch dazu. Der IPCC hatte speziell den Klimakrisen-Folgen auf die indische Wirtschaft ein Kapitel gewidmet. Dabei stehen die Gesundheit der Arbeitenden auf dem Spiel, die Ernährung der Bevölkerung ist gefährdet und natürlich Schlüssel-Wirtschaftsbereiche wie Baumwolle, Tee, u. a., auch für den Export. Es geht also um weitaus mehr als “nur” ein paar Tausend Hitzetote.
    (Sorry für die späte Antwort).