Dazu analysierten sie alle bekannten Daten von denen mit Sendern ausgestatteten Carcharias-Exemplaren über die verschiedenen Robbenarten – Seehunde, Seelöwen und sogar See-Elefanten – und natürlich die Otter: Die meisten Haiangriffe fanden im Sommer statt, und es traf vor allem junge Tiere und Männchen.
Im Sommer bekommen die Robben ihre Jungen, in dieser Zeit patrouillieren die Großen Weißen Haie sehr nahe der Küste, immer auf der Suche nach einer leckeren, einfach zu schnappenden Mahlzeit wie einem ungeschickten Robbenjungen.
Junge Otter und Männchen haben einen stärkeren Trieb zur Exploration, sie machen sich eher auf die Suche nach neuen Nahrungsgründen und erkunden weitere Areale außerhalb ihres bekannten Habitats. Dabei geraten sie aus ihrem geschützten Lebensraum nahe Monterey Bay schnell in die Jagdgründe der Großen Weißen Haie.

Wegen der steigenden Otterpopulation kommen solche Explorationen jetzt häufiger vor. Nahe der Felsküsten Kaliforniens sind sehr gute Otterlebensräume, wo sie auch vor Haien ausreicht geschützt wären. Das Problem ist nur, dass der Weg dorthin durch das Hai-Jagdrevier führt.

Darum überlegen einige Wissenschaftler mittlerweile, einige Otter einfach in neue Habitate einzusetzen, etwa in der Bucht von San Francisco. Dieser Bereich ist frei von Großen Weißen Haien und bietet reichlich Nahrung – ein guter Otter-Lebensraum. Bis vor 200 Jahren lebten sie in dieser Bay, bis sie ausgerotten wurden. Nur die örtlichen Fischer könnten von der Otter-Rückkehr weniger begeistert sein und die gefräßige Konkurrenz für die Krabben Abalones (Seeohr) und Muscheln (Clam) nicht willkommen heißen.

Diese konkurrierenden Interessen sind ein typischer Konfliktfall des Naturschutzes: Eine geschützte Art frißt eine andere, ebenfalls geschützte Art, zusätzlich wird es kompliziert durch Fischereiinteressen. Ich bin gespannt, wie die Lösung aussehen wird. Vielleicht können die Biologen die Fischer vom Nutzen der Otter überzeugen?

Die Rückkehr der Meerotter in der San Francisco Bay nach 200 Jahren könnte nämlich für einen steigenden Fischbestand sorgen: Die Meeressäuger fressen Krabben, die wiederum Meeresschnecken fressen, die Algen vom Seegras raspeln. Wenn die Anzahl der Krabben sinkt, steigt die Schnecken-Population, die wiederum das Seegras frei von Algen halten. Das würde zu einer Blüte des Seegrases (Eelgrass) führen, in dem sich Jungfische gern verstecken. So würden Meerotter die Kinderstuben auch von begehrten Speisefischen schützen. Allerdings sind Ökosystem-Funktionen oft komplexer als solche Kausalketten. Die Wissenschaftler würden jedenfalls zu gern beobachten, wie sich die Rückkehr eines Top-Prädatoren in der San Francisco-Bucht auswirken würde.
Damit sind Otter, typisch für Top-Prädatoren und Megafauna, eine Schlüsselart, die für ein spezifisches Ökosystem maßgeblich ist.

Seeotter knabbert an Stierkopfhai (Twitter)

Otter fressen Haie
Manchmal funktioniert die Nahrungskette aber auch anders herum und ein Pazifischer Meerotter greift sich einen Hai – diese Bilder hatte die Otterschutz-Seite Sea Otter Savy getwittert (ein Besuch der Seite lohnt sich wegen der herrlichen Bilder sehr!)
Den Zwischenfall hatten Don Henderson und Alice Cahill im November 2020 in der kalifornischen Morro Bay beobachtet – ein Otter knabberte an einem Stierkopfhai. Nach Aussage des Otter-Experten Michael D. Harris vom California Department of Fish and Wildlife ist das noch nie zuvor beobachtet worden – die südlichen Meerotter fressen normalerweise keine Fische und schon gar keinen Hai!
Allerdings soll der Meeressäuger den kleinen Hai dann nicht gefressen haben. Ob er das Haichen selbst gefangen oder einen Kadaver gefunden hatte, ist ebenfalls nicht bekannt.
Stierkopfhaie sind kleine Grundbewohner, und nach menschlicher Auffassung harmlos. Auch wenn die Muscheln und Krabben im Meer anderer Meinung sein dürften.

Die Beobachtung “Otter knabbert an Hai” hatte dann der italienische Palaeo-Art-Künstler Hodari Nundu umgesetzt, allerdings mit einem wesentlich größeren Otter: Dem fossil auf Sardinien gefundenen Megalenhydris. Das Pleistozän hatte eine Fülle faszinierender Megafauna (wie kürzlich am Pleistocene Park-Projekt diskutiert) dies trifft auch auf die Insel Sardinien zu.
Er präsentiert seine Werke auf DeviantArt, hier ist der Riesenotter Megalenhydris beim Snacken eines Hammerhais.

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Kommentare (6)

  1. #1 RPGNo1
    17. Dezember 2020

    Viele der Bisse sahen so aus, als ob der Hai einfach einmal probieren wollte.

    Das erinnert mich an die Hypothesen, warum es zu Haiattacken auf Schwimmer oder Surfer kommt. Die Haie wollen probieren bzw. verwechseln die Menschen mit Robben und lassen deswegen nach dem Angriff meist wieder ab, wenn sie ihren Irrtum erkennen.

  2. #2 RPGNo1
    17. Dezember 2020

    @Bettina Wurche

    Die Größe des pleistozänen Meeresjägers hat der Palaeo-Art-Künstler mit dem Verspeisen eines Hammerhais gleichgesetzt.

    Ist dieses Bild eventuell im Netz verfügbar? Ich würde es mir zu gerne ansehen.

  3. #3 Bettina Wurche
    17. Dezember 2020

    @RPGNo1: Genau!

  4. #4 Bettina Wurche
    17. Dezember 2020

    @RPGNo1: Ich habe es nur auf Twitter gefunden: https://twitter.com/hodarinundu/status/133213907073081753
    Hodari Nundu lädt seine Werke auf DeviantArt hoch:
    https://www.deviantart.com/hodarinundu
    Dort ist auch die Megalenhydris-Szene zu sehen:
    https://www.deviantart.com/hodarinundu/art/Megalenhydris-862364715
    Ich ergänze das am besten Mal.

  5. #5 RPGNo1
    17. Dezember 2020

    @Bettina Wurche

    Danke für die Links. Ich werde mal reinschauen.

  6. #6 rolak
    17. Dezember 2020

    Meerotter

    Mehr Otter finden einige ziemlich gut!

    ~·~
    Yoi, wat ene Schwellkopp. Erinnert an zig Kinderbuch-Illustrationen… Allerdings gibts die offensichtlich durchaus auch in recht realistisch gestaltet.