Der Penisknochen (Os penis, Os priapi oder Baculum) ist eine Verknöcherung des Penisschwellkörpers (Corpus cavernosum penis). Die meisten Raubtiere (Hunde, Bären, Katzen Marder, Robben, …), die meisten Primaten und einige andere Säuger-Gruppen haben ein Baculum. Bei den meisten Katzenarten ist diese Struktur zurückgebildet, bei Menschen und Walen wird sie gar nicht ausgebildet.

 

Oberflächlich betrachtet erinnert dieser elegant geschwungene Walrossknochen an einen langen Extremitätenknochen. Beim genauen Hinschauen bemerkt man aber schnell die Unterschiede: Es gibt natürlich keine Gelenkstücke, die an Knie oder Hüftgelenk passen. Die Krümmung verläuft nicht seitlich, sondern in der Richtung der Bauch-Rücken-Achse (=dorso-ventral).
Dieses Walroß-Baculum ist 59,5 Zentimeter lang, zwischen 16,5 und 9,0 Zentimeter breit und perfekt erhalten. Keine Beschädigungen sind sichtbar.

In Alaska und Grönland heißt das Walross-Baculum „Oosik“, das Wort stammt aus einer Inuit-Sprache.
Alaskanische und grönländische Ureinwohnern haben für den Oosik verschiedene Verwendungen, heute verkaufen sie solch ein Stück gern als Souvenir an Touristen. Oft sind die Knochen dann noch poliert und kunstvoll geschnitzt.
Um den Walross-Penisknochen ranken sich viele Legenden und Anekdoten, es gibt sogar eine Ode dazu „Ode to an Oosik“ (s. u.)

Ein Baculum dieser Größe hat natürlich bei den erwachsenen Besuchern der Seehundsstation für ein breites Grinsen gesorgt. Etwas schwieriger war es, diese faszinierende Struktur Fünfjährigen zu erklären. Ich habe dann die Eltern weiterverwiesen : ).

Odobenus Baculum Seitenansicht

Odobenus Baculum Seitenansicht ( (C) Seehundsstation Friedrichskoog)

Ein Baculum ist ein unpaarer Knochen und meistens leicht gekrümmt. Penisknochen gibt es in einer überraschenden Formenvielfalt. Manche sind wie Baseballschläger geformt, andere erinnern eher an exotische Blüten.
Übrigens: Das weibliche Äquivalent zum Os penis der Säugetier-Männchen ist der Os clitoridis oder das Baubellum.
Beide Knochen sind artspezifisch.
Warum, zu welchem Zweck und in welcher Form und Größe sich diese genitalen Knochenstrukturen in den verschiedenen Säugetiergruppen entwickelt bzw. in einigen nicht entwickelt oder zurückgebildet haben, ist immer noch Gegenstand wissenschaftlicher Spekulation. Die Formenvielfalt hat sicherlich etwas damit zu tun, dass er keine so elementare Funktion wie etwa ein Oberschenkelknochen erfüllen muss.

Warum aber nun gerade Hyänenweibchen und Erdhörnchen mit so gewaltigen genitalen Errungenschaften protzen, kann bis heute niemand befriedigend erklären. Wahrscheinlich ist, dass Homo sapiens das Baculum im Laufe der Primaten-Evolution verloren hat, da er bei fast allen anderen Primaten-Vertretern vorhanden ist.

Gilberts und Zevitts Hypothese, Eva sei nicht aus Adams Rippe sondern aus seinem Baculum entstanden, war hoffentlich nur ironisch gemeint (Gilbert and Zevit. 2001. Congenital human baculum deficiency: The generative bone of Genesis 2:21-23. American Journal of Medical Genetics, 101(3):284-285.).


“Ode to an Oosik”

Diese herrlichen Reime dürfen in einem Artikel über das Baculum von Odobenus rosmarus keinesfalls fehlen:

Strange things have been done in the Midnight Sun
and the story books are full,
But the strangest tale concerns the male
magnificent walrus bull!

I know it’s rude, quite common and crude,
perhaps it is grossly unkind;
But with first glance at least, this bewhiskered beast,
is as ugly in front as behind.

Look once again, take a second look – then
you’ll see he’s not ugly or vile –
There’s a hint of a grin, in that blubbery chin –
and the eyes have a sly secret smile.

How can this be, this clandestine glee
that exudes from the walrus like music?
He knows, there inside, beneath blubber and hide
lies a splendid contrivance – the Oosik!

“Oosik” you say – and quite well you may,
I’ll explain if you keep it between us,
in the simplest truth, though rather uncouth,
Oosik is, in fact, his penis!

Now the size alone of this walrus bone,
would indeed arouse envious thinking –
it is also a fact, documented and backed,
There is never a softening or shrinking!

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Kommentare (8)

  1. #1 Omnivor
    Am 'Nordpol' von NRW
    19. Dezember 2020

    Stört das Baculum nicht beim robben über Land?

  2. #2 rolak
    19. Dezember 2020

    ?

    a) Walrosse robben nicht, sie walrossen
    b) nein, genauso ‘eingebaut’ wie auch bei Delphinen etc pp, guckst Du (mach lieber den Ton aus, wg des hysterisch kichernden Publikums…)
    ~•~
    Ble·e·e·endendweißer WalrossZahn,
    Strahlt mich aus dem Christbaum an,
    Kein Meer, kein Eis,
    Kein Muschel/Wurm,
    ob’s Heimweh hat? (oder doch schön ist die Zeit, schön ist die Zeit?)

  3. #3 RPGNo1
    19. Dezember 2020

    @Omnivor

    Das wird doch in die Körperhöhle eingezogen. Wie beim Hund.

  4. #4 Bettina Wurche
    19. Dezember 2020

    @Omnivor: gute Frage und von @RPGNo1 schon gut erklärt. Penis und Skrotum sind bei aquatischen Säugern vollständig ins Körperinnere verlagert, das gebietet die Hydrodynamik. Der Penis wird nur für die Paarung aktiviert. Auch die Zitzen der weiblichen Tiere sind tief in Hautfalten zurückgezogen, die Milch wird den Jungtieren aktiv von der Mutter ins Maul gespritzt.

  5. #5 Bettina Wurche
    19. Dezember 2020

    @rolak: woher stammt denn dieser schräge Reim?

  6. #6 rolak
    19. Dezember 2020

    woher?

    Ach weißte, Bettina, irgendwann heute morgen wollte ich ganz genau wissen, ob das Walross so seehundmäßig sein Aufhängerli auf der Nase balanciert. Und als es beim Vergrößern Richtung Whiteout ging, ploppte ‘blendend-weiß’ hervor und damit unvermeidlich auch die Assoziation zu dem Jungen, der so bald nicht wiederkommt. Der Rest ergab sich dann beim Versuch, rhythmisch halbwegs beim Original zu bleiben.

    Textliche B-Versionen sind ne StandardNummer im hiesigen Karneval, das prägt ;•)

  7. #8 Bettina Wurche
    17. Juni 2022

    Danke! Unglaublich! Hoffentlich kommt das Tierchen wieder zurück in seinen normalen Lebensraum