Ein herzliches Dankeschön an Jesús Alcázar-Treviño für die Zusendung der Publikation und seines Bildes.

Warum ich Schnabelwale mag

Für Zahnwale hat diese ganze Wal-Familie (Ziphiidae) übrigens unglaublich wenig Zähne – viele Arten haben nur noch 2 bis 4 Zähne im Unterkiefer und oft nur noch die erwachsenen Männchen. Das Spektrum reicht von wie Stiftzähnen bis hin zu Hauern, die über dem Oberschnabel fast aneinanderstoßen – sie sind jeweils gattungs- und artspezifisch ausgebildet. Darum ist auch sicher, dass sie ihr Gebiß nicht für die Ernährung brauchen, stattdessen saugen sie ihre Tintenfische und Fische ins Maul – suction feeding heißt diese  Ernährungsweise.

Schnabelwale sind auf Meertext sehr häufig zu Gast: Über diese kryptischen Wale habe ich meine Diplomarbeit geschrieben und bekomme niemals genug von ihnen. Sie sind aber auch immer wieder für Überraschungen gut – erst vor einigen Wochen ist mal wieder eine neue Art entdeckt worden (mehr dazu hier), und es war sicherlich nicht die letzte.

 

 

 

 

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Kommentare (5)

  1. #1 Kerberos
    12. Januar 2021

    Hmmmm,
    wie genau funktionieren eigentlich Hörorgane und vor allem
    Stimme bei diesen tieftauchenden Walen?
    Was das Hören betrifft, sehe ich geringere Probleme,
    da vermutlich der gesamte Hörgang bis zur Schnecke mit
    Seewasser oder einer Hilfsflüssigkeit gefüllt sein dürfte.
    Amboss und Steigbügel sind überflüssig, da die Akkomodation
    von Luft- auf Flüssigschall entfällt.
    Schwieriger finde ich die Schallerzeugung, beim Surfen fand
    ich nur Beispiele für Bartenwale, da werden wohl im Atemapparat
    die “Gesänge” erzeugt.
    Aber bei 1000 m Tiefe (=100 bar) ist das Restvolumen der
    Atemluft auf 1/100 stel des Volumens an der Oberfäche
    komprimiert.
    Oder ist das entscheidend, um die sehr hohen Frequenzen
    erzeugen zu können?
    Funktioniert das nur in der Tiefe, und sind diese
    Klicks an der Oberfäche gar nicht möglich?
    Ratlos

  2. #2 Bettina Wurche
    13. Januar 2021

    @Kerberos: Walohren sind nicht mit Flüssigkeit gefüllt und da sind auch nicht mal eben Knöchelchen reduziert worden.
    Wale hören und vokalisieren vollständig anders als Menschen. Wale haben da seit 60 Mio Jahren eine eigenständige Entwicklung eingeschlagen, das ist ein extrem komplexes Gebiet:
    Grundsätzlich erzeugen Zahnnwale die verschiedenen Laute (Whistle, Klick, Buzz) im Nasentrakt mit Hilfe der Phonic Lips. Der Wiki-Artikel erklärt das ganz gut und zitiert Ted Cranford:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Whale_vocalization

    Hier ist Hören und Senden bei Schweinswalen gut erklärt:
    https://www.meeresmuseum.de/schweinswale/

    und hier am Beispeil des Orcas:
    https://seaworld.org/animals/all-about/killer-whale/communication/

    Zahnwale klicken in jeder Tiefe. Pottwale (und wahrscheinlich auch Schnabelwale) haben extreme Sonderanpassungen (die Schädel sind extrem asymmetrisch und die Fette in der Melone haben eine andere Zusammensetzung als bei anderen Walen):
    https://www.spektrum.de/magazin/die-nase-des-pottwals-riesengehirn-fuer-riesennase/1359256
    Pottwale nehmen keine Atemluft mit, sie atmen vorher aus, die Lungen kollabieren dann.
    https://www.dw.com/de/pottwale-meister-des-tieftauchens/a-17038959
    In der Tiefe klicken und buzzen Pottwale dann (wie jetzt auch bei den Schnabelwalen nachgewiesen)
    https://scienceblogs.de/meertext/2020/12/16/3693/

    Bartenwale erzeugen ihre “Gesänge” wohl im Kehlkopf, allerdings ohne Stimmbänder (nicht mein Gebiet, müsste ich recherchieren).
    https://en.wikipedia.org/wiki/Whale_vocalization

    Walschädel sind asymmetrisch (vor allem im Stirnbereich) u die Gehörknochen sind durch Bindegewebe isoliert im Schädel. Das ermöglicht Richtungshören im Wasser – die Zeitverzögerung, mit der die Echos auf die Ohren treffen ergibt ein dreidimensionales akustisches Bild. Auch Bartenwale haben asymmetrische Schädel, auch wenn sie nicht klicken können sie so dreidimensional hören.

    Wie gesagt, es ist komplex.

  3. #3 Kerberos
    14. Januar 2021

    Hallo Fr. Wurche,
    vielen Dank für die ausführliche Antwort die Links.
    Es ist mir aber immer noch nicht klar, ob da Reste
    von “Atemluft” bei der Schallerzeugung in großen
    Tiefen eine Rolle spielen.
    Evtl. wird Flüssigkeit zwischen den Stimmlippen
    der Pottwale durchgepresst?

  4. #4 Bettina Wurche
    14. Januar 2021

    @Kerberos: Nach allem, was ich dazu weiß, nehmen Pottwale (wohl auch andere Wale) nur in der knorpelig verstärkten Luftröhre (Trachea) einen Rest Luft mit. Der muss dann wohl zum Klicken reichen.
    Auch in der Tiefe. Pottwale und Schnabelwale haben sich seit über 30 Mio Jahren an diese spezielle Tieftauch-Situation angepaßt.

    Haben Sie von den links etwas gelesen?
    In den Atemwegen ist NIEMALS Flüssigkeit – daran würde ein Säugetier ertrinken.
    Die phonic lips funktionieren mit dem Luftstrom.

    Die Erforschung des Atemtrakts geschieht überwiegend an toten Walen. Da wüssten gern eine Reihe von Leuten, welche Rolle der Rest Atemluft spielt. Huggenberger/Oelschläger haben den konservierten Kopf eines gestrandeten Pottwal-Baby in Scheiben geschnitten und dann die Gewebe untersucht und in 3 D rekonstruiert. Das ist nach meinem Wissen die neueste und ausführlichste Arbeit dazu, der Spektrum-Artikel ist die einfache Version von Dr. Huggenbergers Doktorarbeit. Herr Prof. Oelschläger ist allerdings ein ausgewiesener Wal-Anatom, darum messe ich dieser Arbeit viel Gewicht bei.

    Hier ist eine frei zugängliche Abbildung:
    https://www.semanticscholar.org/paper/The-nose-of-the-sperm-whale%3A-overviews-of-design%2C-Huggenberger-Andr%C3%A9/8d52f140cf69b87d6864ba1eabd1acd733078a6d/figure/6

    Das Problem bei dieser Forschung ist: niemand kann die Bewegungen direkt beobachten bzw. am lebenden klickenden Pottwal eine CTD machen. Über die DTAGs wissen wir aber, dass die Wale in der Tiefe klicken. Es muss also funktionieren.
    Mehr haben wir bisher nicht.

  5. […] verhalten sie sich möglichst unauffällig: Das Leben der mittelgroßen Zahnwale ist geprägt von ihrer Furcht vor Orcas. Äußerlich sehen sie wie zu groß geratene Delphine aus, ihr auffallendstes Merkmal ist die oft […]