Am 31.12.2020 trat der “One Small Step to Protect Human Heritage in Space Act” in Kraft.
51 Jahre nach dem ersten Mond”spaziergang” der US-amerikanischen Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Juli 1969. Und 10 Jahre, nachdem die NASA 2011 dringend empfohlen hatte, die Fußstapfen, Gerätschaften und andere Hinterlassenschaften zum einzigen extraterrestrischen Kulturerbe zu erklären und unter Schutz zu stellen.
Der “One Small Step to Protect Human Heritage in Space Act” besagt, dass die NASA Aufträge und Kooperationen nur an solche Firmen vergeben darf, die sich zur Bewahrung dieses kulturellen Erbes verpflichten: “US-Handelsunternehmen und andere Unternehmen, die Verträge, Zuschüsse oder andere Vereinbarungen für Mondaktivitäten mit der NASA abschließen möchten, die von, für oder in Partnerschaft mit der NASA durchgeführt werden, müssen sich bereit erklären, sich von den Stätten des menschlichen Erbes auf dem Mond fernzuhalten, um Anspruch auf die angeforderte Unterstützung zu haben.”
Dieses US-amerikanische Gesetz hat natürlich nur für die US-Raumfahrt bindende Wirkung, ob sich etwa die chinesische China National Space Administration (CNSA) (Chinese: 国家航天局; pinyin: Guójiā Hángtiān Jú) oder die russische Raumfahrtagentur Roscosmos daran halten werden, darf bezweifelt werden. Aber es ist ein erster Schritt, der hoffentlich noch weitere nach sich ziehen wird. Und vielleicht irgendwann ins Weltraumrecht aufgenommen wird.
Immerhin ist der Mond 50 Jahre nach dem Apollo-Programm wieder topaktuell und im Fokus von mehr privaten und staatlichen Raumfahrtunternehmen, als je zuvor. Gerade die CNSA hat bereits mehrere erfolgreiche robotische Missionen durchgeführt, die von genialem Marketing begleitet waren – wie die rührselige Geschichte der Mondgöttin Chang`e und ihres Jadehasen Yutu.
In den USA hatte 2011 die Obama-Administration den ersten Schritt für den Denkmalschutz der lunaren Stätten begonnen, Trump hatte dann 2017 die White House Space Policy Directive unterzeichnet. Das Gesetz wurde vom Parlament verabschiedet und im Dezember 2020 von Trump abgezeichnet. Diese seltene Einigkeit unter Demokraten und Republikanern freut mich, sie zeigt, dass Sachpolitik eben doch möglich ist. In der finalen Fassung des Gesetzes werden neben den “White boys”, den heroischen Astronauten, auch explizit die “über 400 000 Personen, die auf den Schultern jahrhundertelanger Wissenschaftsentwicklung und Pionieren der Ingenieurskunst aus allen Teilen der Welt zur Entwicklung der Apollo-Missionen beigetragen haben.” geehrt. Darunter, so heißt es weiter “auch Frauen afro-amerikanischer Herkunft wie Katherine Johnson, Dorothy Vaughan, Mary Jackson, und Dr. Christine Darden, die entscheidende Beiträge zu den Raumfahrtprogrammen der Nasa geleistet haben.”
Ich hoffe sehr, dass es ein Schritt zu einer internationalen Vereinbarung für einen echten Denkmalschutz ist und die Landestätte der ersten Menschen auf dem Mond dann wirklich eines Tages ein UNESCO-Welterbe wird.
Mehr zur Diskussion um den Denkmalstatus der lunaren Artefakte hatte ich 2018 hier geschrieben.
Materialforschung im Weltraum
Neben dem Denkmalschutz für diese kulturelle Leistung geht es auch um ein einzigartiges Langzeitprojekt, wie sich das Mondklima mit seinen extremen Temperaturunterschieden, Strahlung und anderen Eigenschaften auf die zurückgelassenen Spuren, Vehikel und Gegenstände aus verschiedenen Materialien ausgewirkt haben: „Three Apollo sites remain scientifically active and all the landing sites provide the opportunity to learn about the changes associated with long-term exposure of human-created systems in the harsh lunar environment. These sites offer rich opportunities for biological, physical and material sciences.”
Welche Metalle und welche Kunststoffe haben sich bewährt? Wie sind sie gealtert? Die Alterung dieser Materialien enthält wichtige Informationen für den geplanten Bau der Mondstation. Auch wenn die Lunar-Basis wohl aus Mond-Regolith gebaut und vermutlich modular ausgedruckt wird, bleiben noch viele andere Anwendungen auch für andere Materialien übrig.
Diese Erkenntnisse sind für die geplanten weiteren Mondaktivitäten von unschätzbarem Wert, schließlich planen mehrere Weltraumagenturen gerade neue Mond-Programme:
- das NASA-Artemis-Programm verspricht die “Rückkehr der Menschheit auf den Mond” – gewohnt ambitioniert, mit der größten Rakete aller Zeiten. Eine sehr umfassende Planung bis hin zu einer neuen Generation von Raumanzügen, was auch wirklich dringend nötig sein wird – die derzeitigen EVA-Raumanzüge sind seit der Apollo-Mission nicht grundlegend verändert worden (EVA: Extravehicular Activity).
- die europäische ESA denkt an ein bemanntes internationales Moon Village (Monddorf)- ESA und NASA bauen gerade an der Orion-Kapsel als Gefährt der Lunanauten.
- Außerdem haben die Partner der International Space Station (NASA, ESA, Roscosmos, CSA (Canada) und JAXA (Japan)) ihre Pläne zur Entwicklung eines Lunar Gateways bekräftigt – ein Außenposten im Mond-Orbit, von dem aus sowohl robotische als auch bemannte Missionen leichter die Mondoberfläche erforschen können.
- die CNSA plant weitere unbemannte Flüge und arbeitet dabei auf eine Probennahme und Rückkehr der Probe zur Erde hin – inklusive Chang`e 7, die in 2024 starten soll, sollen die Lander auf verschiedenen Plätzen auf dem Mond landen. Letztendlich plant auch die CNSA eine internationale Mondstation und umwirbt bereits mögliche Partner wie ESA und Roscosmos.
- Roscosmos plant im Oktober 2021 Luna-25 und weitere Missionen – damit knüpfen sie an den letzen sowjetischen Mondlander Luna-24 von 1976 an.
- Indian Space Research Organisation (ISRO /ˈɪsroʊ/, IAST : Bhāratīya Antrikṣ Anusandhān Saṅgaṭhan) hat mit Chandrayaan-2 eine Bruchlandung auf dem Mond gemacht, der nächste Versuch heißt Chandrayaan-3.
- private Firmen wie die PTS – Planetary Transportation Systems GmbH planen ebenfalls Reisen zum bzw. um den Mond: PTS verfolgt weiterhin das Ziel, einen kleinen Lander auf den Mond zu bringen – Alina soll vor 2025 den Erdtrabanten erreichen (PTS hatte als Part Time Scientists Insolvenz anmelden müssen und agiert seit Januar 2020 mit neuem Kapital unter den gleichen Initialen).
- die israelische Mondsonde Beresheet (hebräisch für Genesis /Schöpfung) der israelischen privaten Non-Profit-Firma SpaceIL hatte 2019 ebenfalls eine Bruchlandung hingelegt und dabei möglicherweise Bärtierchen auf die Mondoberfläche gebracht – (Meine Kritik an diesem Projekt wegen der religiösen Attitude und der möglichen Verunreinigung des Mondes mit Lebensspuren ist hier hier ausführlich).
Neben der Materialforschung gibt es auch noch andere astronautische Hinterlassenschaften an der Mondlandestelle: Gefüllte Kot- und Urinbeutel. Kot enthält neben verdauten Speiseresten auch Mikroorganismen aus dem menschlichen Mikrobiom. Wie sich 50 Jahre des rauen Mondklimas auf ridische Bakterien ausgewirkt haben, dürfte spannende Anhaltspunkte auch dafür geben, wie sich der Mondaufenthalt auf Lebewesen und letztendlich auch auf wie Menschen auswirken könnte.
Die Astronauten mussten beim Abheben von der Mondoberfläche an Gewicht sparen, darum haben sie allen Ballast auf dem Mond zurückgelassen. Neben Mondrovern auch die kostbare Hasselblad-Kamera, jene Fäkal- und Urinbeutel und andere Objekte. Sie waren sich sicher, dass die harte Strahlung alles desinfizieren würde. Eine weitergehende Diskussion um die diese “poop-sacs”, Kommentare der Astronauten dazu und Graphiken zum genauen Aufbau der Astro-Unterwäsche, die im Schrittbereich bis zu 900 ml fassen konnte, gibt es hier.: “On the moon itself, the astronauts used a “maximum absorbency garment” for “fecal containment.” But forget the technical phrasing. It’s a diaper.”
Für Astrobiologen dürften diese Säckchen definitiv die interessantesten Objekte auf dem Mond sein.
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