Seit Mittwoch vor einer Woche erlebt Israel die schwerste Ölpest seiner Geschichte – die Strände an der gesamten Mittelmeer-Küste sind gesperrt. Große Placken zähen Teerschlicks sind angespült worden, mittlerweile auch im Süd-Libanon.
Hier habe ich für Spektrum der Wissenschaft die Fakten zusammengetragen:
FAQs: Welche Folgen hat die Ölkatastrophe in Israel?
Diesen Artikel zu schreiben, war eine extreme Herausforderung. Nicht wegen der Kürze der Zeit, sondern wegen der Kommunikation israelischer Ministerien und Behörden:
Den gesamten Montagnachmittag habe ich auf offiziellen Seiten recherchiert und versucht, AnsprechpartnerInnen zu finden. Vieles ist nur auf Hebräisch verfügbar. Die Mails, die ich dann schließlich absendete, sind mit einer Ausnahme bis heute nicht beantwortet worden. Die beantwortete Mail besagte, dass man nicht zuständig sei und dazu eher nichts sagen könnte.
Auf der Seite des Umweltschutz-Ministeriums gab es zumindest einige Pressemitteilungen zur Ölpest. Außerdem hat die Umweltschutz-Ministerin Gila Gamliel einen aktiven Twitter-Account, ihre Verlautbarungen ließen sich aus dem Hebräischen schnell ins Englische übersetzen.
An keiner Stelle war eine FAQ-Liste mit den Fakten zu finden, wie ich es etwa von US-amerikanischen Behörden wie NOAA gewohnt bin.
Nicht einmal große NGOs wie die isreaelischen Sektionen des WWF oder Greenpeace hatten Infos bzw. Ansprechpartner.
Hervorragend sind die israelischen Zeitungen Haaretz und die Jerusalem Post. Allerdings geht es in ihren Berichten meist um die Organisation der Aufräumarbeiten, die Suche nach dem Verursacher und die politischen Folgen – etwa, dass Israel jetzt einen Aktionsplan für künftige Ölpesten und Umweltkatastrophen ausarbeiten möchte. Da die Interviewpartner meist PolitikerInnen sind, ist das nicht verwunderlich.
Mit Satelliten auf der Spür des Öls
Relativ schnell war klar, dass die Teerklumpen von einem Schiff stammen müssen, weit vor der Küste.
Und da kamen die internationale Kooperation und die Satelliten zur Erdbeobachtung zum Einsatz: das europäische Copernicus-Programm mit seinen Sentinel-Satelliten.
Sowie ich las, dass die EU mit ihren Wettersatelliten den Israelis bei der Suche nach dem Verdächtigen Unterstützung leisten, habe ich schnell meine ESA- und EUMETSAT-Kontakte angezapft. Genauso schnell kamen die Antworten
Die Wächter über die Ozeane, Sentinel 1A, 1B, 2 und 3 hatten längst die Ölspur entdeckt und verfolgt. Dadurch konnte der Kreis der Verdächtigen auf 10 Schiffe fokussiert werden – soviel war am Montag bekannt.
(Mehr dazu im Spektrum-Beitrag)
Nachrichtensperre und ein erster Verdacht
Montagmittag hat der Verwaltungsgerichtshof Haifa dann eine Nachrichtensperre verhängt, aus ermittlungstaktischen Gründen und zur Vermeidung diplomatischer Zwischenfälle.
Ein für Israel wohl ungewöhnlicher Vorgang, Haaretz und andere Medien haben umgehend gegen die Zensur protestiert. Mehr zu diesem Maulkorb hier.
Ich persönlich kann die Nachrichtensperre teilweise nachvollziehen – die politische Situation im Nahen Osten und ganz besonders in und um Israel ist ja immer etwas angespannt. Pressemeldungen über Verdächtige hätten schnell zu handfesten diplomatischen Problemen eskalieren können.
Fun-Fact: Die Sentinel-Daten sind open source, jeder kann darauf zugreifen, die ersten Öl-Spuren auf den Satelliten-Aufnahmen hatten Amateure bereits am 12.02.2021 diskutiert!
(Mehr dazu im Spektrum-Beitrag)
Gestern ist durchgesickert, dass es einen Verdächtigen gibt: den unter griechischen Flagge fahrenden griechischen Tanker “Minerva Helen”. Die Reederei streitet das natürlich vehement ab. Ein detaillierter Beitrag dazu steht in der Jerusalem Post.
Welche Tierarten sind betroffen, wie viele Tiere sind bis jetzt gestorben bzw. verölt eingesammelt worden?
Dazu ist die Nachrichtenlage extrem schlecht.
Da auch Naturschutzgebiete verölt sind, dürften viele Tiere, darunter geschützte Arten, betroffen sein.
Wie Öl Tieren und Menschen, sofort und später, habe ich hier beschrieben (da war die Deepwater Horizin-Ölpest der traurige Anlaß, an der israelischen Küste leben natürlich andere Tiere, z. B. keine Otter).
– Finnwal: es gibt erste Hinweise darauf, dass der junge Wal (mit 17 Metern ist er KEIN Baby mehr) an den Folgen der Ölpest gestorben ist, aber das abschließende Ergebnis steht noch aus
– Meeresschildkröten: Viele Photos zeigen ölverschmierte Reptilien, oft noch sehr kleine Tiere, teilweise tot. Sie sind eingesammelt worden und werden jetzt gereinigt und gepflegt. Wie viele und welche Arten, ist unbekannt
– Vögel – wie viele und welche Arten, ist unbekannt
– Fische – wie viele und welche Arten, ist unbekannt (seit heute darf kein Mittelmeerfisch mehr verkauft werden)
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