Sie untersuchten die beerenförmigen Objekte weiter und kamen schließlich auf Hämatit-Konkretionen, eine der häufigsten Eisenverbindungen auf der Erde. Da Hämatit (Blutstein, Eisenstein, Fe2O3) ein häufiges Eisenoxid ist und sich im Wasser bildet, war dieses Untersuchungsgebiet ausgewählt worden – die Suche nach Wasser ist ein wichtiger Bestandteil bei der Suche nach außerirdischem Leben. Per Spektroskopie hatten Christensen et al 2000 aus dem Marsorbit diese mineralischen Ablagerungen entdeckt, danach war der Rover-Landeplatz ausgewählt worden.
Ab 2004 untersuchte der Rover Opportunity die Bällchen mit seinen Bordinstrumenten, dem Microscopic Imager (MI), Mini-Thermal Emission Spectrometer (Mini-TES) und der Panoramic Camera (Pancam) mikroskopisch und makroskopisch optisch sowie mit einer Infrarot-Spektralanalyse. Da die Resultate veröffentlicht wurden, stehen diese Daten auch anderen Wissenschafts-Teams zur Verfügung.
Verschiedene Publikationen fanden dann nach der Auswertung der Resultate unterschiedliche Erklärungen für das marsianische Bällebad – die meisten gehen von einer Konkretionsbildung im Wasser aus (ihre Entdeckung und unterschiedliche Deutung ist in diesem Gizmodo-Artikel gut beschrieben). Auch wenn es eine lebhafte Diskussion ( z. B. hier und hier) um diese Sphären gibt: Jeder der Erklärungsansätze beschreibt die Hämatit-Blaubeeren als mineralischen Ursprungs, keine Publikation stellt einen Kontext zu mehrzelligen Lebensformen her.
Viele WissenschaftlerInnen-Teams sind also über viele Jahre hinweg mit unterschiedlichen Methoden zu dem Resultat gekommen, dass die Mars-Blaubeeren mineralischen Ursprungs, möglicherweise aus Hämatit sind.
Flechten auf dem Mars versus Hämatit-Hoax
Josephs Publikation „Lichens on Mars vs the Hematite Hoax. Why Life Flourishes on the Radiation- Iron-Rich Red Planet.” (The Journal of Cosmology, 30, 2021, 1-102) ist schon vom Titel her ein Aufreger: Er bezeichnet die Erklärung der Mars-Sphären als Hämatit-Bildungen als Hoax, also Schwindel oder Falschmeldung.
Ungeachtet eines ganzen Stapels vorherigen Ergebnisse analysiert Joseph auch im Fall der Flechten die auffallend geformten Objekte wieder ausschließlich aufgrund ihrer äußeren, makroskopischen Beschaffenheit: „There is life on Mars as documented with 100 comparative photos.“.
Diesmal publiziert Joseph allein. Die anhaltende Diskussion um die Entstehung der Sphären nimmt er zum Anlaß, die Wissenschaftler als uneinig darzustellen und erklärt damit die Hämatit-„Blaubeeren“ für widerlegt. Der NASA unterstellt er einen religiösen Wahn und greift Christensen, der die „Blaubeeren“ als Hauptautor mit beschrieben hatte, persönlich an.
Als Beweise für seine Lebensformen zitiert Joseph am liebsten sich selbst und einige andere ausgewählte AutorInnen. Dabei fällt mir sofort der Name „DiGregorio“ ins Auge: Der betreibt nämlich eine ebenso absurde Pseudowissenschaft und hat schon drei Bücher zu seinen Nachweisen von Spurenfossilien auf dem Mars publiziert. Für meinen heise-Artikel „NASA-Rover Perseverance: Gefährden Mars-Gesteinsproben die Erde?“ hatte ich ihn schriftlich interviewt. Er hat zwar Paläontologie studiert, wie ich, aber bei seinen Hypothesen standen mir die Haare zu Berge. In seiner Eigenschaft als “International Committee Against Mars Sample Return” (ICAMSR)-Direktor beruft er sich auf Rhodes Hypothesen mehrzelligen Marslebens.
Als Nachweis für ein Fossil oder Lebewesen reicht niemals der äußere Anschein aus, vielmehr muss auch der Kontext plausibel sein:
Für die Unterscheidung von Fossilien und Pseudofossilien braucht es weitere Fossilfunde in der Umgebung, fossiltragendes Gestein und eine mehr als oberflächliche Untersuchung inklusive chemischer Analysen zur Verifizierung einer solcher Beobachtung. Ist das nicht möglich, wie hier, handelt es sich nicht um Wissenschaft, sondern um Pseudowissenschaft und Spekulation.
Auch für die Behauptung, es gäbe Pilze und Flechten auf dem Mars, bräuchte es dementsprechende Umgebungsdaten: Beide Lebewesen müssen sich von etwas ernähren, benötigen flüssiges Wasser und betreiben Stoffwechsel. Dazu gehört ein Gasaustausch mit ihrer Umgebungsatmosphäre. Obwohl eine ganze Reihe von Satelliten den Mars auf genau solche Spuren untersuchen und mittlerweile mehrere Rover dort umherfahren, hat keine andere Arbeitsgruppe Hinweise auf Lebensformen gefunden.
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