An diesen Untersuchungen sind nicht nur NASA-MitarbeiterInnen und nicht nur US-BürgerInnen beteiligt, sondern Universitäten und Forschungszentren der ganzen Welt sowie andere Raumfahrtagenturen wie ESA, JAXA und CMSA. Möglicherweise haben die sich alle gegen Joseph verschworen – aber das halte ich für eher unwahrscheinlich.
Dieses Paper hat Joseph in Cosmology publiziert, was auf den ersten Blick eine fachwissenschaftliche Zeitschrift sein könnte. Ein Blick in die Inhalte und ins Editorial Board der Cosmology zeigt dann schnelle einige Abgründe: Der Themensalat aus Quantenphysik, Kosmologie und extraterrestrischem Bewußtsein deutet auf ein grenzwertiges grenzwissenschaftliches Organ hin; außerdem besteht auch hier der Vorwurf des „Predatory Publishing“, der entsprechende Wikipedia-Eintrag führt dazu eine Reihe von Quellen an.
Beim Blick ins Editorial Board sehe ich sofort „alte Bekannte“ aus dem ICAMSR: N. Chandra Wickramasinghe und Sir Roger Penrose. Wickramasinghe vertritt die Panspermie-Hypothese, die wissenschaftlich fundiert ist. Allerdings hat er auch schon 10 Papers zur extraterrestrischen Herkunft von SARS-Cov 19 veröffentlicht. Was wissenschaftlich absolut nicht belegt ist.
Arktische Flechten sind hart im Nehmen und damit Modellorganismen der Astrobiologie. Um auf dem Mars wachsen zu können, bräuchten aber sogar sie noch etwas Terraforming, schreibt der Experte für arktische Flechten hier. Ich bin kein Fan von Terraforming, aber der Artikel beschreibt, warum auf dem Mars keine Flechten gedeihen können.
Die Suche nach Leben auf dem Mars: Naturwissenschaftliche Methodik und Ockhams Rasiermesser
Die Suche nach Spuren von aktuellem oder fossilem Leben auf dem Mars ist ein wichtiges Forschungsthema und befeuert auch immer wieder die Marsforschung, wie etwa ESAs ExoMars (hier mein Interview mit dem Projektleiter Jorge Vago beim Start von ExoMars 2016). Nach dem aktuellen Forschungsstand der verschiedenen Disziplinen Astrophysik, -chemie, biologie und -geologie/-paläontologie mit vielen verschiedenen Methoden wie Abbildungen und chemische Analysen ist bis heute keine Lebensspur nachgewiesen. Weder aktuell noch fossil.
Auch wenn viele WissenschaftlerInnen meinen, dass der Mars in seiner Frühzeit durchaus Leben hervorgebracht haben könnte, halten sie die Entwicklung komplexer Lebensformen für sehr unwahrscheinlich. Für einen solch langen Zeitraum, den die Evolution dafür gebraucht hätte, war das Zeitfenster der habitablen Bedingungen auf dem Mars zu kurz.
Die meisten halten einzellige Lebensformen für möglich, manche auch einfache mehrzellige Lebensformen – der deutsche Astrobiologe und -physiker Dirk Schulze-Makuch erklärte im Spektrum-Interview, dass er sich auch einfach gebaute Würmer wie Nematoden vorstellen könnte.
Größere Organismen erwartet niemand ernsthaft.
Über das Thema der Suche nach Leben auf dem Mars und der Deutung einiger Ergebnisse hatte ich kürzlich ein wunderbares Interview mit dem ESA-Wissenschaftler Dr. Markus Landgraf. Markus kennt sich hervorragend mit der Materie aus, so diskutierten wir den Stand der Suche nach Leben auf dem Mars und die unterschiedliche Deutung von Resultaten.
Aufsehen erregende Deutungen von angeblichen Lebensspuren reißen Details aus ihrem Zusammenhang. Eine naturwissenschaftliche Herangehensweise für einen Nachweis erfordert jedoch immer, mit verschiedenen Methoden zum gleichen Resultat zu kommen.
Weiterhin erfordert eine saubere wissenschaftliche Vorgehensweise, von allen möglichen Lösungen die naheliegendste und wahrscheinlichste anzunehmen, diese grundlegende Methodik wird als Ockham`s Rasiermesser bezeichnet (Parsimonieprinzip, Ockham`s Razor).
„Ockhams Rasiermesser – auch Prinzip der Parsimonie oder Sparsamkeitsprinzip genannt – ist ein heuristisches Forschungsprinzip aus der Scholastik, das bei der Bildung von erklärenden Hypothesen und Theorien höchstmögliche Sparsamkeit gebietet. Das nach Wilhelm von Ockham (1288–1347) benannte Prinzip findet seine Anwendung in der Wissenschaftstheorie und der wissenschaftlichen Methodik. Vereinfacht ausgedrückt besagt es:
- Von mehreren möglichen Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen.
- Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält und wenn diese in klaren logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt.“ (Wikipedia: Ockhams Rasiermesser).
Mein Interview mit Markus lieferte mir Hintergrund für meinen heise-Artikel „NASA-Rover Perseverance: Gefährden Mars-Gesteinsproben die Erde?“. Da ging es nämlich um genau die gleiche Frage nach Leben auf dem Mars und ebenfalls um Methodik.
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