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Equipped with specialized lights, cameras, sensors, and samplers, the Mesobot is uniquely-suited to reveal the little-known behaviors and adaptations of individual twilight zone animals. (Illustration model by Justin Fujii, render by Tim Silva, WHOI Creative)

Mesobot ist ein neuartiger autonomer Tauchroboter – ein Team aus Ingenieuren und Ozeanographen um den Experten Dana R. Yoerger (Woods Hole Oceanographic Institution) hat ihn speziell zur Erforschung der mittleren Wasserschichten der Ozeane – Mesopelagial oder Twilight Zone (Zwielichtzone) – entwickelt.
Das AUV (autonomous underwater vehicle) kann langsam schwimmende Tiere wie Medusen und die gelatinösen Salpen langsam und lange verfolgen, ohne sie zu stören. Mesobot ist damit perfekt an die Beobachtung und Probennahme in diesem mittleren Bereich der Ozeane konstruiert und an die dort lebenden Organismen angepaßt.

Mesobot, der Spion in der Twilightzone

Twilight Zone heißen die Meeresgebiete zwischen 200 und 1000 Metern Tiefe. Dieser Bereich der ewigen Dämmerung zwischen der Meeresoberfläche und der Tiefsee ist bisher wenig erforscht. Dabei ist das Mesopelagial eine wichtige Transitstrecke: viele Meeresbewohner leben tagsüber in tieferen Schichten und wandern nachts zum Fressen an die Meeresoberfläche, dabei durchqueren sie diese mittleren Schichten.
An der Meeresoberfläche wachsen im Sonnenlicht die Myriaden von Mini-Algen, das pflanzliche Plankton. In tieferen Schichten können diese meist einzelligen Wesen keine Photosynthese mehr betreiben. Ihre gewaltige Biomasse ist die Basis der Nahrungskette. Allerdings bietet die lichtdurchflutete obere Meeresschicht weniger Deckung, darum sinken die Meereswesen nachts wieder zurück in die dunkleren Tiefen. Diese größte aller Tierwanderungen im Meer ist der Schlüssel für Stoffkreisläufe in den Ozeanen, darum ist die „Twilight Zone“ der Schlüssel für Stoffkreisläufe in den Ozeanen. Damit ist sie auch für Fischerei und Klimaprozesse relevant.

Gelata: Gelatinöse Meeresbewohner und ihre große Wanderung

Die Tiermasse, die nachts zu diesem Nahrungsreichtum aufsteigt, besteht zu einem erheblichen Teil aus gelatinösem Plankton: den Gelata (darüber hatte ich hier schon einmal mehr geschrieben).
Der Name Plankton bedeutet, dass diese Tiere keine starken Schwimmer sind, sondern eher schweben und von Strömungen verdriftet werden. Kleine Zooplankter wie Ruderfußkrebschen rudern zwischen den Clustern des für sie zähflüssigen Mediums Wasser umher. Größere Tiere wie große Borstenwürmer sind Jäger, sie gleiten mit kräftigen Ruderfußschlägen durchs Wasser und schnappen mit kräftigen Chitin-Kiefern nach Beute. Medusen und Rippenquallen gibt es in allen Größen, durch ihre durchsichtigen Schirme schimmern ihre Geschlechtsorgane farbig, auch die Tentakel können orange, rot oder blau-violett geflammt sein.
Die Transparenz ist ihre Tarnung in der Wassersäule, eine andere Deckung haben sie nicht.

Mit dieser täglichen Vertikalwanderung (diel vertical migration) und dem großen Fressen nahe der Oberfläche bewegen die Bewohner große Mengen Nährstoffe und Energie von der Oberfläche in die Meerestiefe, sie agieren als gigantische biologische Umwälzpumpe und haben damit eine Schlüsselposition im ozeanischen Kohlenstoffhaushalt.

Natürlich gibt es im Twilight-Zoo auch noch andere Tiere als die Gelata: Leuchtsardinen sind eine arten- und individuenreiche Gruppe kleiner Fisch mit Leuchtorganen. Sie fressen das gelatinöse Plankton und sind selbst Beute für größere Fische, darunter auch kommerziell wichtiger Arten.
Seit den 1970-er Jahren gibt es immer wieder Überlegungen, diese Fisch-Biomasse zu befischen und zu Fischmehl und Omega 3-Fettsäure-Präparaten zu verarbeiten. Wissenschaftler raten zu großer Vorsicht, da die Fischerei bereits eine ganze Reihe von Arten überfischt und das ökologische Gefüge der Ozeane empfindlich gestört hat. Eine Überfischung der kleinen Leuchtsardinen würde zu einem Nahrungsmangel vieler anderer Arten führen und dadurch auch Fischereierträge gefährden.

Dieses Video gibt einen Einblick in die geheimnisvolle Welt der Gelata:

Mesobot, verfolge diese Qualle!

Jeder möchte gern wissen, was eine Tintenfisch-Larve oder eine Qualle so anstellen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen – wie sie schwimmen, fressen oder sich fortpflanzen. Yoergers Kollege, der Biologe Larry Madin, ist Spezialist für Geleewesen wie Quallen und Salpen. Diesen empfindlichen Forschungsobjekten nähert Madin sich meist in Tauchausrüstung, nur dann kommt er nahe genug heran. Aber die Tauchkapazität von Menschen ist begrenzt, darum bat er Yoergen vor einigen Jahren um einen Roboter, der diese Gelata genauso wenig stört, wie ein Scuba-Taucher, aber tiefer und länger tauchen kann. So konstruierte Yoerger den Mesobot

mesobot_summary_with_SUPR-n_460153.jpgDana R. Yoerger und sein Team haben zur Beobachtung und Beprobung dieses Ozeanbereichs den vollkommen neuartigen Mesobot mit der Lizenz zur Schleichfahrt entwickelt. Schon äußerlich unterscheidet sich das Gefährt mit dem hohen, schmalen schwarzgelbe Gehäuse von anderen AUVs: Je 1,5 Meter lang und hoch, aber nur einen Meter schmal kann das Leichtgewicht von 250 Kilogramm sowohl autonom ferngesteuert werden als auch per Glasfaserkabel-Nabelschnur. Die Lithium-Ionen-Batterien ermöglichen Tauchgänge über 24 Stunden lang bis in 1000 Metern Tiefe. Ausgerüstet mit verschiedenen Kameras kann er noch 20 Kilogramm zusätzlich an Meßgeräten aufnehmen.

Mesobot pirscht sich mit Rotlicht an

Im Gegensatz zu anderen AUVs schleicht sich Mesobot vorsichtig an seine gelatinöse Zielgruppe heran: Zum Einen verursacht sein Antriebssystem mit zwei langsam laufenden Propellern kaum Strömungen. Die meisten Tiere der Dämmerzone reagieren nämlich sehr empfindlich auf solche Wasserbewegungen, erklärt Dana Yoerger gegenüber der Presse: „Denn normalerweise kommt da etwas, um sie zu fressen.“ Wenn man diese Tiere stört,  beobachtet man ja nicht ihr natürliches Verhalten. Zum Zweiten setzt Mesobot keine hellen Scheinwerfer mit weißem Licht ein, das würde nämlich die Beobachtung der weit verbreiteten Bioluminiszenz stören. Viele der Tiere flimmern aktiv mit Leuchtorganen oder reflektieren das Licht anderer Organismen. Licht und Leuchten gehören zum Verhaltensrepertoire der Geschöpfe der Dämmerzone, sie erregen damit Aufmerksamkeit oder verstecken sich dadurch.

Yoerger und sein Team haben sich beim Mesobot für einen roten Lichtstrahl entschieden. Rotes Licht verbreitet sich im Meerwasser nicht gut, darum setzen die Tiere es nicht ein, die meisten von ihnen können es auch nicht sehen. Sie leuchten lieber in blauen oder grünen Wellenlängen, damit reichen ihre Lichtsignale weiter. Darum verwenden die Forscher hier rot: „Wir verwenden Rot“, meint Yoerger, „obwohl Rot ziemlich mies ist, weil es nicht sehr weit geht. Aber es erschreckt die Tiere nicht so sehr. Und das ist ziemlich gut dokumentiert.“ Gemeinsam mit einer empfindlichen Kamera reicht den Wissenschaftlern für ihre Arbeit das Rotlicht am Mesobot. Dafür werden sie sicherlich mit spektakulären neuen Beobachtungen zu ihrem Verhalten belohnt!

 

In diesem Video erzählt Dana Yoerger die Geschichte des Mesobot:

Quelle:
Dana R. Yoerger, Annette F. Govindarajan, et al: A hybrid underwater robot for multidisciplinary investigation of the ocean twilight zone (Science Robotics  16 Jun 2021:Vol. 6, Issue 55, eabe1901
DOI: 10.1126/scirobotics.abe1901 )

https://robotics.sciencemag.org/content/6/55/eabe1901