Bläulich-weiß schimmernde Tier-Gruppen werden gerade mal wieder an den Stränden des deutschen Wattenmeeres und der dänischen Nordseeküste angespült: Bojenbildende oder Schaumfloß-Entenmuscheln Dosima guanamuthui (Daniel 1971). Durch die Schalenklappen erinnern sie auf den ersten Blick zwar an Muscheln, es sind aber tatsächlich Krebse.
Genauer gesagt: Rankenfußkrebse, wie auch die bekannteren Seepocken.
Entenmuscheln und Seepocken sehen als Larven noch wie Krebse aus, dann aber suchen sie sich für den Rest ihres Lebens einen festen Sitzplatz. Diese extrem starke Metamorphose hatte Charles Darwin auf seiner Expedition mit der Beagle entdeckt und damit endlich die rätselhafte Herkunft dieser Meereswesen geklärt.
Fest angesiedelt, bauen die erwachsen Krebschen eine mehrteilige Schale, diese Behausung können sie nach Bedarf öffnen und schließen. So sind sie gegen Freßfeinde und widrige Umstände geschützt. Ihre Beine bilden einen Fangapparat, mit dem sie aus ihrer Umgebung Plankton herausfischen. Dabei schlagen die Beinchen koordiniert, wie eine lebendige Reuse.
Bei den oft noch lebend angespülten Bojenbildenden Entenmuscheln am Strand sind die Rankenfüße und ihre typischen Bewegungen oft noch in Aktion, wie dieses Video zeigt:
Treibende Wohngemeinschaften – Meeresplastik und wärmere Ozeane
Entenmuscheln heften sich nach der Metamorphose an ein treibendes Objekt, wie etwa Treibholz, an und driften daran durch die Meere, meist als Kolonie. Bojenbildenden oder Schaumfloß-Entenmuscheln genügen schon kleine treibende Objekte, sie vergrößern die kleinen Plattformen einfach mit einem Schaumkleber zu einem größeren Schwimmkörper. Oft bilden mehrere Individuen ein gemeinsames Schaumfloß und driften dann als Wohngemeinschaft über die Meere. Entenmuscheln hängen dann kopfüber ins Wasser.
Damit gehören sie zum Pleuston, der Ozean-Oberfläche treibenden Lebensgemeinschaft, wie auch ihre opak-bläuliche Färbung schon vermuten lässt. Blau-violett ist an der Meeresoberfläche eine Tarnfarbe.
Nach 2019 sind auch in diesem Jahr wieder viele von ihnen im Spülsaum deutscher und dänischer Nordseestrände zu finden, wie etwa die Schutzstation Wattenmeer im Blog und auf Instagram berichtet.
Ihre Genügsamkeit, auch kleine Objekte zu besiedeln und sie einfach selbst zu vergrößern, verschafft ihnen in unseren Ozeanen voll treibendem Plastikmüll und der Öl- und Teerverschmutzung einen enormen Vorteil: Selbst ein kleines Bröckchen Plastik oder ein Teerklumpen kann zum Floß für eine ganze Kolonie werden!
Außerdem fördert auch die Erwärmung der Ozeane ihre Ausbreitung: Dosima kommt zwar in vielen Gewässern vor, braucht aber zur Fortpflanzung tropische Meeresregionen.
Da sie seit einiger Zeit vermehrt auch an nordeuropäischen Küsten und auch in der Nordsee ankommt, vermuten BiologInnen einen Zusammenhang mit der Verschmutzung und Erwärmung der Ozeane.
Solche ungewöhnlichen Sichtungen kann man übrigens im BeachExplorer nachlesen und melden.
Der wasserfeste Bio-Klebstoff von Dosima ist auch für medizinische Anwendungen interessant: Das Hydrogel aus Proteinen und Kohlenhydraten, das mit Wasser aufgeschäumt wird, könnte etwa in der Orthopädie als elastischer Stoßdämpfer eingesetzt werden, z. B. bei lädierten Bandscheiben.
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