Gerade kursiert das Video einer TV-Show, die auf einer kurzen Filmsequenz in den dunklen Tiefen des Ozeans angeblich einen Megalodon identifiziert haben will.
Was steckt dahinter?
Spoiler: Dramatische Schnitte und Musik sowie zusammengestückelte “Experten”-Aussagen zum Megalodon signalisieren schon, dass es sich hier um eine Beweisführung für eine sehr steile Hypothese handelt.
Wobei Hypothese hier im Sinne von Behauptung zu interpretieren ist und nicht im wissenschaftlichen Sinn einer ernsthaften Forschungsfrage.
Es kommen zwar ExpertInnen zu Wort, die aber nicht direkt den beobachteten Hai im dunklen Meer als Megalodon deuten:
Danni Washington ist eher keine Hai-Expertin, sondern Meeres-Aktivistin und Künstlerin. Sie identifiziert das aufgenommene Tier als Hai, nicht als Wal. Was aufgrund der Kiemenspalten ohnehin deutlich ist. Eric Hovland ist tatsächlich ein Hai-Experte, er ist Kurator im Florida Aquarium in Tampa, in dem u. a. tropische Riffhaie gehalten. Er erklärt Megalodon, sagt aber mit keinem Wort, dass das im Video gezeigte rezente Tier solch ein Exemplar sein soll. Die Statements der beiden sind also korrekt, aber nicht sehr aussagereich zur aufgestellten Behauptung.
Hier ist erst einmal das Video des “Science Channel”:
Könnten in den abyssalen Abgründen unserer Ozeane nicht vielleicht doch noch einige Megalodon-Exemplare überlebt haben?
Werfen wir doch mal einen genaueren Blick auf den gigantischen Hai, der durch ein Meer von Gerüchten schwimmt.
7 Fakten über Megalodon:
- Otodus megalodon war einer der beiden größten Haie, die je gelebt haben.
Mit geschätzten 15 bis 18 Metern war er so lang wie der heute lebende Walhai (Rhincodon typus). Walhaie werden meistens um 14 Meter lang, einzelne seltene Sichtungen berichten von 18 Meter-Exemplaren. Beide Knorpelfische sind damit auch die größten Fische überhaupt.
Die Größe des ausgestorbenen Megalodon lässt anhand der Größe seiner Zähne und der wenigen weiteren Fossilien wie einiger Wirbel gut abschätzen. - Als im 17. Jahrhundert die ersten fossilen Zähne entdeckt wurden, nannten Menschen sie zunächst “Drachenzungen” und Glücksbringer, wie viele andere der seltsam geformten fossilen Relikte auch. 1667 erkannte der dänische Anatom und Naturforscher Niels Stensen – bekannter als Nicolas Steno – die Fossilien korrekt als Haizähne und veröffentlichte dies in seinem Buch.
Zähne sind die häufigsten Hai-Fossilien, da Haie mehrere Zahnreihen hintereinander haben. Von diesem Revolvergebiß benutzen sie jeweils den ersten Zahn, der senkrecht steht. Fällt er aus, rückt der nächste nach. So verlieren Haie ihr Leben lang Zähne, je nach Ernährung wöchentlich oder monatlich.
Da Haie Knorpelfische sind, werden nur ihre gut fossilisierbaren Zähne gefunden, Teile des Skeletts sind hingegen sehr selten. - WissenschaftlerInnen schätzen Megalodons Maul auf 2.7 bis 3.4 Meter breit.
Früher ist es oft noch größer rekonstruiert worden. Das liegt daran, dass seine Kiefer nicht richtig zusammengesetzt waren. Mittlerweise haben einige PaläontologInnen die Kiefer noch einmal studiert und mit heutigen Haigebissen verglichen. Alte Rekonstruktionen zeigen praktisch funktionsunfähige, ausgerenkte Kiefer. (Ein häufiges Problem, wenn nur ein Skelett oder Teile davon vorliegen, auch bei Walskeletten ist mir das schon häufig aufgefallen. Um Knochen in Gelenken richtig zusammenzusetzen, braucht es ein exzellentes anatomisches Wissen und Kenntnisse des Muskelapparats. Das ist nicht einfach). - Otodus megalodon hieß früher Carcharodon oder Carcharocles megalodon. Aufgrund der Ähnlickeit der dreieckigen gesägten Zähne wurde er als naher Verwandter des Großen Weißen Hais (Carcharodon carcharias) eingeordnet. Heute halten Hai-ExpertInnen die Verwandtschaft der beiden für nicht mehr ganz so eng. Auch wenn sie eine sehr ähnliche ökologische Nische besetzen.
Mit immer mehr Fossilfunden wie etwa dem 55 Millionen Jahre alten Otodus obliquus haben PaläontologInnen Megalodons Ahnenreihe bis 100 Millionen Jahre in die Vergangenheit zurückverfolgt.
Nach dem Stand der Forschung lebten Megalodons Vorfahren an der Seite der Ahnen des Weißen Hais, möglicherweise in Konkurrenz.
Otodus wird heute eher mit der schlanken Gestalt eines Blauhais rekonstruiert, als mit der Carcharias-Verwandtschaft.
Umgangssprachlich ist es beim Namen Megalodon geblieben, wie auch T. rex oder Velociraptor ist der wissenschaftliche Name dieses gigantischen Hais Teil unserer Alltagssprache geworden. - Megalodon lebte von vor 20 Mio Jahren bis vor 3,6 Millionen Jahren in den warmen Ozeanen des Miozäns und bis ins Untere Pliozän. Mit der Abkühlung der Ozeane vor 3,6 Millionen Jahren endet der fossile Befund dieses riesigen Hais. Wenig verwunderlich, denn die meisten größeren Haie haben es lieber warm.
- Riesenhaie schwimmen heute zwar weit bis nach Norden, bleiben dabei aber im warmen Golfstrom, Weiße und andere große Haie leben in tropischen Gewässern.
In kühlen Gewässern gibt es nur wenige große Haie: Schläferhaie (mehr dazu s. u.). - Megalodon war definitiv der Top-Prädator seiner Zeit, die Wale blieben zu seiner Zeit noch kleiner, als heute.
Megalodon dürfte für seinen erheblichen Hunger nicht sehr wählerisch gewesen sein – Wale aller Größen, andere Meeressäuger und ganz bestimmt auch Haie und andere Fische sowie Tintenfische dürften auf seinem langen Speisezettel gestanden haben. Darunter vielleicht auch der damals größte Pottwal Livyatan melvillei, der wahrscheinlich ebenfalls Bartenwale jagte.
In einigen fossilen Walknochen stecken noch Teile von Megalodon-Zähnen. - Megalodon kam global in wärmeren Gewässern vor. Seine Zähne sind heute auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis zu finden, allerdings fehlen auch Belege aus sehr nördlichen Gewässern.
Die Antarktis hat sich vor 30 Millionen Jahren von Südamerika abgespalten und war dann schnell durch die kühle antarktische Rundströmung von den wärmeren Ozeanen isoliert.
Die Verteilung der fossilen Zähne weist klar darauf hin, dass dieser große Hai vor allem in tropischen und subtropischen Meeresgebieten unterwegs war. Auch dass die jüngsten Funde in Japan, dem Mittelmeer und im Nordatlantik gemacht wurden, weist auf ein Vorkommen in wärmeren Gewässern hin – diese Meeresgebiete waren noch am wärmsten.
Da die Temperaturen in der Tiefsee global niedrig um 4°C liegen, dürfte das für diesen Hai kein Lebensraum sein.
Könnte Megalodon in der Tiefsee überlebt haben?
Nein. Da sind sich alle Hai-ExpertInnen sicher:
“‘No. It’s definitely not alive in the deep oceans, despite what the Discovery Channel has said in the past,’ notes Emma. ‘If an animal as big as megalodon still lived in the oceans we would know about it.’ The sharks would leave telltale bite marks on other large marine animals, and their huge teeth would continue littering the ocean floors in their tens of thousands. Not to mention that as a warm-water species, megalodon would not be able to survive in the cold waters of the deep, where it would have a better chance of going unnoticed.” meint Emma Bernard dazu, die Kuratorin für fossile Fische im Londoner Natural History Museum. Sie verneint das also definitiv, da ein so großer Hai Bißmarken in anderen Tieren hinterlassen würde, man seine Zähne dauernd finden müsste nd die Tiefsee für ihn zu kalt sei.
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