Auch in diesem tropischen Wald weideten neben den Urpferden Tapire, ähnlich klein. Eine weitere Parallele zur Grube Messel Fauna ist der flugunfähige Laufvogel Gastornis, fast so groß wie ein Mensch. Seine Beine sind ähnlich stark wie die eines Straußen und die Flügel lächerlich klein. Aufgrund des sehr großen und kräftigen Schnabels wurde er lange Zeit als Fleischfresser interpretiert. Heute sind sich die Paläontologen sicher, das Gastornis ein Pflanzenfresser war. Im Geiseltal liegt mit Resten von neun Individuen sehr viel Material vor, was zu einer eindrucksvollen Rekonstruktion reicht. Neben dem Riesenvogel sind natürlich auch noch viele weitere kleinere Vögel fantastisch erhalten, dazu auch einige Federn.

Boverisuchus-Rekonstruktion (Bettina Wurche)

Wie auch im war Kratersee des Messel-Maarvulkans lebten in den Geiseltal-Sümpfen gleich eine ganze Reihe von Krokodilarten, fünf Arten sind bisher identifiziert. Zu dieser Zeit waren Krokodile noch nicht zwangsläufig amphibische Reptilien, einige von ihnen lebten terrestrisch.
Boverisuchus ist das Geiseltal-Krokodil, dass sich am stärksten von seinen heutigen Verwandten unterscheidet: Der Schädel war wesentlich höher und schmaler und klar für den Beuteerwerb an Land ausgelegt, so der Experte Alexander Hastings. Kleine bis mittelgroße Säugetiere, Vögel Schlangen und Eidechsen dürften auf dem Speiseplan gestanden haben, Fische und Amphibien wohl eher selten. Auffallend sind die langen Beine dieses Krokodils, die außerdem unter dem Körper, statt wie heute üblich seitlich am Körper, angesetzt waren. Damit war eine schnelle und effektive Fortbewegung an Land möglich. Der sehr schlanke und vor allem sehr kurze Schwanz passt ebenfalls zur terrestrischen Lebensweise. Die langen, dicken und schweren Schwänze heutiger Krokodile erzeugen mit starker Muskulatur den Vortrieb Vortritt beim Schwimmen. Ebenfalls passend zur terrestrischen Lebensweise hatte dieses Krokodil statt Krallen kleine Hufe an jedem Zeh. Ein ähnliches Hufzehkrokodil ist auch aus der Grube Messel überliefert.

Die Geiseltal Sammlung ist einzigartig und beinhaltet natürlich noch eine ganze Reihe anderer Fossil-Pretiosen. Sie stammen wirklich aus einer versunkenen Welt – der Braunkohletagebau ist mittlerweile geflutet, die Fossilfundstelle ist damit nicht mehr zugänglich. Damit ist diese Sammlung geschlossen. Im Geiseltal ist heute ein Besucherzentrum, dass sowohl die eozänen als auch jüngere Fossilfunde vorstellt.

Blick in das Geiseltal-Museum – eine historische Präsentation in einer 500 Jahre alten ehemaligen Kapelle (Bettina Wurche)

Untergebracht ist das Geiseltalmuseum in der Neuen Residenz in einer ehemaligen Kapelle dem 16. Jahrhundert. Auch wenn die Ausstellung altmodisch aussieht, hebt dieses besondere Ambiente und die liebevolle Inszenierung aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts diese besondere Sammlung noch einmal als einzigartig hervor. Meine einstündige Sonderführung durch Herrn Dr. Wings war für mich eine Bereicherung (Er kann wirklich gut erzählen – wie er schon mit der Jurassic Novel gezeigt hatte).

Das Geiseltalmuseum ist heute leider nur einmal im Monat für BesucherInnen zugänglich. Es bräuchte dringend finanzielle Mittel sowohl für den Unterhalt der Sammlung als auch für die Öffnung des Museums und die Sanierung der Räumlichkeiten. Spenden sind also besonders willkommen.

Zum Weiterlesen:

  • Alexander K. Hastings, Meinolf Hellmund: Aus der Morgendämmerung: Pferdejagende Krokodile und Riesenvögel. Neueste Forschungsergebnisse zur eozänen Welt Deutschlands vor ca. 45 Millionen Jahren. Halle (Saale), 2015, S. 1–120.
  • https://www.besucherzentrum-geiseltal.de

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Kommentare (8)

  1. #1 Rob
    Oberland
    21. Oktober 2021

    Sehr schön erzählt, mit einem doch etwas traurigen Schluss. Was 45 Millionen Jahre lang erhalten blieb, wurde in einem Jahrhundert ausgebeutet und schließlich für unsere Freizeitnutzung geflutet und damit vermutlich endgültig zerstört. Wir hinterlassen auf dem Planeten unsere Spuren.

  2. #2 Bettina Wurche
    21. Oktober 2021

    @Rob: Ja, das zerreisst mir das Herz. Es ist schade, dass sie sich damals nicht an den UNESCO-Antrag für Messel rangehängt haben – dann hätten wir zwei solcher besonderen Stätten erhaltne können. Es wäre ja immer noch genug Platz für den Freizeit- und Wassersport-Sektor geblieben. Besonders schlimm finde ich auch, dass die Betreuung der Sammlungen so extrem unterfinanziert ist. Solche Fossilien müssen auch erhalten werden. Und natürlich auch gezeigt werden!

  3. #3 LasurCyan
    Halle
    21. Oktober 2021

    Sehr spannend, Danke! Eben nach dem Lesen kam ich ins Grübeln: Da gabs doch diese InstitutsGründung Anfang der 90er, wo ich als Studi ein paar mal von einem Freund mit hingeschleppt wurde, Peter Luckner hatte einen winzigen Raum und einen noch winzigeren Etat ergattert. Umso erfreuter bin ich, dass es das ‘Institut für Ökologische Ästhetik’ immer noch gibt!

    In dem Museum war ich Depp noch nie. Wird aber nachgeholt^^

  4. #4 RPGNo1
    21. Oktober 2021

    Eine weitere Parallele zur Grube Messel Fauna ist der flugunfähige Laufvogel Gastornis, fast so groß wie ein Mensch. Seine Beine sind ähnlich stark wie die eines Straußen und die Flügel lächerlich klein. Aufgrund des sehr großen und kräftigen Schnabels wurde er lange Zeit als Fleischfresser interpretiert. Heute sind sich die Paläontologen sicher, das Gastornis ein Pflanzenfresser war.

    Das hat mich prompt an die bekannte BBC-Serie von 2001 “Die Erben der Saurier” erinnert. Dort wurde der Gastornis auch noch als Fleischfresser dargestellt, der eines der besagten Ur-Pferde Propalaeotherium bei einer Jagd erbeutet.

    Das Buch zur Serie liegt auch noch irgendwo im Regal. Ich habe es aber schon lange nicht mehr gelesen.

  5. #5 Sascha
    21. Oktober 2021

    Immerhin kann man es überhaupt wieder anschauen. Seit 2011 war es komplett geschlossen.
    Es sollte eigentlich umziehen, und die Neue Residenz saniert werden, aber das hat der Geldmangel verhindert.

    Für die Interessierten:
    “Ab September 2021 immer am ersten Mittwoch des Monats 15:00-16:30 Uhr Führung durch das Museum / Voranmeldung ab fünf Personen erforderlich! / Treffpunkt: Eingang des Museums (Domstraße 5)”
    https://www.naturkundemuseum.uni-halle.de/

  6. #6 Bettina Wurche
    21. Oktober 2021

    @RPGNo1: Ja, früher waren Diatryma und Gastornis als “Terrorvögel” einsortierte blutrünstige Viecher : ) Diese BBC-Serie war grandios, Filme und Buch! Könnte ich auch mal wieder `reinschauen

  7. #7 Bettina Wurche
    21. Oktober 2021

    @LasurCyan: Lohnt sich unbedingt! Genauso wie die Zoologische Sammlung in ihren historischen Vitrinen. Leider auch nur selten zugänglich : (

  8. #8 Bettina Wurche
    21. Oktober 2021

    @Sascha: Für mich hingen da auch Erinnerungen `dran. Oder vielmehr Personenkult. Herrn Prof. Voigt habe ich in Hamburg noch kennengelernt, da war er schon über 90. Und Weigelts Buch “Aktuo-Paläontologie habe ich verschlungen, als ich mich in die Weichteil-Fossilisation eingearbeitet habe, es ist neu aufgelegt worden und noch erhältlich