Die Funde frischer Tang-Reste in den Mägen von Tiefsee-Asseln in 6.475 Metern Tiefe und der genetische Nachweis in Umwelt-DNA-Proben aus der Tiefsee haben diese Forschungsergebnisse bestätigt: Die ausgedehnten Kelpwälder sind ebenso effektive CO2-Fänger wie die anderen Blue Carbon-Bestände der Ozeane und der tropischen Regenwälder an Land. Damit sind sie für den Klimaschutz relevant – Dørte Krause-Jensen nennt die lange übersehenen Kohlenstoff-Fänger in Anspielung auf eine bekannte Metapher „Elefanten im „Blue Carbon“-Room“.
Alle vier Ökosysteme wachsen fast ausnahmslos in flachen Küstengewässern, da sie nur dort genügend Sonnenlicht für die Photosynthese bekommen. Eine Ausnahme ist der frei im Meer schwebende Sargassum-Seetang, der in der Sargassosee ein einzigartiges Ökosystem bildet. Sargassum bildet keine Wurzeln aus, sondern treibt im Sargasso-Meer inmitten von Strömungen, die das Tanggeflecht an seinem Platz halten.
Ozeane sind wichtige Kohlenstoffsenken
Die großen Pflanzenbestände der Seegraswiesen, Mangrovenwälder und Salzmarschen sowie Algenwälder in den Weltmeeren sind besonders effektivgroßen Kohlenstoffsenken. Alle vier Ökosysteme wachsen in flachen Küstengewässern und sind daher durch menschliche Aktivitäten stark bedroht, ihre Bestände werden leider stetig kleiner. Sie leiden unter mechanischen Zerstörungen und Abwässern – das wilde Ankern von Yachten kann in Seegraswiesen gewaltige Verwüstungen anrichten und landwirtschaftliche Abwässer führen zu Wassertrübungen, so dass die lichtliebenden Gräser kaum noch genug Sonnenlicht erhalten und auch noch von einzelligen Grünalgen überwuchert werden können. Großalgen-Dschungel leiden auch unter Abwässern, außerdem werden sie oft durch Fischereiaktivitäten zerstört.
Die Erwärmung der Meere kommt noch dazu, allerdings weichen ihr die Pflanzen- und Großalgenbestände aus: Die Bestände “wandern” allmählich nach Norden bzw. nach Süden in kühlere Gewässer. Bei Meeren mit einer Nord-Südausrichtung wie dem Atlantik und Pazifik verlagern sich die Bestände entlang der Festlandsockel in Richtung der Pole, bei Großalgen ist diese Migration gut untersucht. In Meeren mit Ost-West-Ausdehung ist das nicht möglich, dann müssen sich die Pflanzen und Algen anpassen oder sie verschwinden.
Diese Lebensräume werden also durch die Meereserwärmung nicht vollständig verschwinden, sondern sich zumindest teilweise eher verlagern. Damit fallen allerdings ihre Ökosystem-Dienstleistungen von Biodiversitäts-Hot Spots bis zu Küstenschutz für manche Küsten zukünftig weg, mit aller Konsequenzen für die dort lebenden Menschen wie Nahrungsmangel udn Sturmschäden.
Der Weltklimarat bewertet Seegraswiesen, Mangrovenwälder und Salzmarschen sowie Algenwälder als wichtige Verbündete gegen die Klimakrise und mahnt ihren Schutz an. Seegraswiesen wachsen auf etwa 0,1 Prozent der Meeresböden weltweit, speichern aber 27 Millionen Tonnen CO2 – etwa 10 bis 18 Prozent des von den Meeren aufgenommenen Kohlendioxids. Auch Algendschungel nehmen viel CO2 auf. Beide sind also sehr effektive Klimaschützer und wir sollten sie darum sehr gut pflegen!
Zum Weiterlesen:
https://www.spektrum.de/news/sargassum-braunalgen-bedrohen-oekosysteme-und-schaffen-neue/1578560
https://www.spektrum.de/news/oekosystem-seegras-die-gruene-muellabfuhr-im-ozean/1840714
https://www.sueddeutsche.de/wissen/sargassosee-algenpest-menschengemacht-1.5317154
Ein umfassender Beitrag zu Großalgen von mir wird in der Januarausgabe von Bild der Wissenschaft erscheinen.
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