Ich bin niemand, die pauschales Bashing von Berufsgruppen wie Medien, PolitikerInnen oder ExpertInnen betreibt und ich finde es meist auch nicht zutreffend.
Über rechtslastige Boulevardblätter mit großen und kleinen Buchstaben und ihre reißerischen, zersetzenden und destruktiven Schlagzeilen möchte ich überhaupt nicht schreiben oder sprechen. Genauso wenig über Verschwörungskanäle oder russische Propaganda-Sprachrohre.
In der medialen Kommunikation sind einige Begriffe sehr wichtig: Framing, Fakt und Meinung, False balance und Bullshitting.
Framing: Auch seriöse Medien wie die Tagesschau kommunizieren teilweise schlecht und nicht zielführend. Die Randale in den Niederlanden wurden mit „Corona-Randale“ übertitelt. Dabei waren auf den Filmaufnahmen schwarz gekleidete Menschen zu sehen, die sich eine Straßenschlacht mit der Polizei lieferten und Brandsätze warfen. Dabei war offenbar gar keiner dieser Menschen Demonstrant, es gab keine politischen Parolen, stattdessen Brandstiftung und blinder Vandalismus. Das Abfackeln eines Motorrollers und Einschlagen einer Schaufensterscheibe hat nichts mit dem Protest gegen Pandemie-Maßnahmen zu tun. Das sah vielmehr nach angereisten Randalierern aus, wie sie auch etwa zum G20 Gipfel in Hamburg oder anderen Städten angereist waren. Gerade in der Tagesschau hätte man das wirklich differenzierter darstellen müssen. Stattdessen hat der Titel „Corona-Randale“ für ein falsches Framing gesorgt.
Fakten und Meinungen: Insgesamt ist problematisch, dass viele JournalistInnen genau wie auch viele andere Menschen nicht zwischen Fakten und Meinungen unterscheiden können.
Fakt: SARS Cov19 ist eine ansteckende und potentiell schwer gesundheitsschädigende Infektionskrankheit.
Fakt: Impfungen und Hygienemaßnahmen sind wirksame Werkzeuge gegen Infektionskrankheiten.
Fakten: Bei SARS Cov19 sind Hygienemaßnahmen wirksam, die von MNS, über Hände Waschen und körperlicher Distanz reichen.
Fakten: Diese Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung sind juristisch tragbar. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit vieler Menschen ist höher zu bewerten, als das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Diese Fakten basieren auf der gemeinsamen Arbeit und Einschätzung von Fachgesellschaften und einer Vielzahl von Personen, die sich mit ihren Wissensgebieten gut auskennen.
Wer dagegen eine Meinung äußert, äußert lediglich eine persönliche Einschätzung.
Gerade Talkshows sind für mich Formate, in denen sich die Medienlandschaft eher nicht durchweg mit Ruhm bekleckert. Genau dort wird mit der „Außenseitermeinung“ besonders gern Aufmerksamkeit, Zuschauerzahlen und damit finanzieller Gewinn generiert.
False Balancing: JournalistInnen und PolitikerInnen sind es meist gewöhnt, verschiedene Meinungen zu einem Thema einzuholen und abzubilden.
Viele dieser und anderer Personen sind offenbar nicht in der Lage, Fakten und Meinungen zu erkennen und sie einzuordnen. So kommt es immer wieder dazu, dass ausgewiesenen ExpertInnen Fakten kommunizieren, die von 95% der Wissenschaftlerinnen dieser Fachrichtung für korrekt eingeordnet werden, eine gegenteilige Meinung entgegengestellt wird. Vielleicht ein Gastwirt, der sich über die Hygienemaßnahmen beklagt. Manche Menschen gewichten dann beide Positionen gleich. Was natürlich völliger Blödsinn ist und in Pandemie-Zeiten Menschenleben kosten kann.
Bullshitting: Talkshows mag ich persönlich ohnehin nicht, im Moment finde ich sie unerträglich.
Dort sitzen zur Corona-Problematik WissenschaftlerInnen, ÄrztInnen und andere Personen, die versuchen, die Pandemie einzudämmen und Menschen vor Erkrankung zu bewahren und führen dann mit der unvermeidlichen „Gegenmeinung“ eine Schein-Diskussion. Dabei geht aber gar nicht um eine Diskussion, sondern um das Absondern eines Monologs. Meistens sind die einzelnen Aussagen dieses Monologs gerade zuvor von den ExpertInnen bereits erklärt und richtig gestellt worden. Trotzdem bleibt die „Gegenmeinung“ dann bei ihrem Blödsinn, der immer wiederholt wird. Gern mit persönlichen Vorwürfen Einwürfen garniert.
Diese Methode heißt Bullshitting. Jemand überschwemmt eine Gesprächsrunde mit blödsinnigen, bereits widerlegten Behauptungen. Die meisten ExpertInnen antworten dann wieder mit rationalen Argumenten. Das Gegenüber ist aber nicht in der Lage oder gewillt, Fakten aufzunehmen, sondern bleibt bei der Meinung. Es besteht gar keine Einsichtsfähigkeit. Schließlich geht es ja gar nicht um eine Diskussion sondern nur um das ab sondern ihres Monologs. Das bindet leider Zeit und Kraft, dieser Experten, die in der Zeit eigentlich besser Forschungsergebnisse gut erklärt hätten. Das wäre für alle Zuhörenden hilfreicher gewesen.
Spricht man den Bullshit-Talker darauf direkt an, bekommt man dafür empörte persönliche Vorwürfe statt einer Antwort. Die Attacke soll das Fehlen einer konkreten Antwort überdecken.
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