Als Adoni Tegner am Mittwochnachmittag (14. Oktober) mit seinem Geländewagen entlang der Küste in der Nähe von Florence, Oregon, fuhr, stieß er auf etwas, das er nur als Seeungeheuer beschreiben konnte. Die schwabbelige Masse, die so groß wie sein Pick-Up war, ähnelte nichts, was er bisher gesehen hatte. Es roch wie ein verwesender Säugetier und war mit langen weißen Haaren bedeckt. Er fuhr schnell zurück in die Stadt, um Freundin Merica Lynn zu holen, damit sie sich den ungewöhnlichen Fund auch anschauen konnte “Babe there’s a Sea Monster on the Beach today” (so schreibt Merica auf ihrem Facebook-Kanal). Auch Merica reagierte angemessen schockiert und hatte keine Ahnung, was das sein konnte.

Dieses Video teilte sie auf Facebook:

So beschreiben beide in epischer Breite die schwabbelige, stinkende Masse und das weiße Fell und kommen damit in die Medien.
Meeresmonster gehen immer!

Dieser Globster ist natürlich ein verrottender Wal. “Globster” ist tatsächlich ein Fachbegriff aus der Kryptozoologie
Genauer gesagt, ein Teil eines Gammel-Wals.
Die großen Furchen sind die Kehlfurchen eines Furchenwals, die Art kann ich auf der Basis dieser Bilder nicht zuordnen.

Links liegen unter dem wabbeligen Gewebe noch die bogenförmigen Kiefer, rechts sind Teile der Rippen.
Tegner beschreibt, dass die länglichen Strukturen auf der linken Seite sich bei Wellenbewegungen bewegen. Natürlich tun sie das, das fette Walgewebe schwimmt auf dem Wasser

Der Wal ist in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung. Gerade bei im Wasser treibenden Leichen kommt es dann zu Auflösungserscheinungen im Gewebe.  Gerade bei Walen lösen sich die oberen  Gewebsschichten vollständig ab. So ist die glatte Haut, die so charakteristisch für Waltiere ist, nicht mehr vorhanden,
Die darunter liegenden Schichten aus Bindegewebe enthalten bei Walen extrem starke und recht große Bindegewebsfasern aus Collagen. Die Schichten mit den Collagenfasern liegen übereinander (versetzt). Wenn nun der Bindegewebsverband durch Verwesung aufgelöst wird, bleiben die zähen, widerstandsfähigen Collagenfasern länger erhalten als andere Gewebeteile. Mit den dicken Bindegewebsfasern erscheint die Oberfläche tatsächlich fellartig.

Da Wale auf eine ganz eigene Weise verrotten, anderer Säugetiere und Verwesungsprozesse im und am Wasser oft ganz anders verlaufen als an Land, ist das wirklich ein ungewöhnlicher Anblick. Weil in den meisten Regionen Walkadaver aber wegen des strengen Eigengeruchs schnell vom Strand geräumt oder von Wissenschaftlern für ihre Sammlungen beschlagnahmt werden, sehen nur wenige Leute so etwas mit eigenen Augen oder riechen es mit eigener Nase.
Durch den hohen Fettanteil der Wale und ihre schnellen Verwesungsprozesse stehen über Waldavavern so dicke Geruchsschwaden, dass sie schon fast grünlich wabernd sichtbar werden.

Ein herzliches Dankeschön an Markus Hemmler @Globsterologe!

Kommentare (13)

  1. #1 Aginor
    17. Oktober 2022

    Danke für den Artikel,

    wie immer bist Du Dir auch für das eklige nicht zu schade, wenn es um das Meer geht.
    Schöne Erklärung der “features” dieses Kadavers!

    Zum Globster selbst sei kurz gesagt: wenn es ziemlich groß ist, und stinkt wie ein verwesendes Säugetier, dann ist es vielleicht ein ziemlich großes verwesendes Säugetier. 😀

    Eigentlich einleuchtend, auf Seemonster würde ich jetzt nicht kommen. Aber bin vielleicht einfach zu phantasielos. Oder lese zu viel Meertext. 🙂

    Gruß
    Aginor

  2. #2 rolak
    17. Oktober 2022

    Jetzt mal zur Kernfrage des Tages: müffeln verwesende Säugetiere tatsächlich generell erkennbar anders als andere verwesende Tiere, in der beschriebenen Gegend also zB Fische, Krustentiere, Seemonster? (gesetzt den Fall, alle wären im Wasser gestorben und irgendwann angelandet worden)

    auf Seemonster würde ich jetzt nicht kommen.
    Aber bin vielleicht einfach zu phantasielos

    Also mir würden da garantiert diverseste MonsterVorschläge in den Sinn kommen, begleitet von angemessener Bebilderung etc – allerdings von der ziemlich zügig anspringenden Ratio in puncto Realitätsbezug stramm gedeckelt und insbesondere im Nachhinein eher eine amüsante Rückschau auf erstaunlich schräge Assoziationen ermöglichend.

    Bin ich dann semiphantasielos?

  3. #3 Bettina Wurche
    17. Oktober 2022

    @Aginor: Ich denke, “Monster” ist immer gut für Clickbait, Globster oder Blob ist ja schon etwas spezieller : )

  4. #4 Bettina Wurche
    17. Oktober 2022

    @rolak: Für mich unterscheidet sich der Geruch erheblich. Mit anderen Säugetieren kenne ich mich nicht sooo gut aus, aber Wale riechen für mich anders. Ich kann den Gestank nicht gut beschreiben, für mich ist es immer eine “nussige” Unternote in dem ganzen Gammel. Fische riechen frich, tot und sehr tot völlig anders. Da gibt es aber auch noch extreme Unterschiede: Schellfisch müffelt furchtbar nach Modder, weil die Schlamm fressen. Stint ist mit einer Gurkennote der “Gurkenfisch”, Eberfisch hat tatsächlich eine Schweine-Note. Brechreiz bekomme ich von allem, gerade nach längerem Aufenthalt “im Fisch” : )

  5. #5 rolak
    17. Oktober 2022

    erheblich

    Also bei Fisch kann ich das nachvollziehen, von vor bis eine gewisse Zeit nach dem Exitus eher nach Salzwasser riechend, gehts über in das sprichwörtliche ‘nach Fisch’ und dann in ‘vergammelnd’. Vielleicht ist mir diese letzte Phase Lebewesen-übergreifend schlicht zu extrem, so daß ich bislang nie auch nur ansatzweise Lust auf eine Subkategorisierung gehabt hätte. War jeweils eh genug damit beschäftigt, keinen Eindruck zu bekommen, also das einstürmende Miasma konsequent zu ignorieren…

  6. #6 Bettina Wurche
    17. Oktober 2022

    @rolak: Miasma trifft es ganz sicher : ) Es ist einfach ein infernalischer Gestank, der sich nicht einfach abwaschen lässt.

  7. #7 Kerberos
    18. Oktober 2022

    “”Es ist einfach ein infernalischer Gestank””

    Wie bei Dante beschrieben? :=)

  8. #8 Bettina Wurche
    18. Oktober 2022

    @Kerberos: Ich weiß nicht, ob Dante jemals einen toten Wal gerochen hat. Aber falls ja, wäre ihm das sicherlich bei dieser Beschreibung in grünen Schwaden vorgeschwebt.
    Wir sollten bei Dante nicht vergessen, dass er in einer Zeit anderer Hygienevorstellungen lebte und schrieb. Die meisten heutigen Leute würden wohl, wenn sie eine Nase voll nicht gekühlter Lebensmittel und nur sehr mäßig gewaschener Mitmenschen bekommen würden, einfach ohnmächtig zu Boden sinken.

  9. #9 Kerberos
    18. Oktober 2022

    Toter Wal…
    Ja, habe ich gerochen, Aber das war eigentlich recht harmlos.
    Um 1960 ern fuhr ein LKW mit einem Wal durch
    Deutschland, als Schauobjekt.
    Der Wal wurde irgenwie von innen mit Formaldehyd
    durchströmt . Diese Geruchsmischung war kein Ambrosia,
    aber verglichen mit faulem Fleisch und Fisch
    (bzw div. Gemüsen) erträglich.
    Mein schlimmstes Geruchserlebnis war leewärts einer
    Abdeckerei bei Karlsruhe, vor der einige zehntausend
    in einem Brand umgekommene Hühner
    auf Verarbeitung warteten. Angeschmortes, faulendes
    Fleisch in Mischung mit versengten Federn….
    Brrr.

  10. #11 Spritkopf
    18. Oktober 2022

    OK, ein bißchen off-topic, da zwar über Wale, aber weniger über tote Wale, stattdessen über Wale und Evolution. Wusste nicht, wo ich den sonst hinschieben soll, aber ich fand, dieses Video und sein Autor Forrest Valkai verdienen Aufmerksamkeit:

    Whales and viruses

  11. #12 Bettina Wurche
    19. Oktober 2022

    @Spritkopf: Hört sich interessant an, da höre ich bei gelegenheit mal `rein

  12. #13 Bettina Wurche
    19. Oktober 2022

    @Kerberos: An so einen Wal erinnere ich mich, als Kind stand ich staunend vor den Plakaten. Dann war der Show-Wal aber gut konserviert, in anderen Fällen wurden solche Wal-Schausteller auch mal aus der Stadt gejagt.
    Oje, die armen Hühner – Brände in Massentierhaltungen verursachen in mir das pure Grauen.