Mitte November war ich auf Vortragsreise auf der Straße der Romanik in Merseburg und Halle und habe dort einiges erlebt. Vor einiger Zeit bin ich nämlich auf Twitter in Kontakt mit dem Planetarium Merseburg gekommen. Merseburg ist eine kleine Stadt an der Saale, sehr nahe an Halle. Merseburg ist nur 5 Kilometer entfernt von Buna/Schkopau und Leuna, den einstigen Zentren der chemischen Industrie der DDR. Leuna ist die Raffinerie und das nahe gelegene Buna steht synonym für alles mit „Plaste und Elaste“, ich erinnere mich noch gut an meinen Erstkontakt mit einem Kunststoff-Wasserhahn im ehemaligen Werftarbeiter-Wohnheim in Stralsund, 1997.
Jetzt habe ich dort zwei Vorträge gehalten: Am Freitag, dem Freitag, dem 18.11 „Ozeane unter Eis“ für erwachsenes Publikum und am Samstag, dem 19.11., den „Galaktischer Zoo – Tiere aus dem Star Wars-Universum“ als Familienveranstaltung. Gut untergebracht in einem nahe gelegenen Hotel mit großem Badezimmer und guter Beleuchtung klappte das Schminken für den „Galaktischen Zoo“ unfallfrei und die Vorsitzende des Vereins „Merseburger Sternfreunde“ Mechthild Meinike chauffierte mich dann freundlicherweise sogar noch.
DDR-Kleinplanetarium – ein Relikt aus der Sputnik-Begeisterung
Das Merseburger Kleinplanetarium hat eine 8-Meter-Kuppel und einen klassischen Zeiss-Sternen-Projektor ZKP-1 (Zeiss-Kleinplanetarium) mit digitaler Fulldome-Projektionstechnik. Die kleine Kuppel liegt heute inmitten eines ringförmigen China-Restaurants. Der Rundbau am Gotthard-Teich, gerade außerhalb des mittelalterlichen Stadtkerns, wurde zu DDR-Zeiten 1969 erbaut. Im Zuge des Sputnik-Spacebooms der Sowjetunion und des Space Races mit den USA war die Weltraumbegeisterung auch in die DDR übergeschwappt und Astronomie wurde Schulfach (und steht z.B. in Thüringen und in Sachsen-Anhalt bis heute auf dem Lehrplan!). So wurden Ende der 60-er, Anfang der 70-er Jahre eine ganze Reihe von Klein- und Kleinstplanetarien gebaut, mit 4- bis 8 Meter-Kuppeln und den kleinen Sternenprojektoren von Zeiss-Jena. 4-Meter-Kuppeln kamen vor allem auf Schulen zum Einsatz, mit einer umlaufenden Bank als Mobiliar. Die 8-Meter-Kuppeln waren schon auf einen etwas größeren Publikumsbetrieb eingerichtet und sind bestuhlt. Viele davon sind dank des Einsatzes engagierter Menschen heute noch im Einsatz.
Zu Beginn der 2000er-Jahre wurde das Planetarium nur noch wenig benutzt. Erst 2008 erweckte die astronomiebegeisterte Mechthild Meinike aus Halle (eine studierte Ingenieurin, die heute als IT-affine Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Merseburg forscht und lehrt) den vernachlässigten Kuppelbau zusammen mit der Stadtverwaltung und mit einem neu berufenen Lehrer aus dem Dornröschenschlaf. Mit dem Dezember-Programm 2008 „Der Stern von Bethlehem“ war die Sternentheater zurück im Licht der Öffentlichkeit. Schnell fand sich eine Gruppe Astro-Interessierter, 2010 gründeten sich der Verein „Sternenfreunde Planetarium Merseburg e.V.“ und restaurierte gemeinsam in Kooperation und mit maßgeblicher Beteiligung der Stadtverwaltung Merseburg und Sponsoren innerhalb von 8 Jahren das Planetarium. Im äußeren Ring war zunächst die „Kosmos-Eisbar“, 1992 zog stattdessen ein China-Restaurant ein, das erste in Merseburg. Diese Symbiose erweist sich bis heute als Glücksgriff. Eine Einladung nach dem Vortrag zum Chinesischen Buffet (lecker!) in einer extrem netten Runde voller spannender Gespräche über Astronomie, Pilze und den Gang der Welt sowie die anschließende persönlichen Stadtrundfahrt zwischen Industriekultur und romanischem Stadtkern rundeten den Freitag für mich angenehm ab.. Das Planetarium ist eine Einrichtung der Stadt Merseburg und wird in Kooperation mit den Merseburger Sternfreunden betrieben. Zu weiteren Kooperationspartnern zählen Kreisvolkshochschule, Hochschule Merseburg und das Landesverwaltungsamt.
„Ozeane unter Eis“ war mit 25 Besucherinnen gut besucht, der „Galaktische Zoo“ für jüngeres Publikum mit der aufwändigen Gewandung als blauer Twi`lek war ausgebucht, mit 35 Gästen. Sehr nett fand ich auch, dass Mechthild Meinike beide Vorträge noch mit einem selbst produzierten thematisch passenden Video abrundete.
Zwischen dem Mittelrheingraben und Halle liegen nur wenige Hundert Kilometer und 3,5 Stunden Zugfahrt, aber es sind verschiedene Klimata. An dem Wochenende betrug der Temperaturunterschied fast 10 Grad. So nutzte ich den Samstag-Vormittag mit knackigen Null Grad und Sonnenschein für die historische Altstadt.
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