Das Ärzteblatt meldet gerade, dass die FDP nun doch am Heilpraktiker in der bisherigen Form festhalten will. Sie schließt sich damit Gesundheitsminister Spahn an, der sich im Bundestag vor einigen Tagen ähnlich geäußert hatte.
Noch Ende letzten Jahres vertrat die Partei eine ganz andere Position und wollte die Heilpraktiker langfristig ganz abschaffen, und zwar „im Sinne der Patientensicherheit“. Ob das notwendig ist oder ob es reichen würde, die Heilpraktikererlaubnis an eine solide medizinnahe Ausbildung zu binden, sei dahingestellt. Aber was die FDP jetzt schreibt, ist nur noch eine Bankrotterklärung gegenüber dem Ansatz der evidenzbasierten Medizin: „Der Begriff des Heilens hat viele Dimensionen und entscheidet sich letztlich am Erleben und Empfinden des Einzelnen.” Und auch das Standardargument der Lobby darf nicht fehlen: „Viele Menschen schätzen die Behandlung durch Heilpraktiker“.
Mit dieser Richtschnur lassen sich auch Geistheilung und Astrologie rechtfertigen. Gerade die Heilpraktiker, die unseriöse Methoden vermarkten, agieren oft in einem sektenartigen Umfeld, in dem auch schwere Gesundheitsschäden nicht öffentlich gemacht werden. Das „Erleben und Empfinden des Einzelnen“ ist eine höchst unzuverlässige Sache. Manche glauben ihren Gurus alles, wenn es sein muss, bis in den Tod. Dass das bei Ärzten aus der esoterischen Ecke nicht anders ist, sei der Vollständigkeit halber auch gesagt, ein tragischer Fall wurde erst vor ein paar Tagen in der Sendung „Maischberger“ geschildert. Die FDP hat vermutlich nicht zugeschaut.
Kurioserweise hält die FDP beim Thema Heilpraktiker wieder die Autonomie des Einzelnen hoch: „Zur Freiheit des Einzelnen gehört auch das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper“. Beim Thema Impfpflicht hat sie sich davon schon seit geraumer Zeit verabschiedet, auch da nach Gefühl statt nach Analyse. Freiheit ist bei der FDP offenkundig ein Beliebigkeitsargument geworden, das man hin und herwenden kann, wie man es gerade braucht. Dass sie vor ein paar Jahren noch Freiheit und Verantwortung zusammengebracht hat, hat die FDP wohl auch vergessen.
Vielleicht besinnt sich die FDP ja noch, aber viel Hoffnung auf Besinnung habe ich im Moment bei gesundheitspolitischen Debatten nicht. Bei dem Thema werden sich auch die 100 Lungenärzte wohl nicht zu Wort melden.
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