Für FDP-Chef Lindner ist die Sache ganz klar: Umweltschutz ist eine Sache für Profis. So hatte er es gegenüber den demonstrierenden Schülerinnen der Fridays for Future-Bewegung formuliert, dort in Sachen Klimaschutz.

Im Europa-Wahlprogramm der FPD kann man jetzt nachlesen, an welchen Profis sich die FDP zuweilen orientiert. Sie schreibt auf Seite 31: Bei den Grenzwerten für Luftschadstoffe lasse der „europäische Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid, (…) erhebliche Zweifel an seiner wissenschaftlichen Begründbarkeit aufkommen“. Der Grenzwert sei „im Hinblick auf neuere medizinische Erkenntnisse auf den Prüfstand zu nehmen.“ Und weiter: „Angesichts der auch in der Öffentlichkeit geäußerten Zweifel von Fachmedizinern, ob diesem Grenzwert wissenschaftlich belastbare medizinische Erkenntnisse zugrunde liegen, sind diese Einschätzungen vor Ergreifen ordnungspolitischer Maßnahmen ergebnisoffen zu überprüfen.“

Die Quelle für die „neueren medizinischen Erkenntnisse“ sind demnach die Lungenärzte mit ihrer Fridays for Past-Bewegung? Ob die FDP sich bei dem Thema für den Stand der Wissenschaft nicht so interessiert, nach dem Motto, ein Professor mit der passenden Meinung findet sich immer? Gut, sie muss dann halt beim nächsten March for Science am 4. Mai hinten mitlaufen, wo sich die mit dem Büßergewand einreihen. Zumal sie auch noch andere Sünden abzutragen hat.

Kommentare (5)

  1. #1 Harry
    28. April 2019

    Warum hat man sich auf einen Grenzwert für NO2 geeinigt?

    “NO2 gilt es als sogenannter Luftqualitätsindikator, denn dort, wo NO2 entsteht, kommt es meist auch zur Freisetzung zahlreicher weiterer Luftschadstoffe aus der Gruppe der leichtflüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Bei der Beurteilung gesundheitlicher Wirkungen wird NO2 daher meist als Repräsentant für Schadstoffe angesehen, die bei Verbrennungsprozessen unter hohen Temperaturen entstehen.”

    Warum kam man in der EU gerade auf einen Grenzwert von 40 µg/m³ ?

    “Für den Langzeit-Richtwert schlussfolgerte die WHO im Jahr 2000, dass eine Festlegung auf der Basis geeigneter Studien nicht möglich sei. Dennoch zog sie den Wert von 40 µg/m3 aus einer früheren Abschätzung heran (WHO 1997). Zusätzlich zitierte sie eine Innenraumexpositionsstudie, bei der eine durch Gasöfen verursachte Exposition gegenüber 30 µg NO2/m3 über zwei Wochen bei Kindern zu einer 20-prozentigen Erhöhung der Zahl der Atemwegserkrankungen führte.”

    “Zu diesem Zeitpunkt gab es aber noch immer keine robuste Datenbasis für einen Langzeitwert. Die WHO hielt auch fest, dass es bei Studien an der Bevölkerung schwierig ist, Wirkungen des NO2 von denen anderer Luftschadstoffe zu trennen, da Menschen eben nicht nur einem einzelnen Schadstoff ausgesetzt sind, sondern einem „Cocktail“ aus gas- und partikelförmigen Verbrennungsprodukten (WHO 2006). Der WHO-Richtwert für NO2 von 40 µg/m³ wurde in dem Sinne abgeleitet, dass er geeignet ist, die Gesundheit der Bevölkerung (auch empfindlicher Gruppen) bei dauerhafter Exposition zu schützen. Dieser empfohlene Richtwert sollte auch der Tatsache Rechnung tragen, dass NO2 als ein Indikator für komplexe, durch Verbrennung erzeugte Luftschadstoffgemische überwacht wird. Es wurde also schon zur damaligen Zeit als sinnvoll angesehen, diesen Stoff streng zu regulieren.”

    Frage: wie kommt es, nachdem man jetzt neuere und bessere Studien hat, dass man den alten Grenzwert welchen man eher zufällig genommen hat nicht angepaßt hat. Nach oben oder nach unten angepaßt hat? Weil es politisch so gewollt ist?

    • #2 Joseph Kuhn
      28. April 2019

      @ Harry:

      “Frage: wie kommt es, nachdem man jetzt neuere und bessere Studien hat, dass man den alten Grenzwert (…) nicht angepaßt hat. (…) Weil es politisch so gewollt ist?”

      Darauf gibt es mindestens zwei Antworten. Die erste ist der Pressemitteilung des EU-Umweltkommissars Vella vom 24.1.2019 zu entnehmen:

      “Die Europäische Kommission überprüft regelmäßig die EU-Rechtsvorschriften und bewertet derzeit die Richtlinien zur Luftqualität im Rahmen eines Fitness-Checks (mit dem Schwerpunkt, ob die Rechtsvorschriften relevant, wirksam, effizient sowie kohärent mit anderen Politikbereichen sind und einen EU-Mehrwert bieten). In diesem Zusammenhang wird auch überprüft, ob die Grenzwerte auf einem Niveau festgelegt sind, das zur Erreichung des Gesamtziels der Luftqualitätspolitik beiträgt. Der Fitness-Check wird Ende 2019 abgeschlossen sein, und seine Ergebnisse werden in die Diskussion der Kommission einfließen, ob die Richtlinie überarbeitet werden muss oder nicht.”

      Die letzte Überprüfung 2013 ergab keinen Handlungsbedarf, ebenfalls dort nachzulesen. Für die Zukunft geht man davon aus, dass der Grenzwert eher abzusenken als anzuheben wäre.

      Die zweite Antwort ist eine Rückfrage: Glauben Sie, die Verkehrsminister der letzten Bundesregierungen hätten einer Verschärfung der Grenzwerte zugestimmt?

      Davon abgesehen: Dass es im Blogbeitrag um die angeblich “neueren medizinschen Erkenntnisse” geht und darum, dass die FDP diese offensichtlich in den “in der Öffentlichkeit geäußerten Zweifel(n) von Fachmedizinern” sieht, also dem Köhlerpapier, haben Sie schon verstanden?

  2. #3 LasurCyan
    28. April 2019

    Für FDP-Chef Lindner ist die Sache ganz klar. Spargelanbau ist eine Sache für Profis:

    Wenn wir nicht den Spargel anbauen, dann werden es andere tun.

    Was für eine Steilvorlage^^

    • #4 Joseph Kuhn
      28. April 2019

      @ LasurCyan:

      Dazu muss man wissen, dass Lindner Spargel-Hegelianer ist.

  3. #5 LasurCyan
    28. April 2019

    Dazu muss man wissen, dass Lindner Spargel-Hegelianer ist.

    Tja, Joseph, die FDP war im ‘Lückenfüllen’ wirklich mal wichtig. Die Treffsicherheit die ‘richtigen Lücken’ zu erwischen, hat leider rapide abgenommen. Ob das nach der LindnerBlüte besser wird, entzieht sich meiner Prognosefähigkeit..